Vor einem Jahr schwamm Yusra Mardini noch um ihr Leben zwischen den Küsten der Türkei und Griechenland. Diesen Sommer war sie als Schwimmerin Teil eines olympischen Teams von Geflüchteten, die in Rio ihre Geschichten und ihren besonderen Status vertraten. Die junge Syrerin ist ein Vorbild für junge geflüchtete Frauen und daher unsere Frau der Woche.
Vor dem Krieg
Yusra Mardini wurde in Damaskus geboren und hatte schon früh ihre Talent zum Schwimmen erkannt. Schon in Syrien trainierte sie mit dem Ziel an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Im Jahr 2012 nahm sie an ihren ersten Wettkämpfen teil und vertrat ihr Land bei den Weltmeisterschaften – und war dabei keine 18 Jahre alt. Schon bevor sie fliehen musste, wurde ihr Training durch die andauernden Konflikte in Syrien erschwert. Entweder war Schwimmen in den öffentlichen Pools zu gefährlich oder die Schwimmer*innen fanden das Wasser verschmutzt mit Schrapnellen, Metallresten oder gar Bomben. Was für uns komplett absurd klingt, war für Yusra Alltag.
Die Flucht aus Damaskus
Ihre Heimatstadt Damaskus wurde 2015 verheerend angegriffen und Yusra und ihre Schwester waren gezwungen zu fliehen. Über verschiedene Zwischenstopps in Flüchtlingslagern im Libanon erreichten sie schließlich die Türkei. Ihr Plan war es, von dort aus über das Meer nach Griechenland zu fliehen. Ihr Boot, das sie sich mit 18 anderen Geflüchteten teilten, war von Anfang an sehr instabil und mitten in der Nacht versagte schließlich der Motor. Das Boot drohte komplett mit Wasser vollzulaufen und die meisten der Geflüchteten hatten nie gelernt zu schwimmen. Yusra war eine der wenigen, die schwimmen konnte und sprang mit drei anderen ins Wasser, um das Boot zu ziehen. Nach über drei Stunden im wenige Grad kalten Wasser erreichten sie die Insel Lesbos, einen der Hauptankunftsorte für Flüchtlinge. Yusra Mardini sieht dies aber nicht annähernd so traumatisch, wie es klingt. „Ohne Schwimmen würde ich nicht mehr leben“, sagt sie. Es bejaht ihr Leben mehr, als ihr Angst einzujagen.
When people say you can't do it , prove them wrong. pic.twitter.com/wlFrZ1JkDn
— Yusra Mardini (@YusraMardini) August 12, 2016
Eine olympische Karriere
Sie kam wenige Monate später in Berlin an, wo sie in einem Spandauer Verein wieder das Training aufnahm. Sie wurde angefragt, ob sie bei dem ersten reinen Flüchtlingsteam für die Olympischen Spiele in Rio antreten möchte und nahm dies an. Die anderen Geflüchteten, die mit ihr wortwörtlich in einem Boot saßen, sind bei ihren Wettkämpfen dabei und feuern sie an. Angesichts der internationalen Flüchtlingskrise will das International Olympic Committee, so die offizielle Seite der Olympischen Spiele, Aufmerksamkeit auf die immer noch unmenschlichen Situationen der Geflüchteten lenken. Gleichzeitig ist das Refugee Team ein Symbol der Hoffnung für geflüchtete Menschen weltweit auf ein Leben nach der Flucht, das erfolgreich weitergehen kann.
Auch Yusra steht hinter diesem Ziel: Als Heldin sieht sie sich nicht, nimmt aber gerne eine gewisse Vorbildposition ein als Inspiration für andere junge Mädchen in Flüchtlingslagern. Ein Ziel vor Augen sei das, was sie antreibe, und diese Motivation brauche jeder, um auch schwierige Zeiten zu überstehen.
Kim Hofschröer
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