Letztes Jahr habe ich wie viele besonders intensiv Zeit auf meiner Couch mit Serien und Filmen verbracht. Dabei suche ich stets nach neuen Serien mit komplexen Frauenfiguren, oder auch besser definiert, nach Antiheldinnen, welche jenseits der typischen Ehe- und Familienprobleme inszeniert werden.
Antiheldinnen sind keine guten oder bösen Figuren und oft komplexe Charaktere. Sie agieren oft intuitiv auf das, was ihnen im Leben entgegentritt oder treffen imperfekte Entscheidungen. Außerdem sind sie durch ihr Fehlverhalten menschlicher und für Zuschauer*innen greifbarer. Stereotype Verhaltensweisen sind dadurch weniger gegeben und sie handeln häufig ohne moralische Prinzipien.
„The anti-heroine that has arisen on popular television shows is a deeply flawed, yet at the same time, sympathetic character. She is one who is neither uniformly good nor evil, but has qualities that mark her as being capable of doing bad things for good reasons.“
Margaret Tally. The Rise of the Anti-Heroine in TV’s Third Golden Age, S.8.
Neben all den Teenieserien machen Antiheldinnen gefühlt einen geringeren Teil aus, was aber auch besonders so scheint, weil sie im Marketing eine nicht so große Rolle spielen.
Wie bekommen wir noch mehr Antiheldinnen zu sehen?
Es ist weiterhin wichtig, dass noch mehr Frauen an der Konzeption und Produktion beteiligt sind.
Mit dem Aufkommen weiterer Streamingdienste (Hulu & HBO Max zum Beispiel) besteht eine größere Vielfalt und mehr Konkurrenzdruck, was den Serienmacherinnen zugutekommt.
Im Writers Room müssen zudem diverse Gruppen sitzen und Themenbereiche müssen über alle Altersgruppen und den Mainstream hinausgehen. Zu beobachten ist, dass Projekte von Frauen häufig begünstigt werden, wenn sie bereits erfolgreich waren. Wie zum Beispiel auf der Bühne als Theaterstück (Fleabag) oder in einem Comedy oder Stand-Up Special. Wichtig ist aber auch, dass Frauen über direkte Wege ihre Ideen und Drehbücher in der Programmgestaltung platzieren können.
Serientipps mit Antiheldinnen
Wer statt Highschool Drama und Sweet 16-Serien Darstellerinnen in komplexen Charakteren sehen möchte: Hier gibt es einige Serientipps mit Antiheldinnen, die allesamt von Frauen kreiert wurden.
Russian Doll (Netflix)
Von Natasha Lyonne und Amy Poehler kreiert, setzt sich die Serie mit Trauma, Abhängigkeit und Mental Health auseinander. Aspekte von Natasha Lyonnes Leben sind hier durch ihre eigene Vergangenheit mit Suchterfahrung eingeflossen. Eine 2. Staffel wird gerade gedreht.
Plot:
Nadia ist an ihrem 36. Geburtstag in einer Endlosschleife gefangen und erlebt diesen Tag immer und immer wieder, welcher immer wieder mit ihrem Tod endet. Nach und nach kommen aber Veränderungen und Erfahrungen sowie neue Begegnungen hinzu. Die Serie hat Humor und ist gleichzeitig unglaublich tiefgründig im Umgang mit mentalen Problemen.
Glow (Netflix)
Eine Ensemble-Serie mit einem tollen diversen Cast, einer vielschichtigen Frauenfreundschaft und einer Thematik (Frauen Wrestling in der 1980er Jahren), die eine*n damit unglaublich überrascht, wie interessant diese sich doch gestaltet (die Musikauswahl ist auch grandios). Leider wurde die Serie aufgrund der Pandemie nach der 4. Staffel abgesetzt.
Plot:
Die erfolglose Schauspielerin Ruth ist genervt von den Rollen, die ihr seit Jahren angeboten werden, und wird schließlich Teil der Gorgeous Ladies of Wrestling. Dort trifft sie auf eine ehemalige Freundin und zusammen kreieren diese zwei Alter Egos und werden zu Stars des Wrestlings.
High Fidelity (Starzplay Channel)
Im Original ist es ein Buch von Nick Hornby mit einer männlichen Hauptfigur. Hier etablieren die Macherinnen mit Zoe Kravitz als Rob eine herrlich ironische und zynische Plattenladenbesitzerin, die versucht, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Kurzweilig und humorvoll mit einer Hauptfigur voller Fehler und egoistischer Eigenschaften, welche sonst eher männlichen Figuren zugeschrieben werden. Die Serie endet nach einer Staffel.
Plot:
Die zynische New Yorkerin Rob beschließt, ihr Versagen in Beziehungen (die Top 5 Heartbreaks) aufzuarbeiten, was sich als schwieriger gestaltet als sie anfangs denkt.
Fleabag (Prime Video)
Phoebe Waller-Bridge konzipierte Fleabag als Theaterstück und nach dessen Erfolg wurde es zur wohl erfolgreichsten Serie mit einer Antiheldin. Waller-Bridge spielt selbst die Hauptrolle in der schwarz- humorigen britischen Serie, die dadurch besonders ist, dass sie oft die vierte Wand durchbricht und Fleabag das Publikum direkt anspricht. Die Serie wurde nach 2 Staffeln von Waller-Bridge selbst beendet.
Plot:
Fleabag wollte mit ihrer besten Freundin ein Café aufmachen und ist durch deren plötzlichen Tod traumatisiert. Nun stürzt sie sich in Affären und muss sich mit toxischen Familienbeziehungen auseinandersetzen.
Dead to me (Netflix)
Liz Feldman ist die Macherin dieser auch sehr schwarz-humorigen Serie über zwei unterschiedliche Frauen, die sich bei einer Selbsthilfegruppe kennenlernen. Es gibt viele Geheimnisse und ernste Themen wie Trauer, Gaslighting und toxische Beziehungen in der Serie, denen aber die humorvolle Dynamik und Stärke der Frauen entgegentritt. Eine dritte und letzte Staffel wird gedreht.
Plot:
Die äußerst sarkastische Immobilienmaklerin Jen, die ihren Mann bei einem Autounfall verloren hat, trifft auf die ängstliche und liebenswerte Altenpflegerin Judy und es entwickelt sich eine Freundschaft, die auf dünnem Eis gebaut ist.
Marike Meyer
Schreibe einen Kommentar