Klar, über Geschmack lässt sich streiten, doch sollten wir uns einen Film anschauen, der häusliche Gewalt glorifiziert?
Ich habe das gleichnamige Buch, auf welchem dieser Film basiert, nicht gelesen, doch wurde ich unweigerlich mit der Thematik und dem Inhalt durch meinen Freundeskreis und die Öffentlichkeit konfrontiert. Also las ich mir einzelne Auszüge und unterschiedliche kritische Zusammenfassungen durch (siehe hier) und rege mich nun auf, dass dieser Roman, der aus einer Twilight Fanfiction hervorging und zudem nicht sonderlich gut geschrieben ist, nun auch noch verfilmt wurde.
Für die Unwissenden unter uns, einmal kurz zum Inhalt. Christian Grey stellt einen sadistischen Kontrollfreak dar, der seine komplizierten psychosexuellen Probleme an Frauen, wie der sexuell vollkommen unerfahrenen Anastasia Steele, auslässt. Schon ab deren ersten Begegnung versucht er, komplette Kontrolle über ihr Handeln zu erlangen. Sie muss einen sehr detailliert ausgearbeiteten Sexvertrag unterschreiben und ihm erlauben, die Art der Verhütung zu bestimmen. Als wäre dies nicht schon genug, verfolgt er sie, isoliert sie von ihren FreundInnen und Bekannten und droht ihr, sie jederzeit und überall finden zu können.
Da der Roman aus Anastasia Steeles Sicht geschrieben ist, können die LeserInnen ihre Ängste und Sorgen vor Grey und seinem Verhalten durchgehend miterleben, wie zum Beispiel während einer der, wie ich finde, falschinterpretierten BDSM (kurz für „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“) Szenen, nach denen sie verstört und weinend zurückbleibt. Es kommt darüber hinaus dazu, dass Steele an sich selbst zweifelt und denkt, sie sei für sein Verhalten verantwortlich. Also, für mich hört sich das nach keiner gesunden und glücklichen Partnerschaft an.
Wie schon das Buch, so wird womöglich auch der Film, Gewalt, Vergewaltigungen und Stalking romantisieren. Er wird das Verhalten Greys rechtfertigen, indem auf seine durchaus traumatische Vergangenheit angespielt wird und indem es Steele im Endeffekt angeblich doch irgendwie gefällt. Und dies sind die Punkte, die mich so wütend machen.
Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass Frauen sexuell selbstbestimmt leben und sich ihren Fantasien hingeben können, natürlich sind auch BDSM-Sexualpraktiken vollkommen in Ordnung, solange sie durch Vertrauen und gegenseitigen Respekt geprägt sind, doch die Darstellungen im Buch und nun im Film spiegeln dies in keiner Weise wieder. Es entstehen dabei Missverständnisse, die in diesem Rahmen einfach nicht sein dürfen.
Steele hat nämlich keinerlei Einfluss auf das, was von ihr sexuell erwartet wird, ein „Nein“ oder das abgemachte Signalwort wird von Grey nicht beachtet, außerdem kann sie nicht fliehen, da sie konstant kontrolliert wird.
Inwiefern ist das Selbstbestimmung? Inwiefern kann man ihre Situation als ungefährlich definieren und inwiefern kann auch nur eine Person versuchen, diese Geschichte als nicht gewalttätig und nicht missbrauchend zu erklären?
Also ich werde mir „50 Shades of Grey“ nicht ansehen, doch für die, die es interessiert: Der Film läuft ab jetzt in den deutschen Kinos. Quasi passend zum Valentinstag, wie romantisch.
Anastasia Garies
janni meint
Haha! Okay, das ist großartig und für alle geeignet, die Design der literarischen und filmischen „Glanzleistung“ vorziehen 😉
http://shop.erfinderladen.com/Alle-Produkte-43/Erfindungen–bis–zehn–Euro/50-Shades-of-Grey—Nerd-Edition-BDSM–Kein-roman.html
Anastasia meint
Laut den Spoilern aus Buch 3 sind die Beiden verheiratet, haben eine 2-jährige Tochter und sie erwartet das zweite Kind. Schön oder!
Die Fortsetzungen werden übrigens auch verfilmt.
Tina meint
Klare Worte! Habe schon bei den Filmbesprechungen schlechte Laune gekriegt… Es gibt ja immer mal wieder solche „Kunststücke“, die Gewalt an Frauen in Szene setzen. Erinnert sich noch jemand an den Film „9 1/2 Wochen“? Ich meine mich zu erinnern, dass es da auch um die Erniedrigung einer Frau durch einen hippen reichen Jungbroker o.ä. ging. Nicht witzig! Wie geht die Geschichte denn aus, Anastasia? Wir brauchen ja keine Rücksicht wegen vereitelter Pointe nehmen, wenn der Schluss verraten wird :-))
janni meint
Hier ist noch ein guter Artikel dazu aus dem Missy Magazine: http://missy-magazine.de/2015/02/12/berlinale-fifty-shades-of-grey/
Pauline meint
Danke für diesen Artikel! Du sprichst mir aus der Seele!