Rund ein Drittel der zuletzt nach Deutschland geflüchteten Menschen sind Frauen, längst zeigt sich: Sie werden weniger gut durch Integrationsmaßnahmen erreicht als Männer. Warum das so ist und wie die Integration der Frauen gelingen kann, damit beschäftigt sich ein ZGF-Schwerpunktprojekt 2017. Der parlamentarische Ausschuss für die Gleichstellung der Frau informierte sich jetzt über den Stand des Projekts, das an konkreten Angeboten für Frauen im Land Bremen arbeitet.
Gute Strukturen für geschlechtergerechte Integration im Land Bremen schaffen: Das ist das Ziel des seit rund einem halben Jahr laufenden Projekts. Schwerpunkte sind dabei die Bereiche Frauenrechte, Gewaltschutz, Gesundheit und Arbeitsmarktintegration. Im Ausschuss skizzierte Referentin Merle Bilinski nun die Grundpfeiler des Projekts. Hauptaugenmerk lag auf den Aktivitäten im Bereich Gewaltschutz und bei der Arbeitsmarktintegration.
Thema: Gewaltschutz
Das Projekt setzt hier auf drei Ebenen an: der konkreten Information für geflüchtete Frauen in Unterkünften, der Umsetzung des in Bremen existierenden Gewaltschutzkonzepts in Einrichtungen und der Schulung von Menschen, die als Ehren- oder Hauptamtliche in den Unterkünften mit den Frauen arbeiten.
Seit einigen Monaten existiert das Angebot an Unterkünfte, sich bei der konkreten Umsetzung des Gewaltschutzkonzeptes beraten zu lassen. Etwa, wenn Fragen auftauchen, wie bei Gewaltvorkommnissen vorzugehen ist. Daneben werden in Abstimmung mit dem Sozialressort Schulungen für Mitarbeitende organisiert, für ehrenamtlich Engagierte und bei Bedarf auch für Sprachmittlerinnen und -mittler. Denn berücksichtigt werden muss, dass neben kulturellen und sprachlichen Barrieren auch traumatische Fluchterfahrungen das Leben der Frauen prägen können. Die oft unsichere Lebenssituation in Deutschland, die langwierigen Asylverfahren und auch fehlender Gewaltschutz verhindern ebenfalls ein Ankommen.
Um ihnen das Ankommen zu ermöglichen, setzen an anderer Stelle konkrete Informationsangebote für Frauen an. In den nächsten Wochen werden diese starten: ZGF-Mitarbeiterinnen werden in Bremer Unterkünften über Themen wie Frauenrechte, Arbeitsmarkt und Gesundheit informieren. Auch um Kindererziehung wird es gehen, da das Thema von den Frauen stark nachgefragt wird. Die Themenschwerpunkte sind im Austausch mit den Einrichtungen und mit Frauen entstanden. In Bremerhaven sind bereits regelmäßige Nachbarschaftstreffen in den Stadtteilen gestartet.
Im Bereich Arbeitsmarktintegration steht derzeit die Bestandaufnahme im Mittelpunkt. Bundesweite Daten, die im Rahmen der Flüchtlingsstudie 2014 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhoben wurden, zeigen , dass Frauen nach ihrer Ankunft in Deutschland nur zu einem sehr geringen Anteil und deutlich seltener als Männer eine Beschäftigung finden: Auch mehrere Jahre nach ihrer Ankunft sind nur 11,5 Prozent von ihnen (gegenüber knapp 50 Prozent der Männer) erwerbstätig. Gründe dafür sind ein geringeres Qualifikationsniveau und weniger Berufserfahrung auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch weniger Förderung in Deutschland. So nehmen Frauen seltener als Männer an Sprach- und Integrationskursen teil und profitieren in geringerem Maße von Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung. Nur 26 Prozent der arbeitslosen Frauen mit Fluchthintergrund (Stand: Oktober 2016) wurden mit einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gefördert, während zum selben Zeitpunkt 57 Prozent der geflüchteten Männer von einer solchen Maßnahme profitierten (zu den Zahlen). Diese Differenz steht in deutlichem Kontrast zum Wunsch, arbeiten zu wollen: Laut BAMF-Studie wollen das 79 Prozent der befragten Frauen (gegenüber 92 Prozent der befragten Männer). Die hohe Differenz zwischen tatsächlicher und gewünschter Erwerbsbeteiligung geflüchteter Frauen deutet darauf hin, dass sich die Benachteiligung, die die Frauen in ihren Heimatländern im Hinblick auf Bildung und Erwerbsarbeit erfahren haben, auch in Deutschland fortsetzt.
Konkrete Maßnahmen für die Integration von geflüchteten Frauen
Durch eine gezielte Integration der Geschlechterperspektive in bestehende Initiativen sowie die Entwicklung spezifischer Maßnahmen für geflüchtete Frauen soll dies erreicht werden. In einem ersten Schritt wird es durch die Vernetzung der Akteure um einen Wissenstransfer an der Schnittstelle zwischen Beratung, Qualifizierung und Beschäftigung gehen. Anschließend sollen Maßnahmen anhand von Best-Practice-Beispielen initiiert werden, die an den spezifischen Bedürfnissen von Frauen und Mädchen ansetzen. Die gezielte Einbeziehung geflüchteter Frauen ist wesentlicher Bestandteil des Projekts (mehr zum ZGF-Beirat).
Der Ausschuss diskutierte im Anschluss an die Projektvorstellung insbesondere darüber, wie der Zugang zu geflüchteten Frauen gelingen kann und wie sich die im Projekt erarbeiteten Initiativen und Maßnahmen nach dessen Abschluss Ende 2017 nachhaltig verankern lassen.
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