Kunst und Literatur treffen sich in Tracy Chevaliers „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, einer fiktiven Hintergrundgeschichte dem weltbekanntem Bild mit dem gleichen Namen von Jan Vermeer. In ihrer eigenen Interpretation zu der Geschichte hinter diesem Bild schreibt sie die Geschichte einer jungen Magd namens Griet, die sich von ihrem Herren Jan Vermeer malen lässt, und dabei weit mehr wird als nur sein Modell.
Das Bild und Jan Vermeer
Das Bild kennen die meisten wahrscheinlich alleine von Sehen her. Der Maler Jan Vermeer ist neben Rembrandt einer der bekanntesten und bedeutendsten Maler des Barock und lebte im 17. Jahrhundert in den Niederlanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern war er schon zu Lebzeiten halbwegs erfolgreich und konnte von seiner Kunst leben. Neben christlichen Motiven und Bildern seiner Heimat Delft kennt man ihn vor allem dank sei
ner Frauenportraits. Eins davon ist das titelgebende Portrait eines jungen Mädchens, von dem Tracy Chevaliers Geschichte handelt. Der richtige Titel des berühmten Bildes lautet „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“. Vor schwarzem Hintergrund schein ein junges Mädchen sich gerade umzudrehen und den Künstler anzusehen. Ihr Haar ist verdeckt unter einem blauen und gelben Band und sie ist schlich gekleidet in einem braunen Kleidungsstück. An ihrem Ohr hängt ein tränenförmiger Perlohrring. Ihre leicht geöffneten Lippen, die fast feucht glänzen, und ihr offener Blick geben dem Bild eine fast erotische Qualität. Wer das Bild länger betrachtet, kommt nicht umhin sich zu fragen: Wer ist das unbekannte Mädchen?
Worum geht es?
Tracy Chevalier gibt dieser Frage eine Antwort in ihrer Interpretation der Geschichte. Das Buch beginnt 1664 in Delft. Nachdem ihr Vater durch einen Arbeitsunfall blind geworden ist, wird die sechzehnjährige Griet von ihren Eltern als Magd in das Haus der Vermeers geschickt. Sie soll, sobald sie eingearbeitet ist, das Studio des Malers Jan Vermeer putzen. Da sie, wenn sie das elterliche Haus reinigt, nichts verrücken darf, damit ihr Vater noch alles wiederfindet, ist ihre Genauigkeit für den Maler und dessen Motive, die sie reinigen soll, perfekt. Griet ist schüchtern, aber schlau und merkt sehr schnell, wie die Hierarchie im Haus funktioniert. Ihren Herren sieht sie kaum, ist aber jedes Mal, wenn sie ihm im Haus begegnet, von ihm fasziniert. Je mehr sie in seinem Umfeld und Studio arbeitet, desto mehr wird sie in seine Arbeit mit eingebunden. Schließlich beschließt Jan Vermeer, sie zu malen und setzt damit mehr in Gang, als er und Griet davon erwarten.
Chevaliers Kunstwerk
Man kann das Buch schlecht weglegen, sobald man es angefangen hat. Die Geschichte ist auf eine gewisse Art eindeutig, da man weiß, dass es das Bild geben wird. Dennoch ist Tracy Chevaliers Buch so fesselnd, dass man wissen möchte, wie man zu diesem offensichtlichen Ende gelangt. Das Buch strotzt nur so von gekonnter Subtilität. Es ist unglaublich erotisch, dennoch nicht einmal explizit oder anrüchig. Scheint der Stil auch manchmal sehr kurz und knapp, wird dennoch eine Liebe zum Detail deutlich, die gerade nur von so schlichter Sprache genau eingefangen wird. Die Charaktere werden auf nur knapp 260 Seiten lebendig, Jan Vermeer als fast unsichtbarer Meister, seine Frau als Herrin ohne Macht in ihrem eigenen Haus und Griet als unschuldiges Mädchen das erst beginnt zu verstehen, was Vermeer eigentlich von ihr einfängt und verlangt.
Für alle, die vielleicht eher die Kinogänger als Leseratten sind, wurde die Handlung wunderschön inszeniert mit Scarlett Johannson – die perfekte Wahl für die Rolle – als junge Griet und Colin Firth als enigmatischen Vermeer. Der deutsche Trailer macht Lust auf mehr!
Kim Hofschröer
Tina Macke meint
In den letzten Jahren ist eine Kontroverse um dieses wunderbare Gemälde entstanden. Was, wenn die berühmte Perle, die dem Gemälde den Titel gibt, keine Perle ist?
In der Zeitschrift New Scientist schreibt Icke, Professorin für Theoretische Astronomie an der Universität Leiden, dass die Perle am Ohr des berühmten Mädchens von Jan Vermeer keine echte Perle sein könne. Die Art und Weise, wie eine Perle das Licht reflektiere, stimmt nicht mit der Reflexion des Lichts im Bild überein. Icke kam zu dem Schluss, dass … es ein Metallohrring ist!