Auch noch im Jahr 2017 ist Wissenschaft weltweit ein überwiegend männlich dominiertes Feld. Obwohl die Hochschulabsolventinnen zahlenmäßig den männlichen Absolventen gleichgestellt sind, sind sie weitaus weniger in Forschungseinrichtungen angestellt. Eine hohe Hürde auf dem Weg zur Professur ist zudem für viele Frauen die Kinderplanung. Unsere Frau der Woche Christiane Nüsslein-Volhard ist selbst erfolgreiche Wissenschaftlerin und Gründerin einer Stiftung, die diesem Ungleichgewicht entgegenwirkt und angehende Wissenschaftlerinnen unterstützt.
„Ich möchte die Natur verstehen, ich möchte wissen, wie es dazu gekommen ist, dass etwas so ist, und zwar genau und nachprüfbar und nicht geglaubt oder kulturell eingeprägt.“
Bereits als Kind war Christiane Nüsslein-Volhard sicher, dass sie Biologin werden möchte. Folgt man ihrem beeindruckenden Lebenslauf ist ersichtlich, dass sie nicht nur dieses Ziel umgesetzt hat. Neben unzähligen Mitgliedschaften und Gast-Lehraufträgen an renommierten US-amerikanischen Universitäten beschäftigt sie sich mit Genforschung und Entwicklungsbiologie. Von 1985 bis 2014 war sie Direktorin der Abteilung Genetik des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Seither leitet die 75-Jährige am selben Institut weiterhin eine große Emeritus-Forschungsgruppe mit dem Titel Color pattern formation, welche sich mit der Entstehung von Farbmustern bei Tieren beschäftigt. Christiane Nüsslein-Volhard war von 2001 bis 2007 Mitglied im Nationalen Ethikrat.
Frauen in der Wissenschaft
Für ihre wissenschaftlichen Arbeiten erhielt die gebürtige Magdeburgerin unzählige hoch angesehene Preise und Auszeichnungen. Der wohl bemerkenswerteste ist der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin, den sie zusammen mit Eric. F. Wieschhaus und Edward B. Lewis für ihre Forschungen über die genetische Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung im Jahr 1995 erhielt. Christiane Nüsslein-Volhard ist damit bislang die erste und einzige weibliche, deutsche Preisträgerin in diesem Wissenschaftsfeld.
„Als ich zu forschen begann, sagte mein Chef in einem Gespräch, Frauen könnten einfach keine gute Wissenschaft leisten. Zur Rede gestellt, meinte er, Frauen hätten durchaus spezielle Begabungen, aber die Wissenschaft gehöre nicht dazu.“
Spätestens mit dieser Auszeichnung hat Christiane Nüsslein-Volhard gezeigt, was Frauen in der Wissenschaft leisten, auch wenn sie sich stets in einem vorwiegend männlichen Umfeld durchsetzen müssen.
Die CVN – Stiftung
Zudem ist Christiane Nüsslein-Volhard überzeugt, dass Wissenschaft und Familie sich nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Oftmals stellen Frauen sich die Frage wie oder gar ob Kinder und Karriere sich miteinander vereinbaren lassen. Gerade in zeitintensiven wissenschaftlichen Berufen sei es für Frauen, die in Teilzeit arbeiten, laut Nüsslein-Volhard, schwerer Fuß zu fassen und eine befriedigende Karriere aufzubauen. Um angehenden Wissenschaftlerinnen die erforderliche Freiheit und Mobilität für ihre Karriere zu ermöglichen und um zu verhindern, dass Talente der wissenschaftlichen Forschung verloren gehen, wurde im Jahr 2004 die Christiane Nüsslein-Vollhard-Stiftung gegründet.
„Wenn ein Mann ehrgeizig ist und Tag und Nacht arbeitet, gilt das als normal und wird akzeptiert mit der Begründung, die Frau habe ja auch etwas davon, wenn ihr Mann Karriere mache. Wenn dagegen eine Frau ehrgeizig ist und Tag und Nacht arbeitet, wird der arme Mann von allen Seiten bedauert.“
Die Stiftung richtet sich an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen mit Kindern in den experimentellen Naturwissenschaften und der Medizin. Erfolgreiche Bewerberinnen erhalten durch die Stiftung ein Jahr lang finanzielle Unterstützung, die zur Entlastung in Haushalt und Kinderbetreuung beitragen soll, um dadurch wiederum mehr Freiraum für das wissenschaftliche Arbeiten zu schaffen.
Christiane Nüsslein-Volhards Ansichten und Aussagen, beispielsweise über gentechnisch veränderte Pflanzen oder gar die Befürwortung von Stammzellenforschung, mögen die Gemüter spalten. Nichtsdesotrotz ist sie eine herausragende Wissenschaftlerin, die in einem überwiegend männlich besetzten Wissenschaftsfeld viel erreicht hat. Sie hat bewiesen, dass sich Frauen trotz gesellschaftlicher Hürden in der Wissenschaft durchsetzen können. Mit ihrer Stiftung trägt sie zusätzlich dazu bei, der ungleichen Verteilung der Geschlechter in der Wissenschaft entgegenzuwirken.
Katja Kowalzik
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