„Earthling chief cheerleader for SETI“
Sie ist zwar nicht selbst im Weltraum gewesen, und doch schießt etwas von ihr über die Erde hinaus – nämlich ihre Signale, ihr Wissen und ihre Gedanken. Jill Cornell Tarter hat als langjährige Direktorin von SETI nach Leben im und Signale aus dem Universum geforscht und dafür viele internationale Preise gewonnen.
Jill Tarter (*1944) studierte an der Cornell University und promovierte in Astronomie an der University of California, Berkeley. Bereits während ihrer Zeit an der Universität beschäftigte sie sich mit der Suche nach Radiowellen im Universum – einem möglichen Indiz für Leben außerhalb der Erde. Bis 2012 war sie Direktorin am SETI-Institut, einem Forschungszentrum, das sich mit der Suche nach intelligentem außerirdischem Leben befasst. Und genau das bedeutet SETI: Search for Extraterrestrial Intelligence. Unterstützt wird das Institut u.a. von der NASA und Privatpersonen. Ihr Ehemann William „Jack“ Welch forscht mit ihr und war der erste Inhaber des Lehrstuhls für SETI in Berkeley.
Auch Tarter hat sich der Weitergabe ihres Wissens verschrieben. Diesbezüglich erarbeitete sie verschiedene Lehrpläne für den Wissenschaftszweig an High Schools und hält Vorträge in Museen und Wissenschaftszentren oder bei TED (verkürzt: der Plattform für Fachleute aller Art, ihre Ideen auszutauschen). Für ihre Arbeit, ihr Engagement und ihre Erfolge als Wissenschaftlerin wurde Tarter mehrfach ausgezeichnet. 2004 stand sie auf der Liste der 100 einflussreichsten Personen der Welt des Time Magazine.
Contact
Viele kennen Jill Tarter, wenn auch ohne sich dessen bewusst zu sein. Der Roman Contact von Carl Sagan – er war selbst Astrophysiker – illustriert Tarters wissenschaftliche Arbeit. Sagan schrieb parallel zum Roman auch das Drehbuch zum gleichnamigen Film, in dem die Hauptperson Ellie Arroway von Jodie Foster gespielt wird. Diese hat sich vor und während der Dreharbeiten ausführlich mit Tarter besprochen.
Auch die Wissenschaftlerin Samantha Crowe in Frank Schätzings Roman Der Schwarm weist Parallellen zu Jill Tarter und ihrer Arbeit auf. Auch Schätzing beschäftigt sich in seinem Roman damit, wie wenig wir eigentlich über die Erde – hier die Welt der Ozeane – und ihre Lebewesen wissen, wie ignorant und arrogant die Menschen oftmals sind. Schätzing erfindet eine intelligente, den Menschen überlegene Spezies, die nicht auf einem anderen Planeten, sondern in den Tiefen der erdlichen Ozeane beheimatet ist.
“And, ultimately, we actually all belong to only one tribe, to Earthlings”
2009 gewann Jill Tarter den Ted-Prize. Dieser verspricht der Preisträgerin viel Geld für ein Großprojekt und ihr einen Wunsch zu erfüllen. Tarters Wunsch, den sie bei ihrer TED Rede äußert, ist folgender: “I wish that you would empower Earthlings everywhere to become active participants in the ultimate search for cosmic company.” Denn obwohl Tarter zwar versucht, Leben im Weltraum aufzuspüren und gegebenenfalls mit diesem Kontakt aufzunehmen, fragt sie ganz irdische, uns direkt betreffende und philosophische Fragen. Das macht sie zu unserer Frau der Woche.
Die Einstellung, die hinter ihrer Arbeit steckt, wird bereits bei Schätzings Romanrezeption und durch die zwei Zitat-Überschriften angedeutet – erstere ist übrigens Tarters ironische Selbstbezeichnung bei Twitter. Sie behauptet nicht, dass es außerirdische Intelligenz gibt, aber sie glaubt an die Möglichkeit. Das Universum ist unendlich groß, es ist ein „universe of possibilities“ mit 10^22 Sternen – eine unvorstellbare Zahl. Der Gedanke daran, dass es also noch weiteres Leben im All gibt, erscheint also logisch.
A universe of possibilities
Was würde sich ändern, wenn entdeckt würde, dass wir nicht allein im Universum sind? Jill Tarter antwortet darauf:
„Might it be the discovery of a distant civilization and our common cosmic origins that finally drives home the message of the bond among all humans? Whether we’re born in San Francisco, or Sudan, or close to the heart of the Milky Way galaxy, we are the products of a billion-year lineage of wandering stardust.“
Der Mensch, die Art homo sapiens, ist nicht der Gipfel der Schöpfung, sondern ein Produkt eines stetigen Prozesses. Ein „small leaf on a very extensive tree of life“. Wir sind auch auf der Erde nicht allein. Um eine mögliche außerirdische Intelligenz überhaupt erkennen, geschweige denn mit ihr kommunizieren zu können, müsse als erster Schritt überhaupt erstmal die Diversität die erdlichen Lebewesen und Organismen erkannt und gewertschätzt werden.
SETI könne laut Tarter zur Völkerverständigung beitragen. Als Spiegel, der die Menschheit aus einer außergewöhnlichen Perspektive zeigt und hilft, sich auf die gemeinsamen kosmischen Gemeinsamkeiten und Wurzeln zu berufen und somit Differenzen zu überwinden. Denn letztlich sind wir alle (nur) Erdlinge im unendlichen Universum. Und das verbindet uns.
Rieke Bubert
Schreibe einen Kommentar