Herzallerliebste Mama,
schon bevor du wusstest, wer oder was ich sein werde, hast du mich von ganzen Herzen geliebt. Eine Liebe, die nicht nur die neun Monate von deinem Herzen direkt in meins strömte. Eine Liebe, die mich zwischenzeitlich wie ein Defibrillator wiederbelebt.
Schon seit ich die Größe eines Nadelöhrs besaß, hast du mich versorgt.
… 40 Wochen lang mit den Nährstoffen deiner Essgelüste, dem Sauerstoff deines Atems, dem Platz in deinem Bauch. Schon damals konnte ich meinen Kohlenstoffdioxid bei dir ablassen. Nach meiner Geburt hat mir deine Brust eine Weiterentwicklung möglich gemacht. Die darauffolgenden Jahre waren eher geplagt von Erfindung des passenden Babybreis, dem Umgang mit sämtlichen Nahrungsunverträglichkeiten und der Befriedigung meines Dickkopfes; Zucchinipüree hat mir (und dir) letztendlich das Leben gerettet.
Heute bestehen deine lebenserhaltenden Versorgungen nicht mehr auf nahrungstechnischer Ebene. Zwar warst du nicht die Person, der ich eine nasse Schulter beim ersten Liebeskummer geschenkt habe. Dennoch hat mich dein Stolz, deine Zuneigung, einfach deine Existenz und Interaktion auf meiner Identitätssuche immer wieder entscheidet begleitet. Ich habe in dir gefunden, was ich gesucht habe und was ich vermisse. Genauso wie deine Ratschläge liebe ich es, dir die Richtigkeit deiner abgeratenen Entscheidungen zu beweisen.
Viele Menschen sprechen von der Existenz eines imaginären Bandes zwischen Tochter und Mutter. Ich würde eher von einem festen Ring sprechen, der, wie der eines Ehepaares, dein und mein Herz fest umfasst; nur lebenslang.
Du hast aus meiner Sicht das größte Wunder geschaffen, zu dem ein Mensch imstande ist; die Welt um ein Individuum vergrößert.
Ich hoffe, du wirst jeden Tag glücklich darüber sein, ein Teil von dir in einem anderen Wesen leben zu sehen, das sich zu einer eigenen Persönlichkeit entwickelt und seinen Erfolg immer geteilt genießt. Denn ein so großer Anteil wird deiner sein.
Ich hab dich lieb, Mama.
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