Ich sitze gerade auf meinem Bett, futtere Amaretto gefüllte Billig-Lieblingstrüffel von Rossmann und mache mir Gedanken über Kinder. Ich: 23, Studentin, definitiv kinderlos. Aber ich habe eine Gebärmutter in mir drin (welche täglich verlangt, überschüssige Hormone mit Schokolade zu beruhigen).
Immer diese Fragen
Ich definiere mich als Frau und deshalb mache ich mir automatisch Gedanken über Kinder – zukünftigen Kinder. Nicht, weil ich es möchte – nein. Einfach nur, weil ich eine Frau bin und mir daraus resultierend selbstverständlich Gedanken darüber machen muss. Weil ich ständig mit Fragen konfrontiert werde.
Wann ich denn eigentlich Kinder bekommen werde. Wie viele. Ob ich auch mehr Mädchen- als Jungennamen im Repertoire hätte, wie ich zu staatlichen Schulen stände, ob ich vegane oder vegetarische Ernährung bei Kleinkindern vorziehen würde und wie ich zu Kaiserschnittgeburten im Allgemeinen stände.
Wie erwähnt, ich bin kinderlos, dennoch höre ich diese Fragen wirklich nicht selten. Und nicht nur ich: So gut wie alle Freundinnen in meinem Umkreis können ein Lied davon singen.
Immer noch Frauensache
Ich schätze mal, das sind nicht die Themen, die Männer in meinem Alter von alten Klassenkameraden auf der absturzgefährdeten Jahrgangsfeier, proseccofreundlichen Großtanten oder betagten Omis an der Bushaltestelle gefragt werden. Und warum? Weil sie Männer sind. So einfach ist das. Mussten meine Brüder sich je erklären oder verteidigen, warum sie keine Väter werden wollen? Nein. Obwohl sie genauso gut Väter wollen werden könnten – oder vielleicht schon sind – scheinen sie nie Angriffsfläche der mir zu oft gestellten Fragen sein.
Ich schon. Wenn ich dann erkläre, dass ich mich gerade eher mit meiner akademischen Laufbahn und zukünftigen Jobaussichten beschäftige, folgt erstmal verständnisvolles Nicken. Wenn ich es dann aber wage, hinterherzusetzen, dass ich überhaupt keine Kinder haben möchte und eher eine kleine Hundefarm und eine kolossale Bücherwand in meinem Wohnzimmer, umrahmt von teuren Kunstwerken sehe, bleibt meist das verständnisvolle Nicken irgendwo im Halswirbel stecken.
Dann muss ich mich natürlich sofort erklären. Denn eine junge Frau, die in ihrer Zukunftsplanung keine Kinder, sondern nur ihre zufriedenstellende Selbstverwirklichung sieht, ist natürlich unverständlich und nicht wirklich erklärbar.
Nicht nur das Kinderkriegen und Kinderhaben, auch das Kinderwollen und Kinderplanen ist anscheinend immer noch Frauensache. (Dabei braucht es dafür gewöhnlich ja zwei.)
Chiara
Jule meint
Auch immer „nett“ ist das Abwinken mit den Worten „du bist ja noch so jung, das siehst du später noch anders“. Ich (29 Jahre alt) frage mich manchmal, ab wann man eigentlich nicht mehr „zu jung“ ist, um sich sicher zu sein, dass mein keine Kinder will…
Carl meint
Ab 35, schätze ich…also wenn frau* größere Chancen hat nicht von Frauenärzt*innen belächelt und weggeschickt zu werden, wünscht sie eine Sterilisation..
Auch witzig: werde ich (23, transmann, aber Gebärmutter ist js vorhanden…), gefragt ob ich kinder haben will und ich verneine kommt sofort Frage nummer 2: „Und warum nicht?“.
Gleiches passiert gleichaltrigen Frauen*, die bejahen nicht. Dabei ist die Frage nach dem Warum doch erst berechtigt, wenn ein Mensch dich FÜR etwas entscheidet…ich frage meine Mitmenschen ja auch nicht, warum sie z.B. keine gepunkteten Socken tragen. Mensch kann sich nicht nur GEGEN oder FÜR Kinder entscheiden – sondern auch einfach NICHT FÜR Kinder, was keinen Entscheidungsprozess vorraussetzt. Aber weibliche Menschen werden eben zu oft in diesen Entscheidungsprozess gedrängt, wenn das Umfeld es verlangt, anschliessend in Frage stellt und beurteilt.