Brettspiele und Kartenspiele machen vielen Spaß. In fast jeder Familie gibt es ein heruntergenudeltes UNO-Spiel, welches so manch eine Familienfeier aufgelockert hat, und ein Drittel der Deutschen gibt an, regelmäßig Gesellschaftsspiele zu spielen. Sie verbinden Generationen, Kulturen und Geschlechter. Doch so bunt wie die Spieler*innen ist der Rest der Gesellschaftsspielewelt nicht. Männer sind hier, wie in vielen anderen Bereichen des Lebens, die Norm. Sie finden mit Abstand die meiste Repräsentation in Spielen und dominieren in der Spielebranche unter den Spiele-Autor*innen, Illustrator*innen und Verleger*innen.
Es fehlt an Forschung
Im Gegensatz zu Online- und Computerspielen sind Gesellschaftsspiele zum Thema Gendergerechtigkeit wissenschaftlich kaum erforscht. Dabei gibt es auch hier noch einiges aufzuarbeiten und aufzubrechen. Trotz der fehlenden wissenschaftlichen Zahlen finden sich genügend Hinweise, dass Frauen in der Gesellschaftsspielewelt oft zu kurz kommen.
Repräsentation von Frauen in Gesellschaftsspielen
Frauen kommen in der Repräsentation nicht oft genug zum Zug. Hierzu gehören Farbgebung, Sprache, Gestaltung, Figuren und Inhalte der Spiele: Inwiefern Frauen auf der Verpackung abgebildet sind, ob sie in der Anleitung mit angesprochen werden, ob Frauen auch Charaktere im Spiel sind und – wenn dem so ist – ob diese eine Hauptrolle spielen, ein Stereotyp bedienen oder als sexualisiertes Objekt dargestellt sind.
Langsam bewegt sich etwas
Generell hat sich in diesem Bereich in den letzten Jahren viel bewegt. Verlage tauschen in Neuauflagen männliche Charaktere mit weiblichen Charakteren aus oder fügen weibliche Charaktere hinzu. Auch in Spielanleitungen werden mittlerweile häufiger „Spielerinnen und Spieler“ angesprochen. Diese Fortschritte sind jedoch gering, der Mann immer noch die Norm.

Abzocke in der Repräsentation
Die Norm, das sind Männer auf der Verpackung und männliche Charaktere in Brett-und Kartenspielen. Bei den „Siedlern von Catan“ sind es männliche Ritter und ein Räuber, bei „Risiko“ sind Soldaten auf der Verpackung sowie alle Spielfiguren Männer. Von Frauen keine Spur.
Anders sieht es bei dem beliebten Gruppen-Rollenspiel „Werwölfe von Düsterwald“ aus. Zwischen den männlichen Charakteren wie „Dorfbewohner“, „Werwolf“, oder „Jäger“ tummeln sich auch einige weibliche Charaktere wie „Hexe“, „Seherin“ und „Mädchen“. Doch auch hier werden teilweise problematische Stereotypen reproduziert und somit normalisiert. Während den Männern aggressive und gewalttätige Charaktere zugeschrieben werden, sind die weiblichen tendenziell zurückhaltend und hinterlistig.
Spieleentwickler*innen erklären diese fehlende und stereotypisierende Repräsentation damit, dass die meisten Gesellschaftsspiele in der Vergangenheit spielen und sie den Zeiten entsprechend realitätsnah designt werden. Die Theorie leuchtet zunächst ein – natürlich haben früher hauptsächlich Männer in Kriegen gekämpft und der Beruf des Jägers wurde von Männern ausgeübt. Die Restinhalte der Spiele und einige der Charaktere basieren letzten Endes allerdings nicht auf wahren Begebenheiten, sondern sind Produkte der Fantasie. Diese Erklärung ist also in den meisten Fällen eher eine schlechte Ausrede.
Ein positives Beispiel bietet bei der Frage der Repräsentation das Spiel Sky Team, welches 2024 den Preis „Spiel des Jahres“ gewonnen hat. Spieler*innen spielen hier als Pilotin und Co-Pilot, die in verschiedenen Flughäfen landen müssen. Dementsprechend ist eine Frau in der Hauptrolle, welche außerdem weder in einen Stereotyp verfängt, noch sexualisiert wird. Abzüge gibt es, weil auch dieses Spiel von einem Mann entwickelt und von zwei Männer illustriert wurde.
Spieleautorinnen sind schwer zu finden
Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaftsspielewelt bedeutet aber nicht nur „Wie werden Frauen innerhalb des Spiels repräsentiert?“, sondern auch „Wer hat dieses Spiel entwickelt?“ oder „Wer war für die Illustrationen zuständig?“. So sind auf der Seite der Spiele-Autor*innen-Zunft überwältigend viele Spiele-Autoren gelistet. Erst bei jeder siebten bis zehnten Person handelt es sich um eine Spiele-Autorin.

(c) ZGF Bremen
Das erste Spiel einer weiblichen Spieleautorin, das den renommierten Kritikerpreis „Spiel des Jahres“ gewonnen hat, war Susan McKinley Rosses „Qwirkle“ im Jahr 2011. Vor ihr haben 31 Jahre lang lediglich Männer diesen Preis gewonnen. Auch nach McKinley Ross hat nur eine weitere Autorin in Kooperation mit einem Autor den Preis erhalten.
Ein Blick in den deutschen Gesellschaftsspieleschrank bietet ein ähnliches Bild. „Die Siedler von Catan“, „Mensch ärgere Dich nicht“, „Skyjo“, „Das verrückte Labyrinth“ und viele Spiele-Klassiker mehr wurden von Männern erfunden. Auch die Illustrationen auf der Verpackung und auf den Spielbrettern und Spielkarten stammen zumeist von männlichen Künstlern.
Spielidee von Monopoly wurde von einer Frau erfunden
Besonders interessant ist die Geschichte der Ideengeberin von Monopoly, Elizabeth Magie Phillips. Monopoly ist das meist-verkaufte Brettspiel weltweit und hat zum Ziel, möglichst viel Eigentum zu kaufen und das Monopol über jegliches Eigentum zu gewinnen. Lange Zeit wurde von dem Verleger, an den sie ihr Patent verkaufte, ein Mann namens Charles Darrow als Erfinder dieser Spielidee ausgegeben. Dass Magie Phillips die Erfinderin dieses beliebten Spiels ist, wurde erst bei einem Rechtsstreit publik.
Veranstaltungshinweis
Wer sich näher mit der Gender-Problematik in Gesellschaftsspielen auseinander setzten will, kann sich bei den Bremer Spiele-Tagen am 8. und 9. März 2025, dem Wochenende des Weltfrauentags, mit Spielen vor Ort kritisch auseinandersetzen und Negativ- und Positivbeispiele ausprobieren. Unter dem Motto „Spielerisch zur Gleichberechtigung“ stellt die veranstaltende Volkshochschule einen Themenraum mit einem vielseitigen Angebot rund um das Thema Gender und Gesellschaftsspiele. Außerdem können bei dem Turnier „Stadt, Land, Feminismus“ der frauenseiten.bremen.de das eigene Wissen getestet und tolle Spiele-Preise gewonnen werden.
Janka B.
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