Stellungnahme des Deutschen Frauenrats zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
Das Vorhaben der Bundesregierung, durch die Reform der §§ 177, 179 StGB Schutzlücken im Sexualstrafrecht zu schließen findet die volle Zustimmung des Deutschen Frauenrats (DF).
Die im Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen sind hierfür jedoch bei Weitem nicht ausreichend. Eine umfassende Reform zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung wird damit nicht vorgenommen. Dies kritisieren wir aufs Schärfste.
Deutschland bleibt dann ein Land, in dem es möglich ist, dass sexuelle Übergriffe straffrei bleiben. Deutschland bleibt damit auch ein Land, das das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) missachtet und nach der ursprünglichen Zeichnung der Konvention die nun notwendige Ratifizierung verweigert.
Opfer tragen keine Schuld
Der DF fordert einen eindeutigen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht, der sich nicht mehr am Verhalten des Opfers orientiert, sondern den Täter für sein Handeln in die Verantwortung nimmt. Wird der § 177, wie im Referentenentwurf vorgesehen, geändert, reicht es nicht aus, einer sexuellen Handlung offensichtlich nicht zuzustimmen, sondern es muss eine Gegenwehr erfolgen. Es sind einzig einige definierte Ausnahmen benannt, in denen auf die Widerstandsnotwendigkeit verzichtet werden soll.
Der vorliegende Gesetzentwurf schützt das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nicht an sich, sondern erkennt dieses Recht nur in den Fällen an, in denen es durch die Betroffenen aktiv verteidigt wird. Das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung, von dessen Verletzung in weitaus größerem Umfang Frauen als Männer betroffen sind, behält also eine Sonderstellung unter den Rechtsgütern.
Der vorliegende Gesetzentwurf führt eher zu einer Verkomplizierung, als zu einem klaren Signal für sowohl Betroffene als auch (potentielle) Täter, dass das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland uneingeschränkt geschützt ist. Der DF plädiert ausdrücklich für ein Gesetz, dass für weite Teile der Bevölkerung verständlich ist. Ein Gesetz aus dem klar hervorgeht, dass eine sexuelle Handlung gegen den Willen einer Person eine Straftat ist. Schon heute geht ein großer Teil der deutschen Gesellschaft davon aus, dass diese Übergriffe unter Strafe gestellt sind. Mit dem Paradigmenwechsel würde der Gesetzgeber ein ohnehin gesellschaftlich vorhandenes Rechtsverständnis endlich regeln.
Die ganze Stellungnahme findet ihr hier.
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