Auf der Veranstaltung zu 25 Jahre Landesgleichstellungsgesetz berichteten am Mittwoch Frauenbeauftragte aus dem Land Bremen über ihre Erfahrungen an der Basis.
Viele Frauen folgten der Einladung der Bremer Frauenbeauftragten Ulrike Hauffe in die Bürgerschaft, um Bilanz zu ziehen über das Gesetz, das nach Hamburger Vorbild in Bremen 1990 verabschiedet wurde. Seine Umsetzung wurde von der damaligen Frauenbeauftragten Ursula Kerstein mit viel Elan begonnen. Kernpunkte dieses Gesetzes waren – so Brigitte Melinkat in ihrem Referat – Frauen in höhere Positionen zu bringen und Frauen in MINT-Berufen größere Chancen zu verschaffen. Es war ein schwieriges Unterfangen, die anfängliche Skepsis zu beseitigen, auch bei den Frauen – denn sie wollten keine „Quotenfrauen“ sein. Das Missverständnis mit der Quotenregelung „nur“ deshalb eine Position zu erhalten, weil man Frau sei – und nicht weil man die gleich Qualifikation wie männliche Bewerber hat – hielt sich lange und wird bis heute gegen die Quote ins Feld geführt.
Fünf Frauenbeauftragte aus unterschiedlichen Bereichen stellten ihre Erfahrungen dar, die deutlich machten, dass sie alle mit großen Widerständen zu kämpfen hatten. Ein großes Problem für alle stellt der zeitliche Aufwand für dieses Amt dar, da eine Freistellung gesetzlich nicht vorgesehen ist. So berichtete Barbara Riechers-Kuhlmann, ehemals Frauenbeauftragte im öffentlichen Dienst im Bereich Wirtschaft, dass sie Schwierigkeiten hatte, für Seminare zur Schulung von Frauenbeauftragten vom Dienst frei gestellt zu werden. Dagmar Janßen – Frauenbeauftragte des Klinikums Bremen Ost – verwies darauf, dass Schichtarbeit im Krankenhaus die Ausführung dieses Amtes wie auch die Durchsetzung des Anspruchs, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, erschwert. Ein Problem sei auch, durch die Vorgesetzten rechtzeitig bei Bewerbungen einbezogen zu werden, da das Gesetz keine eindeutige Regelung vorsieht und vieles vom good will der Vorgesetzten abhängt. So gibt es bis heute keine Chefärztin im Krankenhaus. Auch Melanie Perau, Frauenbeauftragte für die Bereiche Soziales, Familie Gesundheit und Sport beim Magistrat Bremerhaven berichtete von der mangelnden Einbeziehung bei Bewerbungen, gegen die sie sich schon mit Klagen wehren musste. Sich gegen männliche Vorgesetzte durchzusetzen, erfordert schon einiges. Saskia Coenradts, ehemalige Frauenbeauftragte der KiTa Bremen, führte ihre Durchsetzungskraft auf ihre proletarische Sozialisation in einem engagierten Elternhaus zurück, denn schon früh habe sie gelernt, sich furchtlos für andere einzusetzen. Ronda Jütting, Frauenbeauftragte der Polizei Bremen, die über Jahre hinweg auch im Streifendienst tätig war, meinte, dass von nicht unwesentlicher Bedeutung die gemeinschaftliche Arbeit im Einsatz aber auch ihre laute Stimme und ihre Körpergröße gewesen sei, sich Gehör und Anerkennung zu verschaffen. Im Lauf der Diskussion, die Dr. Esther Schröder von der Arbeitnehmerkammer moderierte, wurde immer wieder deutlich, dass die Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern nach wie vor ein wesentliches Hemmnis bei der Umsetzung des Anspruchs auf Chancengleichheit ist.
Brigitte Melinkat verwies in ihrem Referat über die Einführung des Gesetzes darauf, wie wesentlich für sein Entstehen aber auch seine Umsetzung das gesellschaftspolitische Umfeld ist: So habe die Entstehung der neuen Frauenbewegung wesentlich dazu beigetragen, überhaupt erst den nötigen Druck verschafft, ein solches Vorhaben in Gang zu setzen. Der Rückgang weiblicher Wählerstimmen bei den etablierten Parteien habe dazu beigetragen, sich diesem Thema mehr zu widmen. Sie verwies aber auch auf die negativen Folgen neoliberaler Reformen im öffentlichen Dienst: So habe die Ausgründung ehemals öffentlicher Bereiche zu privaten GmbH’s auch dazu geführt, dass die dort Beschäftigten Frauen nun keine Möglichkeit mehr haben, eine Frauenbeauftragte für ihre Belange zu wählen.
Das Fazit der Veranstaltung: es wurde viel erreicht, aber Chancengleichheit ist immer noch kein Selbstläufer, Frauen müssen immer noch viel dafür tun und die Erfahrungen der Frauenbeauftragten müssen in Neufassungen des Gesetzes einfließen. Und es hat sich gezeigt, wie wichtig eine unabhängige Gleichstellungsstelle ist, die keiner Weisungsbefugnis unterliegt. Auch dafür sollten sich Frauen weiterhin einsetzen, denn durch sie erhalten die Frauenbeauftragten in schwierigen Situationen Hilfe und Rückhalt
E.Laudowicz
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