Claudia Kessler und die Suche nach der ersten deutschen Astronautin
Im März 2016 startete Claudia Kessler, Geschäftsführerin von HE Space, die Initiative „Die Astronautin“. Ihr Bremer Unternehmen, das sich auf Fachkräfte-Beschaffung für die Raumfahrtindustrie spezialisiert, bot dabei den idealen Ausgangspunkt für die Suche nach einer deutschen Raumfahrerin. Kessler hat sich nämlich das Ziel gesetzt, 2020 die erste deutsche Astronautin überhaupt ins Weltall zu bringen.
Im Laufe des Jahres bewarben sich dann über 400 Frauen – etwa 80 sind noch im Rennen. Wenn noch die letzten psychologischen und kognitiven Tests von Kessler und ihrem Team ausgewertet sind und die beiden ausgewählten Kandidatinnen bereit zur Ausbildung stehen, soll Anfang 2017 die Sponsorensuche und das Crowdfunding starten. Gebraucht werden 40.000.000 Euro.
Vierzig Millionen durch Crowdfunding
…Crowdfunding? Um ins Weltraum zu fliegen? Es gibt zwar spektakuläre Erfolgsgeschichten mittels Crowdfunding, aber 40 Millionen gehen über eine gewöhnliche Startup-Finanzierung weit hinaus. Die Tatsache, dass überhaupt von Crowdfunding die Rede ist, unterstreicht den Unterschied zu Kesslers sonstiger Vermittlertätigkeit. Denn diese „Astronautin“ wird – genau genommen – nicht als ESA-Mitarbeiterin, sondern als Weltraumtouristin fliegen. Was also hat es mit diesem Projekt auf sich? Frau Kessler rührt schon fleißig die Werbetrommel: Bei den Bremer Unternehmergesprächen am 4. November stellte sie zwei Bremer Bewerberinnen, die Weltraum-Ingenieurinnen Ariane Wyen und Tina Büchner Da Costa, vor.
Profi-Vorkämpferin mit 40% Frauenanteil
Frau Kessler kümmert sich nicht zum ersten Mal um die Förderung und Weiterbildung von Frauen in der Weltraumbranche – das ist sozusagen ihr selbst gesetztes Ziel: Selbst eine verhinderte Raumfahrerin, arbeitet sie mit einem reinen Frauenteam zusammen und betreibt eifrig das nötige Networking innerhalb der Europäischen Weltraum-Branche – einer Hardcore-Männerdomäne. Seit 2004 bei HE Space, gründete sie 2009 zusammen mit Esa-Direktorin Simonetta Di Pippo Women in Aerospace Europe (WAE). In einem Zeit-Artikel von 2014 nennt die WAE „einen Verein, mit dem sich Frauen in der Raumfahrt über Kongresse, Unternehmensbesuche und Mentorenprogramme vernetzen, sich von freien Jobs berichten und gegenseitig fördern. Heute hat WAE 300 Mitglieder in 30 Ländern. Kessler ist die Vorstandsvorsitzende. Unter ‚ihren‘ Ingenieuren hat sie einen Frauenanteil von 40 Prozent erreicht.“
I started saving for the flight of the #Astronautin to #ISS #space4.0 #NewSpace #disruptSpace #spaceInspires pic.twitter.com/4cRquNokNi
— Claudia Kessler (@CKesslerSpace) November 2, 2016
Sie achtet auch auf die Stillen…
Bekannt für Kesslers großes und leistungsfähiges Netzwerk zieht HE Space besonders viele Frauen an. Viele bewerben sich dort in dem Wissen, dass sie hier gerechte Wettbewerbsbedingungen vorfinden – das sonst so seltene level playing field. „Sie achtet auch auf die Stillen. Es wird nicht derjenige befördert, der sich vordrängelt“, berichtet eine Mitarbeiterin. Da wundert es nicht, dass sie mit diesem neuen Projekt nicht nur die Förderung von Frauen im Weltraum, sondern Frauen in technischen Berufen überhaupt stärken will. Auf der Webseite heißt es:
„Eine besonders wichtige Aufgabe der ersten deutschen Astronautin ist es, Frauen und Mädchen für naturwissenschaftliche und technische Themen zu interessieren. Sie wird eine Vorbildrolle einnehmen.“
Fit in MINT? Und ob.
Ob die Millionen aufgebracht werden können, wissen wir nicht – aber wenn eine das schafft, dann vermutlich Claudia Kessler – wir wünschen ihr den ganz großen Erfolg!
Glenys Gill
Links:
Was wurde aus Claudia Kessler und der Personalvermittlung für die Raumfahrtindustrie?
Women in Aerospace Europe (WAE)
Auf der Suche nach der ersten deutschen Frau fürs All
Deutschland sucht die erste Frau fürs All
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