Eine selbstbewusste, fähige Frau, die ihre eigenen Ambitionen verfolgt. Die eigene Chefin sein, mit eigenen Räumlichkeiten, eigenen Ideen. Einfach selbst zu entscheiden wann, wo und wie gearbeitet wird. Die Selbständigkeit ist für viele eine Traumvorstellung. Und insbesondere für viele Frauen bleibt sie das leider auch. Daher ist es um so wichtiger, Erfolgsgeschichten sichtbar zu machen, zum Beispiel durch eine öffentliche Auszeichnung.
Steine auf dem Weg zur Selbstständigkeit
Die Gründung neuer Unternehmen ist häufiger Männersache. Frauen gründen seltener und vor allem anders. So planen Frauen zum Beispiel vorsichtiger und risikoärmer. In der Regel gründen sie eher alleine, sind „Teilzeitgründerinnen“, üben also nebenbei noch einige Monate oder Jahre ihre Lohnarbeit aus. Auch die Frage der Finanzierung ist ein einschränkender Faktor auf dem Weg zur eigenen Chefin. Zum einen sind es die Frauen, die sich weniger von Investoren oder Banken abhängig machen wollen und deshalb eher im Familien und Bekanntenkreis um finanzielle Unterstützung zu bitten. Zum anderen sind es aber auch die Geldinstitute, die ihr Geld im großen Stil in Männer stecken. Eine alleinerziehende Frau hat in der Regel schlechtere Chancen auf ein Darlehen, als ihr männliches Pendant, weshalb auch eben dieser wahrscheinlicher gründen wird.
Nachhaltiges Gründen
Trotzdem sind weibliche Gründungen nachhaltiger als die männlichen. Studien belegen, dass Frauen eher gewinn- als wachstumsorientiert sind und sich diese Unternehmen auf lange Sicht länger und stabiler halten.
Was könnte neben besseren systematischen Bedingungen Frauen zum Schritt in die Selbstständigkeit unterstützen? Was könnte sie ermutigen, ihre Leidenschaft in ein Geschäftsmodell zu verwandeln?
Der belladonna Gründerinnenpreis special 2021
„Wir brauchen mehr sichtbare Vorbilder“ sagt Ulrike Dökel, Vorsitzende des Verbands deutscher Unternehmerinnen Bremen-Weser-Ems und setzt somit wichtige Impulse für eben dieses Problem. Sie ist eine der Rednerinnen auf dem belladonna Gründerinnen Preis special 2021, der am 18. November im Grand Atlantic Hotel in Bremen verliehen wurde. Ein Preis, ins Leben gerufen, um weiblichen Gründerinnen den Rücken zu stärken, ihre Errungenschaften sichtbar zu machen und so auch gründungsinteressierten Frauen Einblick in erfolgreiche Gründungsgeschichten zu geben. Der Zusatz “special” erklärt sich durch den Ausfall der Preisverleihung im Jahr 2020 und möchte die Zweit- und Drittfinalistinnen der letzten Jahre wertschätzen, die seit der Pandemie nur noch mehr Durchhaltevermögen bewiesen haben.
“Plötzlich merken die Frauen: Ich habe ja eine Stimme. Ich habe einen Körper und kann was damit machen. So bekommen sie ein anderes Bild von sich.” – Melanie Ohr, Preisträgerin
Zum 12. Mal wurde der belladonnna Gründerinnenpreis samt 5.000€ Preisgeld nun schon verliehen. Mehr als verdient gewonnen haben ihn dieses Jahr Melanie Ohr und Barbara Niklaus. Zusammen gründeten sie neben ihrer Lohnarbeit das Therapiezentrum Überseestadt. Auch diese Gründungsgeschichte war alles andere als ein Zuckerschlecken. 60 Stunden die Woche arbeiten die Neu-Unternehmerinnen in den ersten Gründungsjahren, Gehalt zahlten sie sich dabei erstmal nicht aus.
Erstmalig wurde dieser Preis in seiner Geschichte auch durch die Bremer Wirtschaftssenatorin begleitet. “Nur 44,3 % der Bremerinnen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Ihre Partizipation am Wirtschaftsleben muss wesentlich verbessert werden. ” sagte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt beim Festakt und illustrierte im Anschluss sehr realitätsnah, wie ihr eigener Weg in eine Selbstständigkeit war.
Gründerinnen mit Vorbildfunktion
Gekündigt haben die beiden ihr Arbeitsverhältnis im Klinikverbund im Landkreis Diepholz sechs Jahre nach der Gründung längst. Bereits dreizehn Mitarbeiterinnen und zwei Therapiehunde beschäftigen sie nun in ihrem eigenen Therapiezentrum, den zweiten Standort gibt es auch schon. Mit dem Therapiezentrum Überseestadt wollen sie eine Lücke im Gesundheitswesen schließen, indem sie sich vertieft auf Nachsorge, Frauen- und traumaspezifische Arbeit konzentrieren. Mit den etwas anderen Therapieformen wie die Sandspieltherapie oder dem therapeutischen Boxen erweitern die Ergotherapeutinnen das regionale Angebot. Eine besondere Service-Leistung, die gerade im Gesundheitswesen eigentlich unerlässlich sein sollte, ist die zweiwöchige Termingarantie.
Melanie Ohr und Barbara Niklaus sind so weitere Vorbilder eines erfolgreichen Gründungsvorhabens, die noch viele andere Gründungsinteressierte inspirieren werden. Und welche Tipps geben die Preisträgerinnen anderen gründungsinteressierten Frauen mit? “Mutig sein, aber auch konservativ rechnen” sollten zukünftige Unternehmer*innen, so empfehlen Melanie Ohr und Barbara Niklaus. Ebenfalls hat es ihnen geholfen, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren und bestimmte Aufgaben an Fachpersonen auszulagern.
Obwohl beim Gründerinnenpreis 2021 nur zweitplatziert, kann auch Katja Stelljes’ Gründung nicht unerwähnt bleiben, gründete sie doch als weibliche Steinmetzmeisterin ihre eigene Steinmetz- und Bildhauereiwerkstatt in Bremen. Sie zeigt, dass auch in männerdominierten Branchen weibliche Gründung ihren Platz finden kann.
Redaktion frauenseiten
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