So wie jeder Mensch einzigartig ist, ist auch jede Geburt einzigartig. Viele Komponenten spielen dabei eine Rolle. Nicht nur unsere vorher getroffenen Entscheidungen prägen diesen wichtigen Moment im Leben von Kind und Eltern, auch unsere Einstellungen, die beteiligten Menschen, der Zufall und – eben auch – Vorgaben, die niemand beeinflussen kann.
Wir wollten daher auch persönliche Erfahrungen in unserem Schwerpunkt einfließen lassen und befragten sieben Frauen über ihre Erfahrungen bei der Geburt.
Wie wurden sie im Vorfeld beraten? Haben sie sich gut beraten gefühlt? Warum haben sie sich für Hausgeburt/ Geburtshaus/ Krankenhaus/ oder Kaiserschnitt entschieden? Mussten Sie ihre Entscheidung bezüglich der Entbindungsart und des Entbindungsortes gegenüber anderen durchsetzen? Was hat ihnen an der von ihnen ausgesuchten Entbindungsart gut gefallen, was war dann doch nicht so gut und würden sie sich bei einer nächsten Geburt anders entscheiden?
Hier sind die Berichte der Frauen:
Dina:
Die Geburt fand im Winter 2013 statt. Meine Gynäkologin hat mich gar nicht beraten müssen, da ich irgendwann durch Zufall gelesen hatte, dass man in einem Krankenhaus mit einer persönlichen Hebamme entbinden kann, einer sogenannten Beleghebamme. Davon gibt es nur noch sehr, sehr wenige aber meine Ärztin konnte mir die Kontaktdaten mitteilen. Ins Krankenhaus wollte ich unbedingt, da ich für den Notfall schnelle Hilfe in der Nähe haben wollte. Da ich aber auch eine Hebamme ganz für mich allein haben wollte, habe ich mich für die Beleghebamme entschieden, die mit ins Krankenhaus kommt. So wusste ich vorher, wer mir bei der Geburt zur Seite stehen wird und dass das Interesse der Hebamme eine natürliche Geburt ist und nicht, dass es schnell geht. Leider waren dann die Kreissäle im Krankenhaus alle belegt und ich musste lange in einem relativ kleinen Raum zurechtkommen.
Eine Beleghebamme im Krankenhaus würde ich wieder wählen, ohne diese hätten die Ärzte sich bei meiner Geburt für einen Notkaiserschnitt entschieden. Da aber meine Hebamme so gut aufgepasst und geholfen und beraten hat, habe ich mein Kind doch noch auf natürlichem Weg zur Welt bringen können.
Maren:
Mein Gynäkologe hat mich, wenn ich Fragen hatte, gut und ausführlich beraten(vor ca. zwei Jahren war das). Da ich aber von Anfang an wusste, ich möchte eine spontane Geburt im Krankenhaus, hat er mich nicht extra in Sachen Hausgeburt oder Geburtshaus aufgeklärt. Das war aber auch so in Ordnung für mich. Über den Kaiserschnitt habe ich viel im Geburstvorbereitungskurs erfahren. Ich bin ein Mensch, der gern auf Sicherheit geht, darum gab es für mich keine Alternative zum Krankenhaus. Vor einer Hausgeburt oder einem Geburtshaus hatte ich einfach Angst, weil es dort vor Ort keine medizinische Versorgung für den Notfall gibt. Durchsetzen musste ich meine Entscheidung nicht, das wäre wohl eher bei einem gewollten Kaiserschnitt notwendig gewesen.
Die medizinische Sicherheit und die Betreuung nach der Geburt durch Ärzte und Hebammen haben mir an der Krankenhausgeburt besonders gut gefallen. Dennoch kam es letzten Endes nach einigen Stunden Wehen doch zu einem Kaiserschnitt. Die Betreuung nach der Geburt hat mich dann leider sehr verunsichert und durcheinander gebracht. Bedingt durch die Schichtwechsel gab es natürlich immer wechselnde Ärzte, Hebammen und Kinderkrankenschwestern und alle hatten unterschiedliche Meinungen und Ratschläge. Das war nicht so schön. Meine Hebamme zu Hause hat dann gesagt: “Vergiss alles, wir fangen nochmal neu an.” Sie hat mich wieder “sortiert”.
Ich bekomme nun in ca. 4 Wochen mein zweites Kind und werde mich für einen geplanten Kaiserschnitt entscheiden. Das liegt daran, dass meine erste Tochter sehr groß war und dieses Kind nach Ultraschallmessungen wieder groß werden soll. Das ist mir zu riskant. Mein Gynäkologe hat aber weder für noch gegen den Kaiserschnitt beraten, er überlässt die Entscheidung mir und beantwortet wie gewohnt meine Fragen.
Gabi:
Ich habe meine Kinder Ende der 80er Jahre bekommen. Die Entscheidung für einen Kaiserschnitt bei meinem ersten Kind entstand unter der Geburt, weil das Kind in Steißlage lag, sich nicht drehen ließ und auch nicht ins Becken eintreten wollte. Dieser Kaiserschnitt war also – nach stundenlangen Versuchen, das Kind zu drehen usw. – wirklich medizinisch notwendig.
Beim zweiten Kind war dann klar, dass aufgrund des vorherigen Kaiserschnitts eine “Risikoschwangerschaft” bestand und daher eine Hausgeburt nicht in Frage kam, wohl aber eine normale Entbindung in einer Klinik, mit den zugehörigen risikomindernden Einrichtungen für Mutter und Kind. Das fand ich aber völlig OK und ich habe mich selbst auch nicht als Risikopatientin empfunden. Außerdem hatte ich einen Frauenarzt, der Wert darauf legte, dass die Frauen möglichst natürlich entbinden können.
Ja, ich glaube ich bin gut beraten worden. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, irgendwen überzeugt haben zu müssen, dass ich keinen zweiten Kaiserschnitt wollte. Insofern meine ich auch, dass ich da nichts “durchsetzen” musste. Es gab keine Steißlage, also stand einer normalen Geburt nichts im Wege. Das war vor 27 Jahren; ich glaube, dass damals die normale Geburt einfach noch die Norm war.
Mein Sohn kam am Ende mit Hilfe einer “Zange” zur Welt, es war also keine total normale Geburt, aber doch einigermaßen – zumindest was den Geburtskanal betrifft. Es war insofern für mich ein gutes Gefühl, als “auch ich” in der Lage war, ein Kind normal zur Welt zu bringen und nicht “nur” per Kaiserschnitt. Das war mir wichtig, ich habe das so ein bisschen als eine Bestätigung meiner weiblichen Identität gesehen. Die Zange war natürlich nicht so schön, aber als Mutter und Kind keine Luft mehr kriegten, musste es sein.
Abgesehen davon, dass ich nun natürlich keine Kinder mehr bekommen kann, würde ich mich mit Sicherheit nicht anders entscheiden. Meine Richtung wäre: wenn es irgend geht, normal entbinden; Kaiserschnitt nur dann, wenn es nicht anders geht. Der Begriff der “medizinischen Notwendigkeit” ist ja sehr dehnbar – es gibt bestimmt heute genug Mediziner, die sagen würden, wenn die Mutter bereits einen Kaiserschnitt hatte, ist beim nächsten Kind ein weiterer Kaiserschnitt automatisch medizinisch notwendig. Dass das Unsinn ist, zeigt meine eigene Erfahrung mit zwei Schwangerschaften/Geburten.
Nele:
Meine Tochter kam im April 2012 zur Welt. Meine Gynäkologin hat mich kaum beraten. Ich habe sie aber auch wenig mit einbezogen, da die Entscheidung für eine Geburtshausgeburt mit meinem Partner und unserer Hebamme ausreichend besprochen wurde. Wir wollten die Hebamme(n), die uns in der Schwangerschaft, unter der Geburt und im Wochenbett begleiten gerne so gut wie möglich vorher kennenlernen. Das Vertrauensverhältnis und das Sicherheitsgefühl waren deswegen ziemlich groß, weil wir uns schon häufig getroffen hatten. Wir erhofften uns außerdem viel Ruhe und Selbstbestimmung außerhalb eines durchgetakteten Klinikalltags. Zudem wollten wir möglichst schnell nach der Geburt nach Hause gehen. Diese Entscheidung stand schon nach dem ersten Geburtshausbesuch so gut wie fest und wir mussten uns vor niemandem rechtfertigen.
Die Vertrautheit, die die Hebammen und die Räumlichkeiten ausstrahlten hat uns besonders gut gefallen. Ebenso sehr unterstützend war die Entschleunigung durch die routinierte, besonnene und doch sehr individuell persönliche Art der Hebammen. Für uns hat alles genauso gepasst, wie es war. Auch bei einem weiteren Kind würde ich mich bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft wieder für das Geburtshaus oder sogar für eine Hausgeburt entscheiden.
Sabrina:
Ich habe meine Kinder 2008, 2010 und 2014 bekommen. Empfohlene Entbindungsvariante war jeweils die natürliche Geburt im Krankenhaus und ich kann sagen, dass die Beratung meinem persönlichen Wunsch entsprach. Für die Geburten im Krankenhaus habe ich mich entschieden, weil ich generell ängstlich bin und im Notfall eine schnelle ärztliche Versorgung gesichert wissen wollte. (Mein erstes Kind war ein Notkaiserschnitt mit Vollnarkose)
Bei den beiden spontanen Entbindungen (2. u. 3. Kind) hat mir gefallen, dass ich nach der Anstrengung die ersten Minuten und Stunden meines Kindes ungetrübt miterleben konnte und auch mein Mann eine wichtige Rolle bei diesem gemeinsamen Erlebnis spielen konnte. Die Regeneration nach den spontanen Geburten empfand ich allerdings als langwieriger. Dennoch würde ich immer eine spontane Geburt im Krankenhaus vorziehen, wenn die ärztliche Empfehlung dem entspricht.
Anne:
Ich habe bereits ein Kind, das natürlich geboren wurde und fand die Geburt sehr anstrengend und schmerzhaft. Ich wollte beim nächsten Kind weniger Schmerzen und einen schnelleren Geburtsverlauf. Daneben fand ich die Planbarkeit auch sehr angenehm. So konnte mein Mann im Anschluss direkt seinen Urlaub eintragen. Der schnelle Geburtsverlauf hat mir dann auch sehr gut gefallen. Nicht gut waren die nachträglichen Schmerzen und die Narbe. Während andere Frauen bereits wieder auf den Beinen waren, lag ich mit Bauchschnitt im Bett, hatte Schmerzen und musste zum Aufstehen gezwungen werden.
Ich kenne jetzt beide Geburtswege und keiner war ohne Nachteil. Nun bin ich mit dem Thema durch.
Valerie:
Hinsichtlich der Entbindungsvariante erhielt ich keine Beratung von meinem Gynäkologen. Im vierten Monat habe ich mich in einem Geburtshaus vorgestellt, hätte aber lediglich noch einen Warteplatz für eine Geburt dort bekommen. Deshalb fiel dann die Entscheidung für das Krankenhaus. Hinsichtlich des Geburtsortes war ich in meiner Entscheidung ganz frei. Bezüglich der Entbindungsart mussten wir leider sehr kämpfen. Mein erstes Kind war ein Kaiserschnitt und ich sollte wegen des Risikofaktors das zweite Kind ebenso entbinden. Es kam dann zu einer eingeleiteten Geburt nach einem Blasensprung. Gut gefallen hat mir insbesondere das Gefühl danach und die Mobilität. Die hatte ich nach meinem Kaiserschnitt (beim ersten Kind) nicht.
Der Stress und Druck, den die Ärzte auf mich ausübten, weil ich vorher ein Kind mit Kaiserschnitt entbunden hatte und jetzt eine spontane Geburt wollte, hat mich allerdings sehr belastet. Dennoch würde ich wieder alles dafür tun, so natürlich wie möglich zu entbinden. Dafür würde ich mich sehr früh um einen Platz im Geburtshaus bemühen. Einfach, weil ich gerne in Ruhe gebären würde – ganz ohne Zeitdruck.
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