Im Mittelpunkt der Ausschreibung zum 19. Bremer Solidaritätspreis steht der Einsatz gegen sexualisierte Gewalt in Konfliktsituationen gegen Frauen und Mädchen. Aktuell nehmen bewaffnete Konflikte und Kriege weltweit zu. Damit verbunden sind Menschenrechtsverletzungen, Demokratieverlust, Vertreibung und Gewalt. Sexualisierte Gewalt ist eine oftmals vergessene Folge kriegerischer Auseinandersetzungen. Dabei begleitet sie fast jedes Konfliktgeschehen oder treibt dieses als kriegsstrategisches Mittel voran.
Seit 1988 verleiht der Senat der Freien Hansestadt Bremen den Bremer Solidaritätspreis an „Personen und Initiativen […], die sich für Menschenrechte und Demokratie sowie gegen die Folgen von Kolonialismus und Rassismus einsetzen“ (Senat der Freien Hansestadt Bremen). Neben einer Dotation von 10.000 Euro und einer Statue des Bremer Künstlers Bernd Altenstein erhalten die Preisträger*innen eine Vernetzungsreise, um mit relevanten Akteur*innen in Bremen, Berlin oder Brüssel in Kontakt zu treten. Der Solidaritätspreis wird alle zwei Jahre vergeben. Für die 19. Verleihung im Jahr 2025 werden nun Personen und Initiativen gesucht, die sich gegen sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen in Konfliktsituationen und kriegerischen Auseinandersetzungen engagieren.
Zu den Hintergründen: Sexualisierte Gewalt in Konfliktsituationen
Sexualisierte Gewalt ist kein Kriegsphänomen. Sie ist tief verankert in patriarchalen Gewaltstrukturen und damit stets präsent, auch in Friedenszeiten. In Konfliktsituationen häufen sich die Vorfälle jedoch in gravierendem Ausmaß. Steht sexualisierte Gewalt in einem zeitlichen, geographischen oder kausalen Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt, so spricht man von konfliktverbundener sexualisierter Gewalt. Sie umfasst Vergewaltigungen, sexuelle Versklavung und Zwangshochzeiten. Täter sind Militär- und Polizeiangehörige oder bewaffnete Gruppen. Aber auch jenseits des unmittelbaren Konfliktschauplatzes kommt es vermehrt zu sexualisierter Gewalt durch Zivilpersonen. Die eingeschränkte öffentliche Sicherheit sowie die zunehmenden Spannungen in der Bevölkerung führen oftmals zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt und Menschenhandel.
Ein Klima der Rechtlosigkeit setzt den Rahmen für die Übergriffe. Dabei ist sexualisierte Gewalt jedoch nicht, wie lange angenommen, reine Begleiterscheinung militärischer Auseinandersetzungen, sondern wird immer wieder kriegsstrategisch funktionalisiert. Sie soll systematisch einschüchtern, demütigen und vertreiben. Dies zeigten der Bosnienkrieg in den 1990er Jahren oder der Ruandische Völkermord 1994, bei dem nach Angaben der UN 250.000 – 500.000 Frauen der Tutsi-Minderheit gezielt vergewaltigt wurden. In der Demokratischen Republik Kongo dient sexualisierte Gewalt seit Jahrzehnten als Mittel der Vertreibung im Kampf um Rohstoffvorkommen. Weitere Beispiele für die organisierte Anwendung sexualisierter Gewalt sind der syrische Bürgerkrieg oder der Völkermord an den Jesid*innen ab 2014.
Betroffene erleiden schwerwiegende körperliche und seelische Traumata, werden stigmatisiert oder ausgegrenzt. Die Folgen sexualisierter Kriegsgewalt sind zerstörerisch und reichen oft über Generationen hinweg.
Engagement gegen sexualisierte Kriegsgewalt
Nach dem Bosnienkrieg und dem Völkermord in Ruanda kämpften Aktivist*innen entgegen viel Widerstand dafür, die Betroffenen sichtbar zu machen und schafften so erstmals ein öffentliches Bewusstsein für sexualisierte Kriegsgewalt. 2007 setzte eine UN-Aktion dann wichtige politische Handlungsschritte in Gang. Die UN-Resolution 1820 definiert sexualisierte Gewalt als Mittel zum Krieg und betont die Bekämpfung und Vorbeugung als festes Ziel der Vereinten Nationen.
Insbesondere die strafrechtliche Verfolgung bleibt durch die Ansprüche an die Beweisprüfung und ein häufiges Schweigen der Opfer aus Angst vor Ausgrenzung und Stigmatisierung jedoch weiterhin schwierig. Infolgedessen werden die Verbrechen oftmals nicht hinreichend dokumentiert und aufgearbeitet. Das Leid der Betroffenen gerät nach Abklingen des medialen Aufschreis schnell in Vergessenheit. Vor diesem Hintergrund ist die Arbeit der Aktivist*innen und Organisationen hervorzuheben, die sich langfristig für die Prävention und strafrechtliche Verfolgung sexualisierter Kriegsgewalt einsetzen und Betroffenen eine Stimme geben.
Vorschläge für Preisträger*innen
Der 19. Bremer Solidaritätspreis soll dieses Engagement würdigen und weiter ermutigen. Die Ausschreibung richtet sich an zivilgesellschaftliche Initiativen, Dachverbände oder einzelne Personen, vorrangig aus dem Globalen Süden. Das Engagement der Preisträger*innen kann verschiedene Formen umfassen, so zum Beispiel die Schaffung besserer rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen, Aufklärungsarbeit, die Durchsetzung von Strafverfolgung oder Empowerment und Unterstützung Betroffener.
Vorschläge für mögliche Preisträgerinnen und Preisträger können bis zum 31. August 2024 eingereicht werden: Geschäftsführung des Kuratoriums zum Bremer Solidaritätspreis c/o Senatskanzlei der Freien Hansestadt Bremen, z.Hd. Frau Silke Goethe, Am Markt 21, 28195 Bremen, E-Mail: silke.goethe@sk.bremen.de
Mehr Informationen zum 19. Bremer Solidaritätspreises findet ihr unter https://www.rathaus.bremen.de/sixcms/media.php/13/Bremer_Solidaritaetspreis_2025.pdf
Paula B.
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