Frau Jordan stellt gleich. So lautet die neue Serie des Streaming-Dienstes Joyn, die seit dem 23.09.2019 online kostenlos zu sehen ist. Die Hauptfigur? Die Gleichstellungsbeauftragte Eva Magarethe Jordan und ihr Team. Dazu gehören Yvonne Papadakis, Philip Stenzel und Renate Kimmilinger. Die Folgen dauern jeweils knapp unter 25 Minuten. Jeden Montag erscheinen zwei weitere Folgen. Insgesamt ist die erste Staffel zunächst mit zehn Folgen aufgestellt.
Worum geht´s?
Abgesehen von kleinen privaten Auszügen der Figuren, kümmert sich Frau Jordan, verkörpert von Katrin Bauerfeind, pro Folge immer um einen
oder zwei Fälle. Dabei werden ganz verschiedene Themen angesprochen. In einer Folge kämpft sie dafür, dass Mädchen im Kindergarten auch Ritter*innen spielen dürfen. In einer anderen Folge unterstützt sie eine Frau, die für die Umbenennung des Hindenburgplatzes protestiert. Auch Themen wie „Sind Brüste im Museum Kunst, aber in der Werbung sexistisch?“ werden diskutiert. So findet sich ein Mix aus Themen wie Gleichstellungspolitik, Sexismus und Feminismus.
Die erste Folge „Titten und Taten“ beginnt beispielsweise damit, dass die oben beschriebene Diskussion geführt wird. Sind es noch Brüste oder schon Titten – also eindeutig frauenfeindlich – auf dem Plakat? Als Frau Jordan den Raum betritt, bricht sie das Bild. Denn statt sich an der Diskussion zu beteiligen, pusht sie sich die Brüste nach oben. Die Erklärung liefert sie sofort: „Ich hab gleich Etatsitzung mit dem Bürgermeister. Ich pass meine Körbchengröße seinen Dioptrien an“.
Die „Bösen“
Kurz darauf lernt man Bürgermeister Brinkmann (Ulrich Gebauer) dann auch kennen. Er ist wohl der platteste Charakter der Serie und verbildlicht den weißesten alten weißen Mann. Sexistisch, chauvinistisch und frauenfeindlich. Während er Gleichstellung und damit auch die Arbeit von Frau Jordan nur von oben herab belächelt, betitelt er den einzigen männlichen Angestellten im Team der Gleichstellungsstelle als „First Lady“ und „Mädchen“, als er ihn im Fahrstuhl trifft. Tritt er auf, fallen sexistische Kommentare und herabstufende Bemerkungen. Statt Gleichstellungsbüro fällt seine Wortwahl eher auf „Muschibüro“. Obwohl die Figur sehr eindimensional wirkt, überspitzt sie die Wahrheit nur kaum. Denn Männer wie Bürgermeister Brinkmann trifft man auch draußen auf der Straße.
Ebenfalls auf der „Gegenseite“ von Frau Jordan steht Ingrid Sommerfeld (Adina Vetter – links). Sie ist die Stadtdirektorin und hält persönlich wenig von Feminismus. Sie selbst sieht sich als starke Frau und auch in Führungsposition. Daher sind Frauen für sie bereits gleichgestellt genug. Frau Sommerfeld zeigt, dass es beim Feminismus eben kein Kampf zwischen Frau und Mann ist. Und dass reiche, weiße Frauen oft vergessen, wie privilegiert sie sind.
Frau Jordan und ihre Crew
Auch die anderen Figuren der Serie können in den kurzen Folgen natürlich keinen ungewöhnlichen Tiefgang bieten, aber das ist für den Start einer Comedyserie auch nicht notwendig. So wirkt Renate Kimmilinger (Mira Partecke – rechts) in erster Linie ein wenig verplant und naiv. Zeigt sich später aber durchaus kampflustig und in jedem Fall engagiert für die Sache.
Yvonne Papadakis (Natalia Belitski – Mitte) nimmt meiner Meinung nach an Sympathie stetig zu. Ihre sexuelle Orientierung trägt sie sehr stark nach außen. Dass sie auf Frauen steht, macht sie offen deutlich. Dabei beweist der ein oder anderen Spruch von ihr, dass auch Frauen offensiv flirten können. „Ich hab die ersten 25 Jahre meines Lebens nicht über Sex geredet, okay? Weil in dem scheiß Kaff, aus dem ich herkomme, natürlich niemand so ist wie ich!“, bricht es nach Kritik über ihre Offenheit aus ihr heraus. Ob das übergriffiges Verhalten rechtfertigt? Bestimmt nicht. Trotzdem gibt es ihr deutlich mehr Tiefgang und spricht damit zumindest kurz an, worunter LSTBIQ*People immer noch leiden müssen.
Der einzige Mann im Büro ist Philip Stenzel (Alexander Khuon – links). Seine Figur ist eher ruhig, gewissenhaft und fast ein bisschen zu nett. Manchmal scheint es, als wäre er die feministischste Person im Büro. Verliebt ist er in seine Chefin Eva Jordan, mit der er auch eine Art Beziehung eingeht. Während er sich dabei stets um sie kümmert, hält sie ihn eher auf Abstand. Eigentlich verkörpert er den perfekten Mann. Nett, liebevoll und dann auch noch Kämpfer für Frauenrechte. Schade nur, dass das alles bei Gefühlen nicht immer eine Rolle spielt.
Zuletzt ist da natürlich noch Eva Jordan selbst. Sie ist ganz klar eine Macherin und wird von Katrin Bauerfeind wahnsinnig gut umgesetzt. Obwohl sie privat in der Serie oft damit zu kämpfen hat, das Richtige zu tun, ist sie in ihrer Arbeit zielgerichtet. In selbstbewusster, frecher und manchmal unverschämter Art setzt sie sich für Gleichbehandlung ein. Dabei geht sie auch gerne mal unkonventionelle Wege. Auch wenn sie nicht fehlerfrei ist, die Leidenschaft in Sachen Gleichberechtigung ist ihr dabei definitiv anzusehen.
„Heute gewinnen nicht mehr automatisch die, die immer gewonnen haben“ – Eva Jordan
Die erste Folge
Die erste Folge handelt unter anderem von Ilona Bongartz. Sie ist Mitarbeiterin in einer Gärtnerei und wird von ihrem Chef belästigt. Noch während sie erzählt, rudert sie bereits zurück. An der Stelle schaltet sich Frau Jordan ein.
„Piep. Piep. Piep. Machen Frauen gerne. Den Fehler bei sich suchen.“ – Eva Jordan
Da es keine Beweise für die Belästigung gibt, macht sich Frau Jordan selbst auf den Weg in die Gärtnerei und versucht mit dem Chef zu flirten. Als dieser sie abwimmelt, zweifelt sie kurz die Wahrheit der Aussage von Frau Bongartz an.
„Bin ich zu unattraktiv um von so einem Mann belästigt zu werden? Wenn er eine wie Sie nicht mal anguckt, warum sollte er sich dann für eine wie mich interessieren? Ist Belästigung jetzt auch schon ein Wettbewerb?“ – Ilona Bongartz
Diese Aussage rüttelt Frau Jordan wach und weckt die Kämpferin in ihr. Denn sie selbst hat einen Fehler begangen, der leider zu oft gemacht wird. Dem Opfer nicht glauben. Jemandem, der bereits verzweifelt ist, den Mut nehmen. Auch Frau Jordan merkt natürlich, wie herablassend ihre Zweifel waren und noch mehr die Unterstellung, Frau Bongartz hätte übertrieben. Zumal Belästigung anfängt, wenn man sich belästigt fühlt.
Als sie Frau Bongartz rät, ihrem Chef ausdrücklich zu sagen, dass sie sich belästigt fühlt (da das zur Beweisführung wichtig ist), wird diese gefeuert. Daraufhin stellt Frau Jordan Nachforschungen an und findet eine weitere ehemalige Verkäuferin. Auch sie wurde entlassen, nachdem sie die Belästigung des Chefs nicht mehr duldete. Mit einiger Überzeugungsarbeit endet die Folge damit, dass auch die ehemalige Verkäuferin eine Aussage macht. Ein Happy End wenn man so will, zumindest für die Beteiligten.
Ist „Frau Jordan stellt gleich“ nun feministisch?
Die Serie ist mit Sicherheit keine feministische Serie, wie man sie vielleicht erwarten könnte. Stattdessen steht ganz klar der Aspekt Comedy im Vordergrund. Kein Wunder. Zu den Drehbuchautor*innen gehört Ralf Husmann, der Autor von Stromberg. Zur Seite hat er ein Team an Frauen. Unter anderem Anneke Janssen und Elena Senft. Bei den manchmal doch eher plumpen Figuren und dem starken Comedyaspekt, steht der feministische Gedanke also nicht immer im Vordergrund. Ich persönlich finde aber, dass dennoch gute Themen an konkreten Beispielen angesprochen werden. Und auch Feminist*innen sind keine Heiligen in der Serie, sondern tappen hin und wieder selbst aus Versehen in die Sexismusfalle.
Für mich zeigt die Serie, dass es da kein Schwarz und Weiß gibt. Aber eben auch mehr als Blau und Rosa. Feministische Standpunkte werden vor allem in Diskussionen mit den eher unfeministischen Figuren gut herausgearbeitet ohne am Ende zu sagen: Dies ist richtig und das ist falsch. Stattdessen wird das sonst für Viele unangenehme Thema Feminismus in ein neues Licht gesetzt und für die große Masse aufbereitet.
In einem Interview beschrieb es die Hauptdarstellerin Katrin Bauerfeind so:
„Bevor wir in die Feminismusdebatte einsteigen, muss ich sagen: Wir haben eine Comedyserie gemacht. Wir sind nicht die Serie zum Feminismus, wir wollten keine Emanzencomedy und wir haben nicht die Witzeseite der EMMA verfilmt. Wir dachten, es ist an der Zeit auch über das Thema zu lachen, was übrigens nicht dasselbe ist, wie sich darüber lustig zu machen.“
Sie selbst sieht sich privat als Feministin. Da ihr die Schauspielerei liegt, möchte sie vor allem über dieses Medium gerne auf das Thema aufmerksam machen. Dabei werden Klischees aufgegriffen und sich zum Teil darüber lustig gemacht. Mit Serien wie „Frau Jordan stellt gleich“ macht sie so einen guten Schritt in Richtung „Feminismus für alle“.
Fazit
Ich habe das Gefühl ich könnte noch ewig über die Serie schreiben. Nicht zwingend, weil sie die beste Serie aller Zeiten ist, aber weil sie zu Diskussionen anregt. Selbst jetzt bin ich unentschlossen, ob ich die Serie als feministisch einordnen würde. Wahrscheinlich ja. Nur eben nicht belehrend. Stattdessen werden zahlreiche Themen aufgefasst und durch die auftretenden Figuren verschieden beleuchtet. Und auch Frau Jordan selbst ist in keiner belehrenden Rolle. Stattdessen bemerkt man auch bei ihr Fehler und sogar teilweise unfeministisches Denken. Das macht die Serie aber vielleicht gerade so interessant. Die verschiedenen Ansichten, die Diskussionspunkte und am Ende dann doch kein Richtig oder Falsch. Auch wenn die Serie nicht unbedingt realitätsnah an den echten Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten angelegt ist: Für mich ist sie ein Schritt in eine gute Richtung, um das Thema Feminismus neu aufzurollen.
Jana Knösel
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