SOLIPARTY-Hinweis: Am 22.06.2024 könnt ihr mit den Schrotflintas zu Ehren ihres 1. Geburtstags in der Location „Altes Sportamt“ an der Weser von 21:00 – 04:00 einen wegschroten.
Fußball – ein Männersport?
Fußball, ein männerdominierter Sport, in welchem Frauen bis heute unterrepräsentiert sind. Zusätzlich auch ein bekannter Raum für toxische Männlichkeitsideale, Erfolg, Siege und Geld. Im Fußball zeigen sich noch immer die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft. Kurz zum geschichtlichen Hintergrund: obwohl Frauen schon immer Fußball spielten, von 1955 bis 1970 sprach der Deutsche Fußball-Bund dennoch ein offizielles Verbot für Frauenfußball aus. Die Gründe lagen dabei, nach damaligem Verständnis, glasklar auf der Hand: Fußball würde der weiblichen Anmut, dem Körper und der Seele schaden und zudem noch Schicklichkeit und Anstand zerstören! Oh Nein, Fußball, bitte nimm uns nicht unsere weibliche Anmut… – was sich anhört wie eine Horrorstory aus einem längst vergessenen Jahrhundert, ist erst einige Jahrzehnte her. Die Fußballerinnen ließen sich dieses Verbot jedoch nicht gefallen, und waren bereit, Bälle zu treten! Die Einführung der Frauen-Bundesliga wurde dann endlich 1989 beschlossen.
Langsam ändert es sich…
Die Sichtbarkeit der Frauen im Fußball wächst auf professioneller Ebene laaaaangsam. Wie sieht es dabei mit sportlichen Möglichkeiten für FLINTA* Personen aus, die gerne im Team kicken, oder sich einfach im geschützten Raum ausprobieren wollen? Tatsächlich finden deutschlandweit bereits Fußballturniere und Sportcamps für FLINTA*-Personen statt. In Bremen wurde 1993 die Wilde Liga Bremen gegründet, ein Ort für alternativen Fußball, ein Raum, in welchem Leistungsunterschiede nicht im Fokus stehen. Ein geeigneter Ort für FLINTA*-Personen, für sich einen Safe Space des Respektes und der Hilfsbereitschaft zu schaffen. Doch bis Mai 2023 gab es so einen Ort für FLINTA*-Personen in der Wilden Liga nicht. Der Grund, wieso sich hier etwas ändern musste, lag also auf der Hand. Dies, und ein feucht-fröhlicher Kneipenabend führten zu der längst überfälligen Geburtsstunde der Schrotflintas. Eine Schnapsidee mit Tiefgang auf dem Vormarsch!
Die Bremer Schrotflintas
Seit Mai 2023 besteht das Team der Schrotflintas – das erste und einzige FLINTA*-Team in der Wilden Liga in Bremen. Ein Zusammenschluss von Menschen, die weit mehr als nur ein Amateur-Fußballteam sind, und in manchen Herangehensweisen sicherlich auch deutlich anders. Ein Hauptziel der Schrotflintas: mit dem binären Geschlechtersystem brechen!
Auf die Frage, wie die interne Organisation abläuft, ernte ich Lachen und ein leichtes „Wir machen alles!“. Wo andere Mannschaften dank eines Vereins einen festen Platz mit Umkleidekabinen haben, läuft es bei den Schrotflintas rudimentärer ab. Diverse Arbeitskreise organisieren jedes Treffen in Eigenregie, ein Trainingscamp wurde bereits ins Leben gerufen, Merch kreativ gestaltet und bedruckt und ganze Spielwelten geschaffen. Auch wenn diese Tätigkeiten zwischendurch zu den anstrengenden Aufgaben gehören können, lässt es sich gemeinsam als Team gut meistern. Die Aufgabenverteilung sorgt für eine enge Verbundenheit und ein hohes, gruppeninternes Verantwortungsbewusstsein. Wie auch in anderen Teams muss sich auf die andere Person verlassen werden können, damit es rund läuft.
Mit Spaß und ohne Hierarchien
Der Spaß und das Team steht im Fokus, auch wenn individueller Leistungsanspruch hin und wieder im Gespräch ist. Manche sind nur zum lockeren Spielen da, und andere wollen im Rahmen der Wilden Liga eventuell mehr erreichen. Bei den Schrotflintas wird offen gesprochen und Leistung eher durch gemeinschaftliches Lernen ersetzt. Gemeinsam wird auf ein Ziel hingearbeitet, wobei jede Trainingseinheit anders aussehen kann und von den erfahrenen Spieler*innen aus der Mannschaft geleitet wird. Eine klassische Trainer*in gibt es nicht, denn die Schrotflintas teilen sich den Platz nicht mit Hierarchiestrukturen. So kann sich jedes Mitglied auch immer an einer anderen Spielposition ausprobieren und testen, wo die persönlichen Stärken im Sport liegen. Es dürfen Fehler gemacht werden, um als Team weiter daran zu wachsen. Müssen sogar … interessant ist hier die Erkenntnis, dass die weibliche Sozialisierung, die einige der Schrotflintas erlebt haben, da manchmal im Weg stehen kann. Dieses elende Laster, sich häufig zu entschuldigen, anstatt Fehler selbstsicher hinzunehmen und als Teil der Mannschaft mitlaufen zu lassen. Manchmal wollen wir doch alle einmal die eigene Aggressivität zulassen, rauslassen, am richtigen Ort einsetzen …
Fußball lehrt viel, wahrscheinlich am ehesten, wie schwierig dieser Sport sein kann. Einen Gegenstand mit unglaublicher Eigendynamik in Einklang mit deinem niedrigsten Körperteil zu bringen, kann herausfordern. Frustration vorprogrammiert, eine gesunde Fehlerkultur kann als Lösungsnetz dienen. Auch wenn die Schrotflintas viele Tore kassieren, den Teamgeist lassen sie sich dabei niemals nehmen. Worum es beim Fußball für jede Person am Ende geht, ist so bunt wie das Team und der Sport selbst.
Anneke Wissmann
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