Die Zahlen sind eindeutig: Gerade in Bremen schaffen arbeitslose Alleinerziehende immer seltener den Sprung in die Berufstätigkeit. Und mit 92 Prozent sind fast immer Frauen betroffen. Laut aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahr 2014 lediglich 9.800 Alleinerziehende im Land Bremen erwerbstätig und etwa 3.900 arbeitslos gemeldet. Damit sind lediglich 58 Prozent aller Alleinerziehenden im Land Bremen erwerbstätig, der niedrigste Wert aller Bundesländer. Der bundesweite Durchschnitt liegt derzeit bei 71,1 Prozent.
Während die Erwerbstätigenquote Alleinerziehender in Berlin mit 65,5 Prozent eher konstant bleibt und in Hamburg auf 71,3 Prozent gestiegen ist, geht sie in Bremen seit 2012 kontinuierlich zurück. In der Folge können nur wenige Frauen von einem eigenen Einkommen leben. Über die Hälfte (56,6 Prozent) aller alleinerziehenden Haushalte sind im Land Bremen auf Hartz IV gänzlich oder aufstockend angewiesen. Von den Alleinerziehenden mit zwei und mehr Kindern benötigen sogar nahezu 70 Prozent staatliche Hilfe zur Existenzsicherung. „Abhängigkeiten in solchen Größenordnungen kann sich Bremen auf Dauer weder finanziell noch politisch leisten“, sagt Esther Schröder, Gleichstellungsreferentin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen.
Alarmierend sind auch die Zahlen zu den arbeitslosen Alleinerziehenden ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Derzeit haben 67,3 Prozent keine Ausbildung absolviert. Das ist der mit Abstand höchste Anteil verglichen mit allen anderen Bundesländern. Betroffen sind mehr als 2.600 Alleinerziehende im Land Bremen. Hinzu kommen 647 arbeitslose Alleinerziehende ohne Schulabschluss. „Ohne Beruf können sich vor allem Frauen mit Kindern nicht aus dem Teufelskreis von Armut befreien“, sagt Schröder. Entsprechend wichtig sei eine Berufsausbildungsoffensive für Alleinerziehende.
Die nötigen und von der Bremer Koalition versprochenen vielschichtigen Ausbildungsmöglichkeiten müssten nun gemeinsam geschaffen werden, damit die Betroffenen am Ende einen anerkannten Berufsabschluss in der Tasche haben. Das funktioniere jedoch nur im Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Kammern, Arbeitsagentur und Jobcenter, Vereinen und Verbänden. „Wir brauchen in Bremen wieder ein Bündnis für Alleinerziehende. Die Arbeitnehmerkammer steht bereit, hier aktiv mitzuwirken“, sagt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Die Förderung von stärkerer Erwerbsbeteiligung muss Priorität haben.“
Dafür seien gleich mehrere Ansätze nötig: Mit den bestehenden Teilzeitausbildungen und Teilzeitstudien würden vor allem jüngere Alleinerziehende erreicht. Wer älter ist, brauche einen schnelleren Zugang zur Berufswelt – beispielsweise in Form von staatlich finanzierten Vollzeitumschulungen.
Gleichzeitig müssten aber auch flexible und längere Angebote der Kinderbetreuung geschaffen werden. Benötigt würden U3-Angebote, die bei Bedarf über vier- beziehungsweise sechsstündige Betreuungszeit hinaus gehen.
Zudem müsse sich die Landesregierung auf Bundesebene stärker für Fragen des Sorge-, Steuer- und Unterhaltsrechts engagieren. „Derzeit erhält nur etwa ein Drittel der alleinerziehenden Mütter regelmäßig Kindesunterhalt. Damit tragen sie nicht nur bei der Fürsorge, sondern auch finanziell die Hauptverantwortung“, sagt Esther Schröder.
Alleinerziehende in Bremen
Rund 27.000 Alleinerziehende leben laut Zahlen des Statistischen Landesamt Bremen aus dem Jahr 2013 im Land Bremen. 25.000 von ihnen sind Mütter. Die Bundesagentur für Arbeit hat für das Jahr 2014 ermittelt, dass 17.000 Alleinerziehende im Land Bremen Kindern unter 18 Jahren haben. Ihr Anteil an allen Familien mit Kindern ist in Bremen mit 27,7 Prozent (Ehepaare 63,3 Prozent, Lebensgemeinschaften 9,0 Prozent) besonders hoch. Der bundesweite Wert beträgt 20,3 Prozent.
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