Von ertrunkenen geflüchteten Menschen mussten wir in den letzten Jahren viel zu oft lesen. Kinder, Erwachsene, Jugendliche – viele überleben die gefährliche Überfahrt von Küste zu Küste nicht. Auch viele Sportler*innen suchen den Weg über das Mittelmeer, um in Deutschland sicher und mit voller Unterstützung ihren Sport ausüben zu können. Während wir euch an anderer Stelle noch die Erfolgsgeschichte von Yusra Mardini erzählen konnten, geht es heute um Samia Yusuf Omar, eine somalische Sprinterin, die den gefährlichen Weg nicht überlebt hat. Reinhard Kleist hat in seiner Graphic Novel „Der Traum von Olympia: Die Geschichte von Samia Yusuf Omar“ das Schicksal der jungen Somalierin verarbeitet.
Frühe sportliche Karriere
Samia wird 1991 in Somalia geboren. Auch ihre Mutter war eine Athletin auf nationalem Niveau. Ihr Vater stirbt durch einen Terroranschlag, als Samia in der achten Klasse ist. Sie bricht die Schule ab, um ihre Geschwister zu versorgen, während ihre Mutter arbeitet. Ihre Mutter regt sie zum Training an und Samia beginnt, regelmäßig zu laufen. Mit nur 17 Jahren startet Samia 2008 in Peking bei den Olympischen Spielen für Somalia als Sprinterin. Eine professionelle Ausrüstung hat sie nicht und startet daher in einer geliehenen Montur, bestehend aus einem weiten weißen Shirt und einer schwarzen Leggings. Sie ist nicht annähernd so trainiert wie ihre Konkurrentinnen und scheidet schon im Vorentscheid aus. Dennoch läuft sie bei diesem Rennen ihre persönliche Bestzeit. Das Publikum feuert den Underdog an, fast sogar noch stärker als die spätere Gewinnerin.
Konflikte, Anfeindung und Flucht
Geplant ist eigentlich, dass Samia Yusuf Omar vier Jahre später, 2012 in London, wieder an den Olympischen Spielen teilnehmen soll. Ihre Heimat ist jedoch mittlerweile zerstört und bedroht von der Al-Shabaab, einer somalischen Terrormiliz. Das Stadion, in dem Samia früher trainiert hatte, war mittlerweile endgültig zerstört. Die Al-Shabaab verbot nicht nur die Teilnahme von Frauen an jeglichen Sportarten, sondern setzte die, die offen ihren Sport praktizierten, auch unter Druck. Samia fasst den Entschluss, aus Somalia zu fliehen. In Europa will sie einen neuen Coach und eine sichere Heimat finden. Über Libyen und Äthiopien gelangt sie schließlich auf ein Boot in Richtung Italien. Ihre Flucht nimmt im April 2012 ein tragisches Ende: Bei dem Versuch, auf ein italienisches Rettungsschiff zu gelangen, ertrinkt Samia Yusuf Omar im Alter von 21 Jahren im Mittelmeer.
In Erinnerung an Samia Yusuf Omar
Reinhard Kleist, ein deutscher Comic-Autor, hat 2016 nun eine Graphic Novel über Samias Leben herausgebracht. In seinem Vorwort erklärt er die Motivation dahinter. Inspiriert von Elias Bierdels „Ende der Rettungsfahrt“ und seinem eigenen Besuch an einer der Hauptauffangstationen für Geflüchtete stößt er schließlich auf Samias Geschichte. Er will Gehör verschaffen für sie und für das, was ihr passiert ist. Es ist stellvertretend auch für all die anderen, die auf See ihr Leben verloren in der Hoffnung, in Europa ein besseres Leben zu finden. Die Graphic Novel ist schlicht gehalten, die Zeichnungen komplett schwarz-weiß. Wer das obige Video von Samia gesehen hat, wird viele Szenen direkt im Buch wiederfinden. Wenn Kleist sich auch einige Szenen ausdenken musste, so lebt das Buch doch von seiner Recherche. Er sprach mit Samias Schwester Hodan, die einige Jahre zuvor nach Finnland geflohen ist, sowie mit einer Freundin von Samia, der Reporterin Teresa Krug.
Kim Hofschröer
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