Unsere Frau der Woche ist dieses Mal die Sängerin Hayley Kiyoko. Sie singt davon, wie es ist, in ein Mädchen verliebt zu sein. Dass zum lesbisch, schwul oder bisexuell Sein, eben nicht nur Sex gehört, sondern auch Unsicherheiten, Verlegenheit und Schmetterlinge im Bauch, vergessen viele. Sie denken, dass es sich um ein reines Erwachsenenthema eignet. Dabei sind es gerade Jugendliche, die in ihrer Sexualität noch unsicher sind und Identifikationsfiguren brauchen. Hayley Kiyoko ist dabei, so eine Identifikationsfigur zu werden. Sie gehört zu einer Welle von jungen Musiker*innen, ähnlich wie Halsey und Troye Sivan, die offen mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen.
In ihren Songs und Musikvideos können sich lesbische und bisexuelle Mädchen wiederfinden. Sie sehen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind. Somit leistet Hayley Kiyoko einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von Teenagern, die Menschen ihres eigenen Geschlechts lieben. Mit ihrer Musik macht sie ihren Zuhörer*innen Mut, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben. Die Projekte der 25-jährigen Schauspielerin, Musikerin, Sängerin und Regisseurin zeigen außerdem, dass es sich lohnt, Neues zu wagen und eigene Grenzen zu überwinden.
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— Hayley Kiyoko (@HayleyKiyoko) May 11, 2016
Mädchenliebenden Mädchen eine Plattform bieten
Seit 2013 macht Hayley Kiyoko solo Musik. Sie kann nicht nur singen, sondern spielt auch sechs Instrumente, darunter Schlagzeug. Ihre Musik ist verträumter Elektropop mit Ohrwurmpotential. Drei Alben hat sie bereits veröffentlicht. 2015 gelang Hayley Kiyoko der musikalische Durchbruch mit ihrer Single „Girls Like Girls“ aus ihrem zweiten Album.
Das kunstvolle Musikvideo erzählt von einem Vorstadtsommer. Die schüchterne Coley verbringt jede freie Minute mit ihrer besten Freundin Sonya. Sie schwimmen im Pool, lackieren sich die Nägel und tanzen im Zimmer herum. Coley entdeckt, dass sie in Sonya verliebt ist. Dumm nur, dass Sonyas Freund Trenton nie weit weg ist… Lesbische und bisexuelle Mädchen feierten das Video, das in träumerischen Bildern von ihren Gefühlen erzählt. „Ich wollte ein Video machen, dass dem eine Plattform gibt“, erklärt Hayley Kiyoko Refinery29, „und Mädchen auf eine positive Weise ein Abbild davon gibt, wie dieser Moment der Selbsterkennung sein kann.“ Das Lied und das Video seien sehr persönlich, verrät die Sängerin NBC News.
„Die einzige Person, von der ich Bestätigung brauche, bin ich selbst.“
Auch in „Gravel To Tempo“ geht es um die Gefühle von Mädchen, die auf Mädchen stehen. Hayley Kiyoko verarbeitete in dem Songtext eigene Erfahrungen. Die Mädchen, in die sie sich während ihrer Highschool-Zeit verliebte, erwiderten ihre Gefühle nicht. Eine Erfahrung, die viele Lesben und bisexuelle Mädchen einmal machen. Das kann am Selbstwertgefühl kratzen oder auch zu der Frage, ob man „normal“ ist. „Ich denke, ich bin ein getarntes Monster“, singt Hayley Kiyoko.
Dazu kommt das Gefühl, das viele Jugendliche kennen: Nicht so gut, nicht so schön, nicht so cool zu sein, wie die anderen. Als Frau mit japanischen Wurzeln entsprach sie zudem auch nicht dem amerikanischen Schönheitsideal der blonden, weißen Frau. „Ich erinnere mich gut daran, wie es war, andere Leute zu vergöttern und von ihnen Bestätigung zu suchen“, sagt sie im Refinery29-Interview. „Als ich erwachsen wurde, verstand ich: Die einzige Person, von der ich Bestätigung brauche, bin ich selbst.“
Das Video zu „Girls Like Girls“ war Hayley Kiyokos erstes Regieprojekt. Gemeinsam mit Austin S. Winchell, einem Freund von ihr, nahm sie den Videodreh, den sie auf ihrem YouTube-Channel dokumentierte, in Angriff. Denn nur so konnte sie ihre Vorstellung von dem Video verwirklichen. „Es ist als Künstlerin hart, wenn du eine ganz bestimmte Vision für ein Video hast, wenn du einen Song schreibst“, erzählte Hayley Kiyoko der Teen Vogue. „Jemanden zu finden, der die gleiche Vision hinter deiner Musik sieht, ist schwierig.“ Auch bei den Musikvideos für „Cliff‘s Edge“ und „Gravel To Tempo“, das letzten Monat erschien, führte sie wieder Regie. Zudem war sie auch vor der Kamera zu sehen. Regisseurin und Schauspielerin zugleich zu sein, davor hatte sie zunächst großen Respekt. Trotz allem hat sie sich getraut.
Hayley Kiyoko möchte das Erwachsenwerden erleichtern
Das zahlt sich aus. Das Video zu „Gravel To Tempo“ wurde bereits über eineinhalb Millionen Mal angesehen. Viele ihrer Fans haben davon inspirierte Zeichnungen angefertigt. Hayley Kiyoko teilt diese auf ihrem Twitter-Account. Ihre Fans, die Kiyokians, haben sie „Sappho der Neuzeit“ getauft. Sappho war eine frauenliebende Dichterin im alten Griechenland. Von Sapphos Wohnort, der Insel Lesbos, stammt auch der Begriff Lesbe für Frauen, die ausschließlich Frauen lieben.
Still feeling the love, thank you for 1 MILLION VIEWS ON GRAVEL TO TEMPO!! 😊 pic.twitter.com/FWDZyWlmER
— Hayley Kiyoko (@HayleyKiyoko) August 22, 2016
Ihr neues Album, so sagt sie, soll ihren Zuhörer*innen helfen, sich selbst zu akzeptieren, so wie sie sind. „Mein Ziel ist es“, erklärte sie Refinery29, „meine Fans dazu zu inspirieren, schon früher [als ich] Freude in sich zu finden, sodass ihnen das Erwachsenwerden nicht so schwerfällt.“
Auch sie hat einen weiten Weg hinter sich. Als Kind trat sie als Eiskunstläuferin bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele 2002 auf. Sie modelte und spielte in einer Band. 2007 wurde sie für die Girlgroup The Stunners entdeckt. Seit 2009 ist sie im Film und Fernsehen zu sehen, zuletzt im April dieses Jahres in Jem and the Holograms. Hayley Kiyoko ist eine Alleskönnerin und bleibt sich dennoch immer treu. „Ich mache das auf meine Art“, singt sie in „Gravel To Tempo“ und tanzt vor denen, die sie belächeln, auf dem Tisch. Vielleicht nicht die richtige Lösung für alle Probleme, aber eine Inspiration, dem Leben mutig die Stirn zu bieten.
Hannah Lena Puschnig
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