Als ich kurz davor stand das erste Mal wählen zu dürfen, war ich so begeistert, dass ich mich auch gleich noch als Wahlhelferin angemeldet habe. Von meinen damaligen Schulfreunden konnte das irgendwie so keiner wirklich verstehen. Ich bekam sogar noch mitleidige Blicke zugeworfen, dass ich Arme meinen Sonntag in einem stickigen Wahllokal verbringe. Na gut, ich muss auch zugeben, am Sonntagmorgen um 7:20 Uhr auf dem Weg zum Wahllokal, habe ich mich dann schon gefragt, was ich mir dabei eigentlich gerade denke. Mein Nachbar, der gerade mit seiner Brötchentüte zurück kommt, macht es mir nicht unbedingt einfacher.
Frühmorgens übt sich
Ich habe das Glück und bin in meinem eigenen Stadtteil als Wahlhelferin angenommen worden. Um 7:30 Uhr stehe ich also mit den anderen Helfer*innen in meiner ehemaligen Schule. Irgendwie ist es auch ganz nett mal wieder hier zu sein.
Um Punkt 8 Uhr öffnen die Wahllokale in ganz Deutschland. Um 7:59 Uhr steht natürlich schon der 79-jährige – ich nenne ihn mal Herr Meyer – im Raum und freut sich wie ein Honigkuchenpferd, dass er der erste Wähler ist.
Jeder hat im Wahllokal seine eigene Aufgabe zugeteilt bekommen. Entweder man kontrolliert die Wahleinladung oder man teilt den Wahlschein aus. Jemand hakt die Namen auf dem Wählerverzeichnis ab oder ist für die Kontrolle der Wahlurne eingeteilt. Die Arbeit mit dem Wahlverzeichnis ist am Interessantesten. Jetzt weiß ich endlich wieder wie meine Nachbarin heißt ohne zum gefühlt zehnten Mal nachzufragen.
Und langweilig ist das ganze kein bisschen. Wenn gerade mal nicht so viel los ist, unterhalten wir uns alle super. Die eine Wahlhelferin kennt sogar eine der kandidierenden Politikerinnen und erzählt uns lustige Geschichten von ihr. Ihre Kinder gehen nämlich zusammen in den Kindergarten. Zwei Monate vor der Wahl hat sich die sonst so hochnäsige und nie grüßende Kandidatin zu einer super freundlichen und „lasst-uns-doch-bei-uns-grillen-und-die-Kinder-spielen-„Frau entwickelt.
Zwischen Kaffee, Bonbons und Fernsehteams
Ab 11 Uhr wechseln wir uns mit den Pausen ab. Unsere Wahlvorsteherin ist super entspannt und jeder kann für zwei Stunden nach Hause. Außerdem gibt es Kaffee und Süßigkeiten für uns. Allein dafür hat sich´s schon gelohnt als Wahlhelferin dabei zu sein.
Das Ganze wird noch interessanter als zwischendurch Fernsehteams auftauchen. Sie interviewen einige der Wähler. Wer Lust hat gibt auf einem separaten Wahlzettel seine Stimmen noch ein zweites Mal ab, anonym natürlich. Mit Hilfe dieser Wahlzettel werden die ersten Erwartungen für das Wahlergebnis veröffentlicht. Wir zählen zwischendurch die abgegebenen Wahleinladungen und rechnen die aktuelle Wahlbeteiligung aus. Diese wird dann für die Wähler sichtbar auf eine Tafel geschrieben. Zwischen den Wahlräumen entsteht mit der Zeit ein kleiner Wettkampf darüber, wer die höchste Wahlbeteiligung zu verzeichnen hat.
Mit dem Blick auf das Wählerverzeichnis, auf denen wir die Namen derer abhaken die gewählt haben, bin ich etwas enttäuscht von meiner Straße. Viele sind nicht zum Wählen gekommen, vor allem die jungen Leute. Aber das darf ich natürlich nicht weitererzählen.
Um kurz vor 18 Uhr kommen noch schnell die letzten Wähler, um ihre Stimmen abzugeben.
Wer hat die meisten Stimmen in unserem Wahlkreis
Dann schließen die Wahllokale und es wird nochmal richtig interessant. Die Stimmzettel werden ausgewertet. Anschließend muss noch gezählt werden, ob die abgegebenen Stimmzettel mit der Zahl der abgegebenen Wahleinladungen und den abgehakten Namen auf dem Wählerverzeichnis übereinstimmen. Hört sich zwar bürokratisch und nervig an, aber wenn alle mitzählen, geht es schneller als man denkt. Wir wedeln aufgeregt mit den Stimmzetteln herum, wenn wir einen besonders Beschissenen gefunden haben.
Mittlerweile bin ich bei jeder Wahl die ansteht als Helferin dabei. Genauso wie viele andere aus meinem Stadtteil. Wir sind eine richtig nette Gruppe geworden. Und selbst meine skeptischen Freunde aus der Schule damals müssen am nächsten Morgen zugeben, dass es sich doch eigentlich ganz cool und interessant anhört.
Wer sich für die ehrenamtliche Arbeit als Wahlhelfer*in interessiert, kann sich unter folgendem Link anmelden. Einfach das Kontaktformular runterladen, ausfüllen und per Email zurückschicken. http://www.wahlen.bremen.de/wissenswertes/wahlhelfer-6908
Eine Wahlhelferin
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