Das Erste ist aktuell aus weniger guten Gründen im Gespräch: In einer Folge „Verstehen Sie Spaß?“ verkleidete sich Moderator Guide Cantz als Afrodeutscher und betreibt damit eine alte Tradition der rassistischen Verhöhnung von Schwarzen, genannt Blackfacing.
Der Beitrag bei „Verstehen Sie Spaß?“
„Verstehen Sie Spaß?“ ist eine Sendung, die mit versteckter Kamera Leute in Fallen lockt und dabei filmt. Die Sendung ist über 35 Jahre alt und wahrscheinlich vielen als Unterhaltungsklassiker bekannt. Am 29. Oktober strahlte der SWR jedoch eine Folge aus, die schon von vorneherein für schlechte Presse sorgte. In der Schweizer Sendung „Happy Days“, die den Zuschauer*innen Wünsche erfüllt, wird dieses Mal gefilmt. Opfer dieses Sketches ist der Moderator Röbi Koller, der angeblich für eine junge Frau ihren lange verlorenen Vater sucht. Gezeigt wird das Bild eines weißen Südafrikaners, auf der Bühne erscheint jedoch ein schwarzer Mann, der die sichtlich irritierte junge Dame umarmt und im dicken Akzent verkündet: „I am your Vater. I am from Südafrika“. Aber die junge Dame ist Schauspielerin und hinter dem vermeintlichen Vater versteckt sich Moderator Guido Cantz – im Blackface, d.h. als Schwarzer angemalt und verkleidet.
2016: #Blackfacing im SWR. #Rassismus als "Spaß"? Sicher nicht. https://t.co/1lDU01gSxk
— Bunte Liste (@BL_rgb) October 29, 2016
Was ist Blackfacing?
Blackfacing war eine Tradition des 18. und 19. Jahrhundert in den amerikanischen und britischen Theatern und Clubs. Anstatt schwarze Schauspieler*innen zu beschäftigen, wurden weiße Schauspieler mit dunkler Farbe angemalt und ihre Lippen hell gelassen, um den stereotypen breiten Mund darzustellen. Ausdrucksweise und Gestik wurde oft auch angepasst und stellte dabei in rassistisch angelehnter Weise einen Schwarzen – oder so, wie sich das Publikum einen Schwarzen vorstellen sollte – auf der Bühne dar. Viele der Shows hatten bewusst das Ziel, xenophobe und menschenfeindliche Vorurteile gegenüber der schwarzen Bevölkerung zu verstärken. Unterdurchschnittliche Intelligenz und ein einfaches Gemüt sind nur zwei Beispiele für die typischen Züge eines Schauspielers im Blackface, der einen Schwarzen darstellen sollte. Diese Art von Shows wurde noch lange nach der offiziellen Abschaffung der diskriminierenden Gesetze im Anschluss an den amerikanischen Bürgerkrieg in den 1860er Jahren und sogar nach den amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen in den 1960er Jahren fortgesetzt.
Versteht man dabei Spaß?
Humor ist grundsätzlich eine Geschmackssache. In diesem Beitrag wird allerdings auf jedes billige Klischee zurückgegriffen, das vorstellbar ist. Der Gag zielt darauf ab, dass Röbi Koller gezwungen ist, die Diskrepanz zwischen der weißen Hautfarbe der Tochter und der schwarzen Hautfarbe des Vaters zu kommentieren. Dass Guido Cantz bewusst mit starkem Akzent spricht und damit Stereotypen bestätigt, ist ebenfalls nicht sehr geschmackvoll. Die Reaktion des SWR auf die empörten Zuschauer*innen ist jedoch uneinsichtig. Die Programmverantwortliche Barbara Breitenbach tut jede rassistische Konnotation mit dem Verkleiden ab. Ohne diese starke Verkleidung sei der Sketch ja gar nicht möglich gewesen, die Maskerade sei ein essentieller Bestandteilt der Sendung. Die Maske sei an den Moderator angepasst und extra für ihn entworfen, damit karikiere man niemanden und mache sich vor allem nicht über Afrikaner lustig. Die stereotype breite Nase und dicke Lippen, die dem Moderator aufgeklebt wurden, übersieht Barbara Breitenbach anscheinend.
Kim Hofschröer
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