Im Gespräch mit Bildungsaktivistin Hila Limar
Hila Limar hat zwischen Reisen nach Afghanistan und Meetings in Berlin und Hamburg etwas Zeit gefunden unsere Fragen zu beantworten:
Du hast im Gespräch mit Global Citizen von intrinsischer Motivation gesprochen – woher genau nimmst du die Motivation für dein Engagement?
Ich bin mit dem Bewusstsein aufgewachsen, privilegiert zu sein. Nicht nur weil ich gesund und gebildet bin, sondern weil ich in Frieden leben und aufgewachsen bin. Das ist alles andere als selbstverständlich – als gebürtige Afghanin hätte mein Leben ganz anders aussehen können. Dieses Bewusstsein und der Wunsch etwas zurückzugeben, nährt meine Motivation.
Welche langzeitlichen Vorteile hat ein besserer Zugang zu Bildung speziell für Mädchen und Frauen?
Alleine in Afghanistan besucht noch heute nur jedes zweite Mädchen eine Schule. Dabei beweisen Studien – und auch meine persönlichen Erfahrungen – dass das Selbstbewusstsein von jungen Frauen mit jedem weiteren Schuljahr deutlich steigt. Zudem kann Bildung ganz konkret schützen, zum Beispiel vor Kinderehen und Kinderarbeit. Auch leben gebildete Frauen und ihre Familien gesünder, wodurch die Kindersterblichkeitsrate sinkt. Schlussendlich engagieren sie sich auch deutlich stärker für politische Themen wie geschlechtliche Gleichberechtigung und nehmen positiven Einfluss auf die Gesellschaft. All dies verringert am Ende auch die Armutsraten ganzer Gegenden.
Hast du (weibliche) Vorbilder?
Nein, keine bestimmte Frau. Ich finde, dass ehrliche Frauen immer auch mutig sind und dabei müssen sie gar nicht hochgebildet oder überaus selbstbewusst sein. Es reicht aus, dass sie authentisch sind. Das finde ich meist schon sehr inspirierend, denn sie stehen ehrlich, unerschrocken und gerade für ihre Überzeugungen ein.
„Mittlerweile sollte uns allen klar sein, wie wichtig intersektionales Denken und Solidarisieren ist, erst recht im Job.“
Du hast erwähnt, dass du dich als Architektin vor allem in Deutschland immer wieder beweisen musst. Was würdest du Mädchen, die sich in gesellschaftlich eher männlich dominierten Sphären bewegen wollen, sagen?
Zu allererst: Seid euch eurer Kompetenzen bewusst und lasst euch nichts von anderen einreden und verunsichern. Es ist gut, sich nicht vor Kritik zu verschließen, aber verliert dabei nie eure eigenen Stärken aus dem Blick.
Zweitens: Weist eure Kolleg*innen auf Ungerechtigkeiten hin. Und zwar egal, ob sie euch selbst oder andere betreffen. Mittlerweile sollte uns allen klar sein, wie wichtig intersektionales Denken und Solidarisieren ist, erst recht im Job.
Und Drittens: Fordert ein was euch zusteht oder was ihr euch wünscht. Wirklich! In meiner Laufbahn, sei es als Architektin oder als Vorstandsvorsitzende bei Visions for Children, mache ich immer wieder die Erfahrung, dass besonders Frauen zwar in bestimmten Positionen arbeiten möchten oder dass sie sich eine verdiente Gehaltserhöhung wünschen – aber nie danach fragen. Für mich war immer klar, dass ich klar äußern muss, was ich möchte. Denn gefragt wird man eigentlich nie. Es ist nicht leicht und es gehört richtig Übung dazu. So habe ich vor Gehaltsverhandlungen mit meinem Chef immer mit meinem Cousin, der selbst ein Unternehmen führt, trainiert. Es hat wirklich viel gebracht!
Kim Trinh
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