Als der diesjährige Pulitzer-Preis vergeben wurde, war es nicht verwunderlich, dass die zwei Recherchen zum Harvey Weinstein Skandal ausgezeichnet wurden. Sie schufen die Grundlage, die die #metoo-Bewegung in den Vordergrund rückte. Die Artikel von Jodi Kantor & Megan Twohey (New York Times) und Ronan Farrow (New Yorker) haben den Journalist*innenpreis gemeinschaftlich für ihren „Dienst an der Öffentlichkeit“ verliehen bekommen. Alle großen und kleinen Medien berichteten über diese wichtige Preisverleihung. Doch was sich die Süddeutsche Zeitung geleistet hat, finde ich eine Frechheit. Neben den verarbeiteten dpa Meldungen, die außer dieser Rechercheauszeichnung auch die weiteren Kategorien des Preises behandelten, veröffentliche die SZ abends noch einen Artikel, der sich exklusiv mit den Harvey Weinstein Recherchen befasst.
Der Kommentar der Süddeutschen Zeitung
Die Überschrift dieses Artikels lautet „Der Mann, der Hollywood in die Sinnkrise stürzte“ und als Titelbild sieht man natürlich ein Bild nur von Ronan Farrow. Erst in der zweiten Hälfte des Artikels werden die beiden Frauen erwähnt, die den Preis ebenbürtig verliehen bekommen haben. Doch bevor das passiert, wird Farrow schon in den Himmel gelobt. Bei genauerer Betrachtung des Artikels ist es nicht verwunderlich, dass ein Mann der Autor ist. Ein Mann schreibt über einen Mann, der über einen Mann schreibt. Wow.
Wer den Artikel liest, bekommt den Eindruck, dass Farrow als Hauptkraft hinter der Aufdeckung des Skandals steht und die Frauen nur Nebenakteurinnen sind. In Wahrheit haben beide Rechercheteams zur gleichen Zeit daran gearbeitet und die Ergebnisse veröffentlicht. Diese Kombination hat die ganze Sache so richtig ins Rollen gebracht und aus dem Skandal wurde eine in der Öffentlichkeit noch heute thematisierte Debatte über Sexismus, sexuelle Gewalt und die ganzen Schattierungen der Unterdrückung von Frauen durch Männer.
Für seine Enthüllungen über den Produzenten Harvey Weinstein erhält Ronan Farrow den Pulitzer-Preis. https://t.co/rO9hQehsv9
— Süddeutsche Zeitung (@SZ) April 17, 2018
Über #metoo schreiben und nichts verstanden haben
Wenn der Autor findet, dass Ronan Farrow porträtiert werden soll, dann widerspreche ich dem auch nicht. Aber ihn unter dem Deckmantel dieser Auszeichnung zu glorifizieren und die Frauen „hinten runter fallen“ zu lassen finde ich mehr als nicht o.k. Was soll das? Vor allem die dadurch vermittelte verdrehte Metaebene. Dass ein Mann daherkommen muss, damit sich bei dieser Frauenthematik etwas ändert. Ich finde das schon ziemlich perfide und verstehe es einfach nicht. Ich finde die SZ sollte schleunigst etwas tun, damit so ein Blödsinn nicht veröffentlicht wird. Wofür gibt es denn eine Redaktion? Wer Lust hat kann gern auf den Link unten klicken und sich selbst ein Bild davon machen. Und wenn es euch genauso sauer aufstößt, dann kommentiert doch den Tweet über den Artikel und macht eurem Ärger Luft.
Frau Schulze
Andrea Krug meint
Perfide, der Bericht der Süddeutschen!
Ulrike Hauffe meint
Sehr berechtigte Kritik! Danke, Frau Schulze! Immer derselbe Ärger…. Ich habe den Artikel gerade bei Twitter unterstützt.