Auf der Bühne wirbeln Akrobaten durch die Luft. Servietten tanzen mit dem goldenen Besteck um die Wette, dabei bringt ein charmanter Kerzenständer das Publikum zum Schmunzeln. Das ist das Musical „Die Schöne und das Biest“.
Seit Mittwoch den 8. Dezember bringt das Budapester Operettentheater den Disney Klassiker auf die Bühne des Metropol Theaters in Bremen. Bis Sonntag, den 12. Dezember.2021 wird das Musical zu sehen sein.
Plot – worum geht’s?
Die Geschichte beginnt mit Belle in einem verschlafenen französischen Dorf. Sie sehnt sich nach mehr, möchte nicht den Dorf Schönling Gaston heiraten, der ihr den Hof macht und fühlt sich alleine unter den Dorfbewohner*innen. Währenddessen lebt ein Prinz, wegen seiner Oberflächlichkeit zum Biest verflucht, mit seinen zu Gegenständen werdenden Diener*innen im düsteren Schloss. Der Fluch kann nur durch die wahre Liebe gelöst werden.
Als Belles schrulliger Vater, von Wölfen verfolgt, im Schloss Zuflucht suchen muss, nimmt das Biest ihn gefangen. Belle findet ihren Vater im Schloss und bietet ihr freies Leben für das Leben ihres Vaters an. Das Biest akzeptiert den Handel und von nun an muss Belle im Schloss leben. Sie fängt an, durch die Kupplungsversuche der Dienerschaft, in Form von belebten Haushaltsgegenständen, die Menschlichkeit im Biest zu sehen und die beiden kommen sich näher. Die Geschichte nimmt ihren Lauf.
Wie war’s?
Die Darsteller*innen des Budapester Operettentheaters bestechen mit überzeugenden schauspielerischen und musikalischen Leistungen. Die einstudierte deutsche Übersetzung ist beeindruckend, die Tanznummern extravagant und die Kostüme entführen in eine märchenhafte Parallelwelt. Wer mit dem filmischen Disney-Klassiker aufgewachsen ist, wird mit vielen nostalgischen Momenten beschenkt. Und auch die Original Disney Songs aus dem Film werden hier mit besonders viel Ekstase performt. Wer nach Eskapismus sucht, wird hier fündig werden.
Aber
Das Musical ist eben eine Adaption eines klassischen Disney Renaissance Films. Sogar Disney hat inzwischen eine neuere Version, die ein etwas moderneres Frauenbild aufweist, veröffentlicht. Der ursprüngliche „Die Schöne und das Biest“-Film ist aus dem Jahr 1991. Das darauf basierende Broadway Musical Musical ist aus dem Jahr 1994, welches nun in in deutscher Fassung aufgeführt wird. Das heute einige Aspekte meiner Meinung nach in die Kategorie „schlecht gealtert“ fallen, ist also nicht verwunderlich.
Belle ist eine waschechte Postfeminismus Heldin, sie ist anders als die plebejischen Dorfbewohner, sie liest Bücher und will nicht nur Kinder bekommen und dann noch für einen Mann den Haushalt schmeißen #notlikeothergirls. Bei Gaston wehrt sie sich selbstbestimmt gegen seine übergriffigen Annäherungsversuche, er ist mit seinem offensichtlichen Sexismus der Bösewicht der Geschichte. Auf der anderen Seite wird das Biest als der Gute dargestellt, in den sie sich trotz Gefangenschaft, Erpressung und genereller Respektlosigkeit seinerseits verliebt. Sie übernimmt Care Arbeit, erzieherische Funktionen und macht ihn zu einem besseren Menschen. Yay, Belle!
Auch die Lehre des Märchens über Äußerlichkeiten hinwegzuschauen, erscheint mir unschlüssig, da sich das Biest in Belle die Schönste im ganzen Dorf, deren Name *literally* in Schönheit übersetzt, verliebt. Also muss Belle über sein Aussehen und seinen anstrengenden Charakter hinwegschauen, aber was lernt er dabei?
Außerdem frage ich mich, ob es wirklich nötig, geschweige denn zeitgemäß ist, den einzigen schwulen Charakter Lefou als Clown zu schminken und erbärmlich Gaston hinterherlaufen zu lassen, während das Publikum eingeladen wird über ihn zu lachen. Auch die Entscheidung den weiblichen Mitgliedern des Cast in Tanzszenen auf den Hintern zu hauen, muss vielleicht einfach nicht sein.
Wer also nach ein bisschen märchenhafter Ablenkung sucht, findet sie hier. Wer aber einen Blick für Sexismen und Queerfeindlichkeit hat, findet sie hier leider auch und sollte sich darauf einstellen.
Wenn ihr euch das Musical im Metropoltheater anschauen wollt, könnt ihr dies noch bis zum 12.12.21 tun. Karten im Onlineshop sind hier zu finden.
Die nächsten Aufführungen sind am 9. und 10. Dezember um 19.30 Uhr.
Maria Slüter
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