Wahrscheinlich hast du schon mal vom Greenwashing gehört, bei dem Unternehmen politische Themen dazu nutzen, um kapitalistischen Gewinn zu erzielen. Ähnlich ist es auch beim Femwashing. Nur geht es hierbei eben nicht um vermeintliches Interesse an Themen rund um den Umweltschutz, sondern vorgeheucheltes Interesse an feministischen bzw. frauenrechtlichen Themen. Denn Feminismus ist ja „nun endlich wieder cool“. Deswegen tragen wir auch stolz unsere T-Shirts mit „#Girlboss“-, „Feminist“- und „Empower Women“-Aufdruck.
Es ist jedoch längst kein Geheimnis mehr, dass Kleidungsstücke von vielen Fast Fashion Marken unter fürchterlichen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. In ihrer Kolumne Mode ist eine feministische Angelegenheit weist die Aktivistin Dariadaria darauf hin, dass eben nicht nur der Großteil der Käufer*innen dieser Kleidung weiblich ist, sondern auch der produzierenden Personen.
Warum beuten wir die Frauen, die unsere T-Shirts herstellen dann aus, anstatt sie zu empowern, so wie unsere T-Shirts es stolz verkünden? Deswegen fordert Dariadaria:
„Ziel ist nicht Gleichberechtigung für weiße Frauen aus der Mittelschicht im globalen Norden, sondern globales Empowerment von Frauen.“
Feminismus zum Wohlfühlen?!
Natürlich ist es lobenswert, dass Feminismus im Mainstream und der Pop-Kultur angekommen ist und somit eine breite Masse an Menschen erreicht. Oftmals handelt es sich dort aber um eine Variante vom Feminismus, die medientauglichere Inhalte thematisiert und oft auch als Feel Good-Feminismus bezeichnet wird. Beim Feminismus geht es aber doch nicht darum, sich wohlzufühlen. Es geht um einen Kampf um Gleichberechtigung, darum, bestehende Systeme zu verändern. Oder?
Laut Andi Zeisler schließen sich der neue Wohlfühl-Marktplatz-Feminismus und der „klassische“ politische Feminismus jedoch nicht aus. In ihrem Buch Wir waren doch mal Feministinnen: Vom Riot Grrrl zum Covergirl schreibt sie:
„Da ich die Popkultur aus tiefster Überzeugung für eine weltverändernde Kraft halte, gebe ich auch die Hoffnung nicht auf, dass sich eine vom Feminismus schon halbwegs geprägte Kultur diese Kraft zunutze machen und den Weg zu Ende gehen wird.“
Also keine feministischen T-Shirts mehr?
Aber kommen wir doch noch einmal auf die feministischen T-Shirts zu sprechen. Diese scheinen nämlich zum Symbol fürs Femwashing und damit einhergehenden Kontroversen geworden zu sein. Egal ob bei H&M für 15 Euro oder bei Dior für 620 Euro.
(Mittlerweile gibt es auch viele nachhaltig und fair produzierte Marken, die Kleidung mit bestärkenden Aufdrucken verkaufen. Ein paar unserer Favoriten haben wir euch hier, hier, hier & hier verlinkt)
All das soll nämlich nicht darauf abzielen, dass ihr sofort eure „Girl Power“-Shirts in die Mülltonne schmeißt. Vielmehr soll es darum gehen, dass wir uns alle informieren. Recherchiert, was mit dem Geld passiert, welches wir diesen großen Unternehmen mit dem Kauf dieser Shirts geben.
Feminismus selbstgemacht: Pussyhats
Außerdem: Solidarität zeigen muss nicht immer teuer sein. Ein Beispiel hierfür sind die Pussyhats, die hunderttausende von Frauen nach der Amtseinführung von Donald Trump beim Women‘s March 2017 getragen haben. Ein DIY-Projekt mit symbolischen Tiefgang – auf mehreren Ebenen. Der Name Pussyhat ist hierbei eine Anspielung auf die vulgäre und frauenverachtende Aussage Trumps „grab her by the pussy“, die vor ein paar Jahren durch die Medien ging.
Selbst die Tatsache, dass die kleinen pinken Strickmützen mit den spitzen Katzenohren selbstgemacht wurden, hat eine Bedeutung. Autonomie ist hier das Zauberwort. Ich bin in der Lage mir meine Mütze selbst zu stricken und ich bin erst recht in der Lage mir meinen eigenen Lebensentwurf selbst zu stricken.
Was nehmen wir jetzt also für die Zukunft mit? Femwashing oder Marktfeminismus müssen nicht zwangsläufig den Untergang der Frauenrechtsbewegung bedeuten. Schließlich nutzen große Unternehmen ihre enorme Plattform, um auf Themen aufmerksam zu machen, die uns am Herzen liegen. Und genau das wollen wir doch auch eigentlich. Trotzdem haben wir als Konsument*innen auch das Recht, diese Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen oder unser Geld für sich sprechen zu lassen.
Oder wir machen es im Stil à la Pussyhat und nehmen es selbst in die Hand, mit welcher Kleidung oder welchen Symbolen wir unsere Solidarität ausdrücken. Denn ja, Feminismus ist cool und das können wir ruhig nach außen zeigen!
Melissa Eiseler
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