Diesen Freitag, am 29. Oktober findet in der Schwankhalle der Equality Slam der Universität Bremen statt. Zehn Künstler*innen aus ganz Deutschland werden mit ihren Performances Erfahrungen zu den Themen Rassismus, Benachteiligung und Diskriminierung in der Wissenschaft sowie Sexismus im Hörsaal ansprechen. Begleitet wird der Abend durch die Moderation der preisgekrönten Comedienne, Schauspielerin und Youtuberin Idil Baydar. Im Fokus des Equality Slams steht die Chancengleichheit und Beitragsvielfalt. Am Ende des Abends wird es kein*e Gewinner*in geben, sondern zahlreiche Erkenntnisse über die Missstände in der Wissenschaft und im Hochschulwesen.
Anlässlich hierzu möchten wir Euch die Künstler*innen „Einfach Nur“ und Patience Amankwah alias C-I-O vorstellen. Beide sind Studierende der Universität Bremen und treten am Freitag ebenfalls in der Schwankhalle auf. „Einfach Nur“ studiert Soziologie und Erziehungs- & Bildungswissenschaften und möchte ihrer Generation durch Poetry Slams Sichtbarkeit und Gehör verschaffen. Patience Amankwah alias C-I-O studiert Germanistik, English-Speaking Cultures und Bildungs- & Erziehungswissenschaften. Wir durften „Einfach Nur“ und Patience Amankwah alias C-I-O ein paar Fragen stellen. Vor dem Equality Slam möchten wir die Antworten der beiden Künstler*innen mit Euch teilen.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen und worum ging es in Deinen ersten Texten?
Einfach Nur: „Im Rahmen meines Deutsch Leistungskurses haben wir interkulturelle Lyrik behandelt und sollten uns dann eine Form des kreativen Schreibens aussuchen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir Poetry Slams immer mal wieder angeschaut und mir vorgenommen, dass ebenfalls mal auszuprobieren.
Mein erster Text bearbeitet die Identitätssuche und die Herausforderungen als Person die zwischen zwei Kulturen aufwächst und lebt.“Patience Amankwah alias C-I-O: „Sprache und Mehrsprachigkeit haben in meinem Leben schon immer eine sehr große Rolle gespielt. Aber auch das Tanzen und Musizieren, beide Ausdrucksformen begreife ich als Kommunikationsmittel, waren für mich, soweit ich mich zurückerinnern kann Möglichkeiten, mich auszudrücken und mitzuteilen und wurden auch konkret von meiner Mutter gefördert. Ich habe daher beispielsweise schon ganz früh angefangen, eigene Liedtexte zu schreiben. Darüber kam ich dann zum Schreiben von Kurzgeschichten und dann später erst zu Texten, die ich selbst als Dichtung bezeichnen würde.
Ich kann gar nicht mehr genau sagen, was der Inhalt meines ersten Textes war, ich erinnere mich allerdings daran, dass einer meiner ersten Wörter, die ich richtig geschrieben habe, „Spinne“ (auf Deutsch) war, was ich in der Retrospektive der Asante Folktales, die ich neben den Disney Stories und Grimms Märchen oft von meiner Mutter erzählt bekommen habe, zuschreiben würde.“
Was bedeutet Poetry Slam für Dich? Wen möchtest Du mit Deinen Texten erreichen?
Einfach Nur: „Poetry Slam ist eine Möglichkeit von vielen Künsten, die eigene Realität, verflochten, verspielt, offensiv oder versteckt abzubilden und vielleicht sogar einen Diskurs anzuregen. Erreichen möchte ich die, die sich warum auch immer dazu entschieden habe, 5- 7 Minuten ihrer Lebenszeit damit zu verbringen mir ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu geben und wenn ich dabei nachhaltig wertvolle Gedanken hervorbringe, freu ich mich nicht nur ein wenig.“
Gibt es einen Ort in Bremen, der Dich inspiriert?
Einfach Nur: „Ich hab bisher generell noch keinen Ort gefunden an dem ich besondere Inspiration schöpfen konnte oder es noch nicht wahrnehmen können.“
Hast Du eine Lieblings-Slammer*in? Wer gefällt Dir besonders gut und weshalb?
Einfach Nur: „Sulaiman Masomi schafft es mit viel Witz und Humor ernsthafte sowie kontroverse Themen einzubetten in ein unterhaltsamen Text der dich in einen kleinen Bann zieht, wo du gespannt auf den nächsten Vergleich der um die Ecke geht wartest oder die sarkastische Anmerkungen. Für mich eine sehr erstrebenswerte Fähigkeit.“
Patience Amankwah alias C-I-O: „Einige der Dichter_innen, die mich auf meinem Weg geprägt haben und die mich durch mein Wissen über sie darin bestärkt haben, meine Sprache über den künstlerischen Ausdruck des Dichtens weiterzuentwickeln, würde ich sagen, sind beispielsweise May Ayim, Audrey Lord, bell hooks und Maya Angelou.
Zwei weitere Personen in meinem Leben, die mich aber darüber hinaus schon immer inspiriert haben, sind meine Schwester und meine Ma, die unglaublich lustig und wortgewandt sind, besonders bezogen auf Redewendungen, Sprichwörter, Rätsel, Zungenbrecher und unsere Symbolsprache.
Weiter find ich die Arbeit von Künstler_innen wie Missy Elliott, Darkoo, Teni, Koffee, Cynthia Erivo, Amber Mark und Amindi überaus beeindruckend.“
Das Konzept des Equality Slams unterscheidet sich von anderen literarischen Wettbewerben. Die Leistungen der Teilnehmenden werden nicht bewertet. In unserer Wettbewerbsgesellschaft scheint das die Ausnahme zu sein. Wie stehst Du zum diskriminierenden Bewertungsprinzip vor allem in Bildungseinrichtungen? Was muss verändert werden, damit weniger Diskriminierung in Bildungseinrichtungen stattfindet?
Patience Amankwah alias C-I-O: „Zunächst einmal ist bei mir bezogen auf den Titel die Frage nach dem Warum entstanden? Warum heißt die Veranstaltung eigentlich „Equality Slam“? Für mich klingt es widersprüchlich.
Denn dass es sich nach wie vor um einen Wettbewerb handelt, für den ebenso eine Auswahl von Bewerber_innen ausgewählt wurde und somit eine Bewertung der künstlerischen Leistung stattgefunden hat, ist offensichtlich. Da musste ich schon schmunzeln, als mir das aufgefallen ist. Dieser Titel ist aber gerade bezüglich der Dichtkunst in unserem gesellschaftlichen Kontext total bezeichnend, denn gemeinhin wird Poetry fast immer in Verbindung eines Wettstreites gedacht.“
Der Equality Slam an der Universität Bremen, soll den Blick auf diskriminierende Strukturen im Hochschulwesen werfen. Was für Reaktionen wünscht Du dir?
Einfach Nur: „Ich wünsche mir, dass das Bedürfnis wächst aktiv darauf hinzuweisen und das Problem zu benennen. Wir können uns nicht mit dem Verständnis einer alternativen, aufgeschlossenen oder liberalen Hochschule brüsten, wenn das Grundgerüst durchzogen ist von struktureller Diskriminierung die zu enormer Benachteiligung führen kann. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir uns vergegenwärtigen, dass wir als Studierende nicht machtlos sind und uns eigenverantwortlich einbringen können um den Ort des Miteinanders so angenehm wie möglich zu gestalten.“
Gibt es ein Thema, welches Dich momentan besonders beschäftigt? Welche Themen sollten im Poetry-Slam kritischer betrachtet und aufgegriffen werden?
Einfach Nur: „Mich nervt die Art und Weise wie wir miteinander reden. Wir wollen uns nicht mehr austauschen um das Glas aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Nein, wir nehmen das Glas uns schmeißen es gegen die Wand und schauen dabei zu wie sich unsere Mitmenschen an den Splittern schneiden. Der harmonische Austausch wo wir bereit sind zuzuhören und voneinander zu lernen fehlt mir. Diskussionen sind leider häufiger eine Bühne für einzelne Personen geworden die sich in ihrer Illusion von absoluter Meinung bestärken und selbst verarschen.“
Patience Amankwah alias C-I-O: „Ich selbst verorte mich bisher nicht in der Poetry-Slam-Szene, daher kann ich mich dazu gar nicht so großartig äußern. Aus der Erfahrung, die ich als Person aus dem Publikum und auch im Austausch mit anderen Poet_innen gemacht habe, fände ich es allerdings wünschenswert, wenn intersektionale Perspektiven mehr Space in dieser Szene bekommen würden.“
Die Veranstaltung in der Schwankhalle ist bereits ausverkauft. Es gibt aber noch Restkarten an der Abendkasse. Vorbeischauen lohnt sich! Zudem wird der Equality Slam ab 20 Uhr im Livestream übertragen. Hier könnt Ihr die Tickets für den Livestream erwerben. Lasst die Beiträge der Slammer*innen auf Euch wirken. Holt Euch wichtiges Diskussionsmaterial für den nächsten Besuch in der Kneipe oder dem kommenden Seminar. Setzt Euch für eine antirassistische und antisexistische Gesellschaft ein. Wir sind sehr gespannt und freuen uns, dass die Universität Bremen Rassismus- und Sexismuserfahrungen eine Bühne bietet.
Lilli und Emilia
Schreibe einen Kommentar