Das bedingungslose Grundeinkommen, kurz BGE ist, vor allem im Zuge der Corona-Pandemie, heiß umstritten. Wie das Konzept aus feministischer Perspektive zu werten ist, wird jedoch kaum besprochen.
Deswegen betrachten wir das Thema in unserer Serie zum bedingungslosen Grundeinkommen aus den unterschiedlichsten feministischen Blickwinkeln. Diesmal besprechen wir die Positionen der Parteien auf Bundes- und Landesebene.
Das bedingungslose Grundeinkommen auf dem Vormarsch
Hintergrundgedanke des Konzeptes ist, dass allen Bürger*innen von Geburt an eine Grundsicherung zusteht. Und das bedingungslos! Vor allem während der Corona-Pandemie hat die Diskussion neuen Schwung bekommen. Die Petition „Grundeinkommen jetzt!“, die ein bedingungsloses Grundeinkommen für sechs Monate fordert, hat bereits mehr als 460.000 Unterstützer*innen begeistert.
Zwar fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne zeitliche Befristung einen noch radikaleren Umbau des Sozialstaates. Aber gerade weil momentan ein Umdenken hin zur Grundsicherung immer realistischer scheint, lohnt es sich, die Positionen in der Politik genauer zu betrachten. Denn sowohl auf Bundesebene als auch in Bremen gibt es die verschiedensten Vorhaben. Hier also ein Überblick.
CDU/CSU pocht auf Leistungsprinzip
Offiziell stellt sich die CDU/CSU klar gegen das bedingungslose Grundeinkommen. Annegret Kramp-Karrenbauer lehnte es laut der SZ ab und betonte den Zusammenhang zwischen Leistung und Einkommen. Auch die CDU Bremen positioniert sich, laut einer Stellungnahme gegenüber der Redaktion, klar gegen das bedingungslose Grundeinkommen:
„Das Prinzip des ‚Fördern und Forderns‘ hat sich im Grundsatz bewährt. Auch wenn Korrekturen an Details der Hartz IV-Gesetzgebung nötig sind, lehnen wir einen radikalen Umbau unseres Sozialstaats ab. Wir sind gegen ein ‚Bedingungsloses Grundeinkommen‘, weil es falsche Anreize schaffen und Einzelfallgerechtigkeit unmöglich machen würde.“
SPD ist zwiegespalten
Zwar möchte die SPD sich möglichst vom jetzigen Arbeitslosengeld II – allgemein als „Harz-IV“ bekannt – distanzieren. Das bedingungslose Grundeinkommen scheint hierfür jedoch offiziell nicht zur Debatte zu stehen. So äußerte sich der Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans laut der WZ kritisch bezüglich der Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens. Konkret in Bremen wurde zur Wahl 2019 zwar beispielsweise eine Kindergrundsicherung gefordert, ein BGE ist aber offiziell bei den Sozialdemokraten nicht im Gespräch.
Intern scheint diese Position jedoch nicht so klar zu sein. So berichtete die FAZ davon, dass eine SPD-Veranstaltung 2018 zum bedingungslosen Grundeinkommen mehrmals den Saal wechseln musste, da das Besucher*innenaufkommen unerwartet hoch war.
Bündnis 90/Die Grünen feilen an Konzepten
Auch die Grünen wollen sich von ‚Harz-IV‘ und seinen Folgen distanzieren. Dabei treten sie dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens weit offener entgegen als die Union. 2018 veröffentlichte die Partei eine Stellungnahme, wonach „über Möglichkeiten für eine Garantiesicherung für Kinder, junge und ältere Menschen oder gar für alle“ diskutiert werden würde.
Auch in Bremen treiben die Grünen bezüglich des bedingungslosen Grundeinkommens Konzepte voran. In ihrem Parteiprogramm 2019 forderten sie ein wissenschaftliches Modellprojekt zum BGE und schlagen dafür Bremen oder Bremerhaven vor.
DIE LINKE: Möglicher Mitgliederentscheid
Weil die Position zur bedingungslosen Grundsicherung parteiintern äußerst umstritten ist, hat der Parteivorstand 2018 beschlossen, die Haltung der LINKEN zum bedingungslosen Grundeinkommen offen zu lassen. Laut der Landessprecherin der LINKEN Bremen Cornelia Barth mobilisieren intern jedoch Befürworter*innen gegen diese Neutralität und für die bedingungslose Grundsicherung.
Durch das Sammeln von Unterschriften konnte eine Abstimmung über einen Mitgliederentscheid auf die Agenda des nächsten Bundesparteitag gesetzt werden. Barth betont jedoch, dass diese Abstimmung noch lange keine einstimmig positive Haltung der Partei sei. Es gäbe auch viele Gegner*innen des Konzeptes, die eine Initiativenbildung anstreben.
Die FDP hält an Sanktionssystem fest
Auch die FDP hat Konzepte zur Erneuerung einer Grundsicherung vorgelegt. Jedoch distanzieren sie sich dabei stark von der grün-roten Kritik an dem Sanktionssystem des Sozialstaates und sind gegen die Finanzierung durch Steuern. Um die Grundsicherung jedoch unbürokratischer zu gestalten, hat die Partei das Modell des liberalen Bürgergeldes vorgestellt.
Wegen des Beibehaltens des Sanktionssystems, auf das sich die FDP in einem Infopapier zum Bürgergeld beruft, ist das Konzept stark von anderen Modellen des Grundeinkommens abzugrenzen. Auch während der Corona-Krise verweisen die Liberalen auf das Konzept und fordern in ihrem Wahlprogramm dessen Einführung in Bremen.
Pia Reiter
Ulrike Hauffe meint
Eine interessante Zusammenstellung. Danke