Jordan Tanner, Linus Wirth und Canan Venzky treten mit „Fat Fucks“ im Rahmen von SOLO – Festival für künstlerische Alleingänge am 25.05. in der Schwankhalle auf. Die Performance fängt um 18 Uhr an. Um 19 Uhr wird es ein Gespräch mit Katharina Bill geben. Beides ist kosten- und barrierefrei.

»So when you go solo, you hold your own hand«
Das Festival findet dieses und nächstes Wochenende statt und umfasst insgesamt sechs verschiedene Performances, die teilweise mehrfach aufgeführt werden. Ihr findet diese in unserem Veranstaltungskalender. Wir empfehlen jede Veranstaltung!
„Überall ein wenig dreckig und nervig, aber trotzdem irgendwie süß.“
Die drei Performer*innen treten als Teil vom Straßentauben Kollektiv auf. Kennengelernt haben sich die Tauben in einem Theaterseminar. Geleitet wurde das Seminar von zwei alten weißen cis-Männern. Sie sagen: „Wir wollen selber Entscheidungen treffen“. Ihr erstes Stück ist Momo. Menschen fragen sie: Wie heißt ihr eigentlich als Gruppe?
Aus einem Inside Joke unter Freund*innen darüber, die Rapper*innen-Crew „die Straßentauben Gang“ zu sein, wurde das Straßentauben Kollektiv. Sie existieren seit 2019 und sind zwischen 13 bis 20 kreative Menschen, die mal hier und mal dort an Projekten mitwirken. Es gibt keine Hierarchien, keine festen Rollen. Es gibt nur Projekte, auf die man lust hat und dann wird gemacht, was gebraucht wird.
Jordan Tanner, Linus Wirth und Canan Venzky sind zum ersten Mal in der Konstellation zusammen mit „Fat Fucks“.
Vor zwei Jahren nahm Canan an einem Workshop von Katarina Bill teil. Es ging um fette Körper auf der Bühne. Canan war inspiriert, hatte so etwas noch nie vorher erlebt. Die Idee für „Fat Fucks“ war geboren. Den Titel haben die drei von Anfang an geliebt. Die nächsten zwei Jahre wurden fleißig Anträge geschrieben und endlich sind sie auf der Bühne zu sehen.
Gemeinsam einsam
Drei Menschen, drei Körper, drei Monologe und drei unterschiedliche Erfahrungen mit fattness.
Sie haben alleine an ihren Monologen gearbeitet. Es ist viel Ehrlichkeit dabei was manchmal angsteinflößend war, erzählen sie. Auf der Bühne sind sie allerdings nicht alleine. Sie unterstützen sich gegenseitig beim Erzählen ihrer Geschichte.
Canan erzählt von deren Mutter. Mutter-Kind Beziehungen seien eingefärbt von Diätkultur und Fettfeindlichkeit. Der Monolog funktioniert jedoch ohne Schuld und „finger-pointing“. Es sei ein gesellschaftliches Problem, so Canan.
Bei Jordan geht es um eine immer mitgedachte Version von einem selbst, die nicht fett ist. Sowohl von sich selbst als auch von Menschen um einen herum. Es geht um ein „Wie könnte diese Person aussehen?“, „Ich wünschte, ich könnte diese Hose tragen“, „Ich wäre bestimmt selbstsicherer, wenn ich dünner wäre“. Das alles sind alte Glaubenssätze, Zuschreibungen, die nicht zutreffen und doch können sie verdammt gut haften bleiben.
Der Monolog von Linus ist durchzogen von einem Diätenwahn. Hierbei geht es viel um eigene Erfahrungen mit Diäten. Linus betont noch einmal, wie ehrlich diese Monologe sind.
Sie erzählen aber auch, dass diese Ehrlichkeit weniger angsteinflößend ist, als gedacht. Vor allem nach der Hauptprobe verschwand das ängstliche und wich anderen Beschreibungen: kämpferisch, verletzlich, und besonders: verbindend.

Alles ist politisch!
Mit dem Begriff und der Bewegung „Body Positivity“ können die drei wenig anfangen. Vielleicht ist der Begriff etwas gewesen, was in der eigenen Jugend mal empowerend war. Eine Bewegung, die in ihren Anfängen Stärken hatte. Eine Bewegung, die vor allem von schwarzen Frauen kam, die dick waren und „nicht nur drei Röllchen, für die man extra etwas herübergebeugt auf Instagram posieren muss“. Es geht nicht um medium slim, es geht um fattness!
Und es geht um eine strukturelle Diskriminierung, die aktiv von rechten Ideologien benutzt wird, die faschistisch ist! Das klarzustellen, ist den Performer*innen wichtig.
Sie finden den Begriff „body neutrality“ passender. Zu sagen: Das sind unsere Körper, mit denen reden wir, mit denen essen wir, mit denen atmen wir, laufen wir, mit denen haben wir Sex. Das ist für alle dasselbe und muss es auch sein. Auch Körper mit Behinderungen müssen da eine Rolle spielen. Dafür braucht es einen politischen Begriff.
Und politisch ist auch die Performance. Denn für die Performer*innen gibt es keine Trennung zwischen Politik und Kunst. Alles ist immer und überall politisch. So ist auch das Thema Fettfeindlichkeit politisch, besonders auf dieser Bühne. Denn es werden offen faschistische Hintergründe benannt.
Der Flyer für das SOLO Festival fängt mit einer Stelle aus meinem Lieblingsgedicht von Fiona Apple an: „So when you go solo, you hold your own hand […]“. Das ist zwar etwas, was die Performer*innen von „Fat Fucks“ nicht tun müssen und auch nicht tun wollen. Sie kämpfen gemeinsam und unterstützen sich auf der Bühne. Sie wollen verbinden. Eine Kollektivität schaffen. Doch auch sie werden vielleicht den Rest des Gedichts inspirierend finden: „[…] and remember that depth is the greatest of heights. And if you know where you stand, then you know where to land. And if you fall, it won’t matter, cause you know that you’re right.“
Hannah P.
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