„Mach mal Urlaub vom Ego“ – Das PULS Camp für junges Engagement fand vom 11. bis 17. Oktober 2020 unter Corona-Einschränkungen erstmals in Bremen statt. 14 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 22 Jahren lernten dabei jeden Tag ein Projekt des freiwilligen Engagements kennen, probierten sich aus und konnten eigene „Herzaktionen“ starten.
Das erste Bremer PULS-Camp fand etwas anders statt als ursprünglich geplant- Es konnten wegen der Covid-19- Pandemie weniger Jugendliche und junge Erwachsene teilnehmen und nicht im Camp übernachten oder gemeinsam kochen. Doch das tat dem Spaß keinen Abbruch – Von 8 bis 22 Uhr lachten, aßen und engagierten sich die Teilnehmer*innen. Jeden Tag suchten sie sich eine „Herzaktion“ aus, ein gemeinnütziges Projekt, in dem sie mit anpackten und starteten sogar eine eigene Aktion, bei der sie Steine zum Thema Hoffnung bemalten und als lange Kette an der Schlachte auslegten.
In der mehrteiligen Reihe Frauen und Engagement gehe ich den Fragen nach: Wie und wo kann ich mich in Bremen engagieren? Hängt es mit dem Geschlecht zusammen, wer sich engagiert? Und welche Rolle spielt dabei die Politik?
Herzensaktionen
Das PULS-Camp gibt es seit 10 Jahren und inzwischen in Berlin Mitte & Marzahn, Göttingen und Castrop-Rauxel. Dieses Jahr kam Bremen dazu, wo die Freiwilligenagentur Bremen das Camp-Format in Kooperation mit dem PULS Deutschland e.V. und Flüchtling für Flüchtling e.V. organisierte. Hier fand das PULS Camp im Rahmen des Projektes mitbremern statt, in dem Konrad Kreutzer Geflüchtete mit Vereinen und Organisationen in Kontakt bringt und sie dabei unterstützt, sich zu engagieren. Im Bremer PULS Camp konnten Jugendliche egal welcher Herkunft oder mit welcher Bildung gemeinsam etwas bewegen und neue Leute kennenlernen. Kreutzer erzählt, dass es das Ziel des PULS Camps ist, jungen Leuten verschiedene Möglichkeiten des Engagements aufzuzeigen. Davon profitieren beide Seiten.
„Es engagieren sich schon viele Jugendliche, aber trotzdem haben noch viele Vereine Nachwuchsprobleme.“ Konrad Kreutzer, Freiwilligenagentur Bremen
Die Jugendlichen konnten jeden Tag eine „Herzaktion“ besuchen. Mit dabei waren in diesem Jahr die Vereine & Projekte: ADFC, Blocklandgarten, Circusschule Jokes, Fluchtraum, Friedehorst, Grüne Oase, Kleiderkammer „Anziehungspunkt“ der Inneren Mission, Lebenshilfe, Seemannmission, Malteser, Martinsclub, Teestube Hoppenbank und Stolpersteine (drei der Projekte mussten wegen Corona leider absagen).
Teilnehmerinnen sind begeistert
Fenja und Roya sind beide Anfang zwanzig und haben sich im PULS Camp angefreundet. Roya ging bis vor kurzem auf die Erwachsenenschule und hat durch eine Freundin vom PULS Camp erfahren.
„Ich kann noch nicht so gut deutsch sprechen. Aber jetzt besser als vorher!“ Ich habe viele neue Wörter kennengelernt.“ Roya, Teilnehmerin am PULS Camp
Roya hat in der Woche beim PULS Camp zum Beispiel bei der „Herzaktion“ in der Grünen Oase mitgemacht, einem Gartenprojekt vom Bund Deutscher PfadfinderInnen und dem BUND im Mädchen-Kulturhaus im Viertel. Das ist ein sicherer Freizeitort für junge Frauen zwischen 17 und 25 Jahren, die dort gemeinsam gärtnern, upcyclen und über Klimaschutz diskutieren können. Roya hat außerdem für die kleine Ausstellung am letzten Abend des PULS-Camps Fotos von den gemeinnützigen Aktionen der Jugendlichen gemacht. Sie kann sich vorstellen, ein FSJ zu machen, um ihre Deutschkenntnisse noch weiter zu vertiefen. Auf jeden Fall wollen Fenja und sie sich wieder treffen. Fenja studiert in Bremen und hat über den Uni-Verteiler vom PULS Camp erfahren.
„Ich engagiere mich schon, aber noch nicht sehr viel, weil ich erst vor einem Jahr hergezogen bin. Deshalb suche ich gerade noch nach etwas Weiterem. Bisher bin ich in der Uni in der Fachschaft und bei Viva con Agua.“ Fenja, Teilnehmerin am PULS Camp
Geschlecht & junges Engagement
Im Freiwilligensurvey von 2014 wurde Engagement unter anderem in Bezug auf Geschlecht untersucht. Dabei zeigte sich in der jungen Generation, dass Schülerinnen und Schüler sich zu gleichen Anteilen engagieren. Unter allen 14 bis 29-jährigen engagierten sich Frauen im Jahr 2014 jedoch etwas weniger. Wie die aktuelle Entwicklung ist, wird sich im nächsten Freiwilligensurvey zeigen. Konrad Kreuzer beobachtet in der Praxis mit den Jugendlichen schon einen Wandel, so sieht er in dieser Altersgruppe mehr Frauen als Männer im Engagement. Und wie ist es um das Geschlechterverhältnis in verschiedenen Bereichen unter den jungen Menschen bestimmt? Im PULS Camp gingen Konrad Kreutzer zufolge sowohl Frauen in Werkstätten, als auch Männer in Gartenprojekte.
Fenja hat auch eine neue Inspiration gefunden, wofür sie sich engagieren könnte: In der Cirkusschule Jokes, wo für Kinder und Jugendliche kostenlos vielerlei ausprobieren können, etwa beim Diabolo oder Jonglieren. Fenja hat besonders bei Handwerklichen Arbeiten geholfen, weil der Circus erst vor ein paar Wochen eröffnet wurde, man kann in Zukunft auch bei der Kinderbetreuung helfen.
„Mich reizt beides, weil ich bisher nur im sozialen Bereich aktiv war. Aber es ist eigentlich auch ganz cool, wenn man dann auch etwas körperlich richtig Anstrengendes macht.“ Fenja
Das erste Bremer PULS-Camp war also ein voller Erfolg. Die Jugendlichen konnten sich hier ausprobieren, neue Stärken entdeckten und einige Teilnehmer*innen haben auch eine ganz persönliche „Herzaktion“ für die Zukunft gefunden.
Hannah Lüdert
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