Im November 2017 wurde die Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Homepage darüber informiert hatte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Dies wurde als Werbung für Schwangerschaftsabbrüche wahrgenommen. Der Vorfall brachte den Paragraphen 219a ins Zentrum vieler Diskussionen. Dieser stammt noch aus der Zeit des Nationalsozialismus und verbietet jegliche Werbung oder Informationsverbreitung über Schwangerschaftsabbrüche. Somit ist es Ärzt*innen beispielsweise verboten, auf ihren Homepages über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Auch, wenn eine Praxis Schwangerschaftsabbrüche anbietet, darf diese das nicht auf ihrer Homepage preisgeben.
Union und AfD sind gegen die Abschaffung
Kristina Hänels Fall führte auch im politischen Bereich zu Diskussionen. Im Dezember hat die SPD einen Gesetzesentwurf für eine Abschaffung des Paragraphen 219a vorbereitet. Auch die Linke und Grünen sprechen sich für eine komplette Abschaffung des Paragraphen aus. Die FDP hält eine Abschwächung des Paragraphen für sinnvoll – grobanstößige Werbung würde somit weiterhin geahndet werden. Die CDU/CSU hingegen fürchtet sich vor offener Werbung über Schwangerschaftsabbrüche in den Medien und ist für einen Erhalt des Paragraphen, ebenso die AfD. Diese möchte die Abtreibung sowieso komplett verbieten und fordert eine „Willkommenskultur für Ungeborene“. Am 22. Februar 2018 wurde im Bundestag debattiert, ob der Paragraph 219a abgeschafft werden soll. Die SPD, Linke, Grüne und FDP hätten die Mehrheit gehabt, was die Entscheidung zur Abschaffung des Paragraphen 219a deutlich beschleunigt hätte. Jedoch hat die SPD ihren Antrag zurückgezogen, da ihr möglicher Koalitionspartner – die Union – gegen die Abschaffung ist.
Die SPD forderte daraufhin eine Abstimmung ohne „Fraktionszwang“. Das bedeutet, dass die Abgeordneten nach eigenem Gewissen entscheiden können, obwohl der mögliche Koalitionspartner dagegen ist. Solch eine Abstimmung fand auch bezüglich der „Ehe für alle“ im vergangenen Sommer statt. Die Union lehnte diese Idee allerdings ab, weil ihrer Meinung nach jedem Ungeborenen von Anfang an Menschenwürde und Lebensrecht zustehen und dies eine „Schutzpflicht des Staates“ begründet. Somit wurde die weitere Diskussion um die Abschaffung des Paragraphen 219a auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt.
219a muss weg!
Wie kann es sein, dass über einen aus dem Nationalsozialismus stammenden Paragraphen noch immer derartig debattiert werden muss? Eine Frau, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, muss die Möglichkeit haben, sich frei darüber informieren und aufklären zu können. Zwar klärt Pro Familia auf ihrer Homepage ausführlich über Schwangerschaftsabbrüche auf und informiert über Methoden und Kosten, aber die Möglichkeit, schnell und einfach herauszufinden, welche Praxis Schwangerschaftsabbrüche ausführt, bleibt im Internet aus. Die Informationsverbreitung über Schwangerschaftsabbrüche sollte eine Selbstverständlichkeit und keine Straftat sein. Die reine Vermittlung von Informationen und Aufklärung zu dem Thema werden nicht dazu führen, dass mehr Schwangerschaftsabbrüche ausgeführt werden.
Cornelia Möhring, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, äußerte sich folgendermaßen dazu:
„Ich kenne keine Frau, die sagen würde, ‚was für eine coole Werbung, jetzt mach ich mal einen Schwangerschaftsabbruch‘.“
Und damit hat sie mit Sicherheit Recht. Denn Frauen, die im Falle einer Schwangerschaft nicht über einen Abbruch nachdenken, werden sich nicht von einer Werbung dazu verleiten lassen. Und Frauen, die sich ohnehin schon für eine Abtreibung entschieden haben, würde die simple Beschaffung von Informationen einfach ein Stückchen Hilflosigkeit nehmen. Denn wenn vermehrt eine Aufklärung über Schwangerschaftsabbrüche stattfinden würde, dann kann das Thema in der Gesellschaft vielleicht endlich ein wenig enttabuisiert werden, sodass Frauen bei der Entscheidung auf sich selbst hören können und nicht auf die Vorurteile der Gesellschaft.
Alina Zimmermann
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