Auf dem Weg zu einem neuen Familienmodell?
Die 2013 veröffentlichte Studie des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung in Berlin zu „Lebensentwürfen heute – Wie junge Frauen und Männer in Deutschland leben wollen“ ergab unter anderem, dass sich viele junge Frauen und Männer in Deutschland einen „gelungenen Ausgleich zwischen Beruf und Familie“ wünschen. Dabei soll weder Beruf noch Familie im Leben zu kurz kommen. Gleichzeitig ergab die Studie, dass die jungen Frauen häufig in Teilzeit arbeiten, aber gerne mehr arbeiten würden. Die Männer hingegen überwiegend in Vollzeit arbeiten, jedoch gerne weniger Stunden arbeiten würden. Auch in dieser Studie zeigt sich mal wieder, dass die Wünsche der jungen Menschen nicht der Realität entsprechen. Ein familienpolitischer Ansatz, der versucht diesen Bedürfnissen entgegen zu kommen, ist das ElterngeldPlus.
Was sind die Ziele von ElterngeldPlus?
Mit Inkrafttreten des Elterngeldgesetzes am 1. Januar 2007 brachte die damalige Bundesregierung ein Instrument auf den Weg, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern sollte. Das Ziel war es, einen Anreiz dafür zu schaffen, Kinder zu bekommen, ohne große finanzielle Verluste in Kauf nehmen zu müssen. Dabei erhalten Elternteile, die für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben, in den ersten 12 Lebensmonaten (bzw. 14 Monaten, wenn beide Elternteile in Elternzeit gehen) des Kindes zwischen 65 und 67 Prozent ihres durchschnittlichen Nettoeinkommens. Seit dem 1. Juli 2015 gibt es ergänzend zum Elterngeld das so genannte ElterngeldPlus. Das ElterngeldPlus möchte beiden Elternteilen ermöglichen, sowohl Betreuungsarbeit zu leisten als auch frühzeitig wieder in den Beruf einsteigen zu können. Wenn beide Elternteile eine Zeit lang gleichzeitig in Teilzeit arbeiten, erhalten sie sogar vier Monate extra Elterngeld, den so genannten Partnerschaftsbonus. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig formuliert es dabei folgendermaßen: „Das Elterngeld Plus ist eine neue Leistung für die Generation Vereinbarkeit“. Es zielt damit also genau auf jene jungen Menschen die sich in der Studie zu Lebensentwürfen heute ein solches Lebenskonzept wünschen.
Und wie sieht die Realität junger Eltern aus?
Für das Modell ElterngeldPlus gibt es leider noch keine aktuellen Statistiken, die eine Veränderung belegen könnten. Die Zahlen des bisherigen Elterngelds zeigen allerdings deutlich, dass nur wenige Männer eine langfristige Auszeit aus dem Beruf nehmen. Die durchschnittliche Elternzeit von Vätern lag laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2014 bei 3,1 Monaten (in Deutschland). In Bremen sogar bei 4,2 Monaten. Immerhin waren es 80 % der Väter, die im Jahr 2014 in Elternzeit gegangen sind – ein kleiner Anfang also. Ein Erfolg wäre es, wenn sich auch das Elterngeld Plus stärker durchsetzt und somit die Wünsche der jungen Menschen umsetzbarer werden. Zumindest theoretisch sind die Rahmenbedingungen für ein partnerschaftliches Familienmodell geschaffen, in der Umsetzung müssen aber noch immer viele Hürden genommen werden.
Praktisch muss sich das Modell innerhalb der Betriebe umsetzen lassen. Da Teilzeitarbeit bisher in der Regel ein Garant für einen Stillstand oder gar einen Rückschritt auf der Karriereleiter bedeutete, stellt sich die Frage, ob das Elterngeld Plus den Weg zu mehr Akzeptanz von Teilzeitarbeit schaffen kann. Hierbei bedarf es natürlich gesellschaftlich und betrieblich einer höheren Wertschätzung von Teilzeitarbeit. Gleichzeitig müssen auch traditionelle Rollenverteilungen in der Betreuungs- und Lohnarbeit überwunden werden, damit vielleicht sogar beide Elternteile gleichzeitig Karriere und Familie leben können.
Doch nicht nur die Akzeptanz spielt eine große Rolle, sondern auch die finanzielle Machbarkeit: Auch wenn es einen finanziellen Ausgleich für den Lohnverlust gibt, steht am Ende einer Elternzeit oft ein Minus. Nur wer ausreichend verdient, kann einen solchen Verlust problemlos tragen. Und besonders die Anfangszeit der Elternzeit, in der der Antrag auf Elterngeld gestellt werden muss, muss finanziell gestemmt werden können. Da der Antrag erst nach der Geburt des Kindes gestellt werden darf und mit einer Bearbeitungszeit von zwei bis drei Monaten gerechnet werden kann (zumindest in Bremen), braucht es ein finanzielles Polster um den Verdienstausfall ausgleichen zu können. Diese finanziellen Ausfälle können nur von Besserverdienenden getragen werden.
Welche Auswirkungen hat das Elterngeld Plus auf Lebens- und Familienmodelle?
Mit Blick auf aktuelle Lebens- und Familienmodelle zielt das ElterngeldPlus deutlich auf eine partnerschaftliche Betreuungs- und Lohnarbeit beider Elternteile ab. Durch einen schnellen Wiedereinstieg der Mutter in das Erwerbsleben und einen finanziellen Anreiz für den Vater in Teilzeit zu arbeiten, kann die Betreuungsarbeit aufgeteilt werden ohne dass auf fremde Betreuung zurück gegriffen werden muss. Idealerweise nähern sich also beide Elternteile in ihrer Betreuungs- und Lohnarbeitszeit an und teilen diese gerecht untereinander auf.
Was theoretisch gut klingt, muss sich praktisch allerdings erst beweisen. Das ElterngeldPlus bietet gute Rahmenbedingungen, um partnerschaftlich zu leben und Betreuungsarbeit neben Lohnarbeit gerecht aufzuteilen. Damit es sich erfolgreich durchsetzt müssen aber noch die bestehenden Baustellen bearbeitet werden: Arbeitgeber*innen müssen eine Teilzeit ermöglichen, ohne dass den Eltern zukünftig ein Nachteil daraus entsteht, gesellschaftlich muss noch immer Akzeptanz für Teilzeitarbeit geschaffen werden und generell braucht es Vorreiter, die zeigen dass es machbar ist. Das ElterngeldPlus dient dabei den Wünschen der jungen Menschen nach einem besseren Ausgleich zwischen Beruf und Familie und fördert ein partnerschaftliches Familienmodell.
Quellen:
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (2013): Lebensentwürfe heute. Wie junge Frauen und Männer in Deutschland leben wollen
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2016): Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit – Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
Franziska Laudenbach
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