„If I seem like a radical it’s because I have seen things that others have not“, hat sie einmal in einem Spiegel-Interview gesagt. Und in der Tat konnte die amerikanische Ozeanografin und Umweltaktivistin Dr. Sylvia Earle so einige Beobachtungen aus erster Hand über den Zustand unserer Weltmeere sammeln. In ihrer langjährigen Forschungskarriere hat sie über 60 Ozeanexpeditionen angeleitet und mindestens 7000 Stunden unter Wasser verbracht. Ihre Erkenntnisse hat Earle in rund 150 Publikationen für die Allgemeinheit veröffentlicht. An 300 Tagen im Jahr reist sie als Botschafterin für die Ozeane um den Globus.
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Nicht selten war unsere Frau der Woche, die 1935 geborene Sylvia Earle, zu Collegezeiten die einzige Frau im Vorlesungssaal für Naturwissenschaften. Ende der 1960er hatte die sich an der Duke University in North Carolina ihren Master of Science und ihren Doktorinnentitel in Phykologie, Algenfoschung, erarbeit. Obwohl Earle dann 1969 beim „Tektile Projekt“, vor den Virgin Islands, abgelehnt wurde, blieb sie hartnäckig. Schließlich wollte sie unbedingt, wie ihre männlichen Kollegen, in dem Unterwasser-Labor vor den Virgin Islands inmitten ihres Forschungsobjektes leben und arbeiten. An mangelnder Erfahrung konnte die Absage nicht gelegen haben, denn sie hatte bis dahin bereits mehr als 1000 Forschungsstunden unter Wasser angesammelt. Ihr Ehrgeiz wurde schließlich anerkannt als sie ein Jahr später ausgewählt wurde, das erste ausschließlich weibliche Team von Aquanauten in „Tektile 2“ anzuführen.
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Her Deepness
1979 setzte Sylvia Earle in einem stählernen Tauchanzug, dem legendären „JIM Suite“, Fuß auf dem Meeresgrund nahe der hawaiianischen Insel Oahu. Damit stellte sie bei einer Tiefe von 381 Metern den Weltrekord für Frauen im Tieftauchen auf. Diese Leistung brachte ihr den Beinamen „Her Deepness“ ein. Den Weltrekord im Solo-Tauchen in einer Kapsel auf einem Kilometer Meerestiefe hält sie noch heute. Dafür hatten sie und ihr Ehemann mit ihrer Firma „Deep Ocean Engineering“ eines der ersten Tiefsee-U-Boote, den „Deep Rover“, eigens entworfen und gebaut. Weitere Ehrentitel, die Earle im Laufe der Jahre verliehen wurden, sind „Hero of the Planet“ vom Times Magazine und „Living Legend“ von der Library of Congress sowie zwei Ehrendoktortitel von zwei amerikanischen Universitäten.
„No water, no life. No blue, no green“
Earle ist Meeresforscherin geworden, weil sie den Ozean liebt. Und weil sie schon früh erkannt hat, wie wichtig der Erhalt der Weltmeere auch für das Leben auf dem Land ist. Ihr recht plakativer, aber sehr treffender Ausspruch „Kein Wasser, kein Leben. Kein Blau, kein Grün.“ ist wohl das berühmteste Zitat von ihr. Über Jahrzehnte musste sich die Ozeanografin die Zerstörung der Unterwasser-Ökosysteme durch Überfischung, Ölbohrungen, Bergbau und Verschmutzung hautnah mit ansehen. Earle bedauert, dass derzeit etwa 12 Prozent der Landmasse auf der Erde geschützt sind, aber immer noch weniger als sechs Prozent der Ozeane. Die meisten Korallenriffe, die sie in Tauchgängen vor wenigen Jahrzehnten noch bewundern konnte, sind heute komplett verschwunden. Doch Dr. Sylvia Earle gibt die Hoffnung nicht auf.
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Hope Spots
Um die Ozeane und somit unser gesamtes Ökosystem Erde zu retten, teilt Earle regelmäßig ihre Forschungserkenntnisse mit der Öffentlichkeit. Sie schreibt nicht nur wissenschaftliche Artikel und Sachbücher, sondern gibt auch oft Interviews oder hat öffentliche Redeauftritte. Außerdem hat sie 2009 das internationale Aktivistenprojekt „Mission Blue“ gegründet. Dabei geht es um die weltweite Einrichtung von Wasserschutzgebieten, den sogenannten „Hope Spots“. Die „Hoffnungsflecken“ sind Naturgebiete, die besonders schützenswert sind. Oft sind die dort ansässigen Tier- und Pflanzenarten sehr selten oder bedroht. Manchmal sind die Biotope auch von besonderer historischer oder ökonomischer Bedeutung für eine Kommune. Jeder Mensch oder jede Gemeinde kann einen Ort für das Schutzprojekt vorschlagen. Sobald ein neuer Hope Spot angelegt wurde, arbeiten die für ihn verantwortlichen Personen(gruppen) eng mit Sylvia Earles Team und dessen Netzwerk von Experten und Organisationen zusammen. Über die Sozialen Medien macht Mission Blue die Hope Spots dann auch für den Rest der Welt sichtbar. So kommt es zu einem Kreislauf von Aufklärung, Kollaborationen und Regierungsberatungen, damit in der Praxis dann auch wirklich etwas bewirkt werden kann.
“Knowing is the key to caring, and with caring there is hope that people will be motivated to take positive actions. They might not care even if they know, but they can’t care if they are unaware.” – Sylvia A. Earle
Wer noch mehr über die Arbeit von Dr. Sylvia Earle und die Hope Spots herausfinden möchte, kann sich die preisgekrönte Dokumentation „Mission Blue“ auf Netflix anschauen.
***Das Vorschaubild für diesen Artikel stammt aus folgender Quelle: By USFWS – Pacific Region (Wyland/Earle First Dive Together! Midway Atoll) [<a href=“http://creativecommons.org/licenses/by/2.0″>CC BY 2.0</a> or Public domain], <a href=“https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AWyland_and_Sylvia_Earle_scuba_dive_Midway_Atoll.jpg“>via Wikimedia Commons</a>, cropped Hentschel
Juliane Hentschel
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