Wie und wo kann ich mich in Bremen engagieren? Hängt es mit dem Geschlecht zusammen, wer sich engagiert? Und welche Rolle spielt dabei die Politik? Diesen Fragen gehe ich in der Reihe Frauen und Engagement nach. Für einen ersten Eindruck habe ich am 16. September an der Veranstaltung Auf dem Rad durch die Bremer Engagementlandschaft der Freiwilligenagentur Bremen teilgenommen.
Wo kann ich mich in der Bremer Neustadt engagieren?
Bei der Engagement-Radtour fuhren wir zu verschiedenen Orten, an denen sich Menschen freiwillig engagieren, und wo auch noch Freiwillige gesucht werden. Jedes Jahr werden dabei verschiedene Projekte in einem Bremer Stadtteil vorgestellt, diesmal ging es in die Neustadt.
Ab geht die Luzie
Wie aus einem Parkplatz ein Garten wurde – das erzählte und BFD-lerin Rebecka Schlicht im Stadtgartenprojekt Ab geht die Lucie. Der Lucie-Flechtmann-Platz ist so groß wie ein Fußballfeld und war lange betoniert. Aus nachbarschaftlichem Engagement entwickelte sich langsam ein Gemeinschaftsgarten. Heute blüht und grünt es überall aus Hochbeeten und Pflanzkästen – alle sind willkommen. Jeden zweiten Montag um 18:30 Uhr findet ein Plenum statt. Gieß-Teams versorgen die Pflanzen mehrmals wöchentlich mit Wasser. Außerdem findet in den warmen Monaten jeden Sonntagnachmittag von 15:30-18 Uhr ein offenes Treffen für Gartenarbeit statt. Helfende Hände werden immer gesucht.
Mitmachen: Ab geht die Lucie sucht Freiwillige für die Gartenarbeit, das Gießen & fürs Engagement im Plenum.
KlimaWerkStadt
Nachhaltiger leben? Einfach weiternutzen und reparieren! Das ist der Ansatz der KlimaWerkStadt, die jeden Mittwoch von 17-20 Uhr ein Reparatur-Café veranstaltet. Dabei können Besucher*innen ihre Kleidungsstücke, Elektrogeräte, Fahrräder und mehr gegen Spende gemeinsam mit freiwilligen Helfer*innen reparieren. Außerdem kann jede*r erhaltene Materialien abgeben oder auch gegen Spende mitnehmen, wie etwa Knöpfe, Stoffe, Elektroersatzteile oder Bastelbedarf.
Mitmachen: Unterstützung aller Art ist willkommen, ob regelmäßig oder ab und zu. Zum Beispiel im Reparaturcafé, in der Betreuung der freien Öffnungszeit, bei der Planung oder Durchführung von Veranstaltungen, beim Flyer verteilen und natürlich im Plenum.
SOS-Kinderdorf-Zentrum
Das SOS-Kinderdorf-Zentrum in der Neustadt ist mehr als der Verwaltungssitz. Nicht nur Familien kommen gerne zu den Angeboten. Auch viele Senior*innen oder Angestellte aus der Neustadt entdecken den Mittagstisch für sich, der offen für alle ist. Daneben bietet das Zentrum zahlreiche Angebote für Familien wie Beratungen, Kurse & Veranstaltungen. Außerdem gibt es einen Secondhandladen und einen offenen Bereich. Das Schöne ist: Man muss nicht erst ein Problem haben, um herzukommen. Das Haus hat sich zu einem Stadtteil- und Familienzentrum entwickelt. Im SOS-Kinderdorf in Bremen sind die 113 Freiwilligen ein fester und wichtiger Bestandteil der Angebote, wie die Hauptamtliche Sarah Ramadan berichtete.
Mitmachen: Das SOS-Kinderdorf freut sich über Engagement einmal wöchentlich in vielen Bereichen: Im Zentrum können Freiwillige etwa die Kinderbetreuung während der Deutschkurse unterstützen. Außerhalb des Hauptgebäudes kann man etwa in Kitas und Wohngruppen vorlesen oder bei der Nachmittagsbetreuung in Grundschulen helfen & vieles mehr.
BUND-Kinderwildnis
In der BUND-Kinderwildnis können Stadtkinder die Natur erfahren. Das große Gelände bietet Kindern viele Möglichkeiten zum Entdecken und Toben. Sie können beim Gärtnern oder Werkeln mit anpacken, gemeinsam mit Pädagogen und Freiwilligen. Es gibt ein großes Hühner-Gehege, das von einem extra Team versorgt wird, viele Beete, Obstbäume und ein Insektenhotel.
Mitmachen: Wer mag, kann pädagogische Projekte unterstützen. Außerdem freuen sich der Pflegetrupp über Hilfe bei der Gartenarbeit und die Hühner über Vertretungen beim Füttern.
Mobiler Einkaufswagen der Malteser
Der Mobile Einkaufswagen der Malteser startet wieder ab dem 1. Oktober. Vier Busse, beladen mit je zwei bis drei Freiwilligen, holen dabei jeden Donnerstag im Schnitt 25 Senior*innen zum gemeinsamen Einkaufen ab. Danach findet ein allseits beliebtes Kaffeetrinken statt. Bisher gibt es das Angebot in Woltmershausen, Obervieland und in der Neustadt.
Mitmachen: Wer Lust hat, sich beim Mobilen Einkaufswagen zu engagieren, sollte jeden Donnerstag etwa vier Stunden Zeit haben. Außerdem suchen die Malteser Freiwillige für neue Projekte zur Vorbeugung von Einsamkeit im Alter. Seit kurzem können Freiwillige im Rahmen des Kulturbegleitdienstes etwa einmal monatlich mit gemeinsam Senior*innen ins Theater gehen. Außerdem gibt es einen Telefonbesuchsdienst und gerade entstehen ein Seniorengarten in einem Kleingartenverein und ein Kunstprojekt.
Wer Lust hat, sich in Bremen zu engagieren, findet mehr Infos zu diesen und weiteren Projekten in der Engagement-Börse der Freiwilligenagentur Bremen.
Das Geschlechterverhältnis der Freiwilligen in der Neustadt
Ich bekam bei der Veranstaltung den Eindruck, dass bürgerschaftliches Engagement sehr weiblich geprägt ist. Wie hoch ist der Frauenanteil der Freiwilligen in den vorgestellten Projekten? Im Gemeinschaftsgarten Ab geht die Lucie ist der Anteil der Frauen sehr hoch und liegt nach Schätzung der Mitarbeiter*innen bei ca. 80 %. In der KlimaWerkStadt sind laut Uta Bohls aus dem Team der Hauptamtlichen etwa 60 % der Freiwilligen Frauen. Hier engagieren sich besonders im Reparatur-Café viele Männer in den Bereichen Elektronik und Fahrrad-Reparatur. Im Bremer SOS-Kinderdorf sind nach eigenen Angaben Frauen mit 70 % am stärksten vertreten. In der BUND-Kinderwildnis ist das Geschlechterverhältnis der Engagierten laut Umweltpädagogin Tanja Greiß nicht so leicht zu bestimmen. Insgesamt sind mehr Frauen aktiv, aber die Häufigkeit des Engagements ist sehr unterschiedlich. Beim Mobilen Einkaufswagen der Malteser sind ca. 63% der Freiwilligen Frauen.
Hängt Engagement mit dem Geschlecht zusammen?
Ist es Zufall, dass sich in den vorgestellten Projekten überwiegend Frauen engagieren? Oder handelt es sich um einen kleinen Ausschnitt des gesamten Engagements in Deutschland? Ich war überrascht, dass sich den Statistiken zufolge das Geschlechterverhältnis ungefähr die Waage hält. Dabei waren im Jahr 2016 laut dem Zweiten Engagementbericht der Bundesregierung zu 41% Frauen im Ehrenamt, im Jahr 2019 laut Statista hingegen 52,9%. Trotzdem gibt es Zusammenhänge von Gender und Engagement. Das zeigt sich besonders in den einzelnen Bereichen und den Altersgruppen. Zum Beispiel engagieren sich Frauen besonders häufig in sozialen und religiösen Bereichen und in der Bildung. Das erklärt auch den hohen Frauenanteil in den oben vorgestellten Projekten. Ich denke, es spielen viele Faktoren eine Rolle dabei, wer sich wann und wofür engagiert. Mehr zu dem Thema folgt im zweiten Teil der Reihe Frauen und Engagement.
Hannah Lüdert
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