Dieses Jahr haben wir uns zwei Tage lang trotz strahlenden Sonnenscheins in den Hallen der Frankfurter Buchmesse herumgetrieben und dabei viele spannende Neuheiten entdeckt. Auch ein paar sehr interessante und inspirierende Frauen durften wir erleben. Die folgenden Autorinnen legen wir euch nicht nur für die kommenden Herbsttage ans Herz.
Francesca Cavallo: Good Night Stories for Rebel Girls
Mit viel Begeisterung berichtete Francesca Cavallo von ihrem Projekt Good Night Stories for Rebel Girls, das sie zusammen mit Elena Favilli betreibt. Sie berichtete, dass in ihrer Heimat Italien nur 2% der Straßen nach Frauen benannt seien. Und diese Wenigen, noch dazu fast ausschließlich nach Heiligen. Die Welt braucht also mehr berühmte Rebellinnen, beschlossen die beiden Frauen. Das erste Buch der Reihe wurde über Kickstarter finanziert. Es enthält Geschichten von 100 Frauen und Mädchen, die Besonderes geleistet haben. Zu jeder Biographie gibt es zudem eine Illustration, die von verschiedenen Künstlerinnen gestaltet wurden. Die Geschichten der Frauen umfassen jeweils nur eine Seite. Sie sollen Mädchen als Vorbild dienen, mutig zu sein und ihren eigenen Weg zu gehen. Nach dem ersten Band erhielten die Macherinnen so viele neue Vorschläge zu inspirierenden Geschichten, dass es mittlerweile einen zweiten Band gibt. Der erscheint in diesen Tagen auch in deutscher Übersetzung. Über Spendenprojekte werden die Bücher weltweit an Organisationen verschenkt, die Mädchen dabei helfen, stark und selbstbestimmt aufzuwachsen.
Katja Klengel: Girlsplaining
Begeistern konnte uns auch das Programm des Reprodukt Verlags, vor allem das neue Buch der Berliner Autorin Katja Klengel. In Girlsplaining fasst die Kolumnistin ihre Eindrücke der Strukturen, denen junge Mädchen und Frauen unterliegen zusammen. Viele dieser Geschichten spiegeln dabei Erfahrungen wieder, die Klengel selbst während ihrer Kindheit und Jugend gemacht hat. Mit cleveren Bezügen zur Popkultur und viel Humor, beschäftigt sich die Graphic Novel mit weiblicher Sexualität, Geschlechterfragen und deren Platz in der Gesellschaft.
Der Berliner Verlag kann aber nicht nur mit Girlsplaining punkten sondern hat noch weitere starke Frauentitel anzubieten. Pénélope Bagieus Unerschrocken, das vielleicht einige schon kennen und inzwischen zwei Bände umfasst, stellt je 15 spannende Frauen im Portrait vor. Mit Tillie Waldens Pirouetten und Olympia in Love von Catherine Meurisse finden sich noch zwei weitere wundervoll gezeichnete Graphic Novels im Programm.
Jagoda Marinić
Zusammen mit der Autorin Manja Präkels war Jagoda Marinić im Lesezelt auf der Bühne um über Starke Stimmen gegen rechts zu diskutieren. Marinić ist gebürtige Kroatin und lebt heute als Autorin von Romanen, Essays und Theaterstücken in Heidelberg. Unter anderem in ihrem Buch Made in Germany. Was ist deutsch in Deutschland? befasst sie sich mit der Einwanderungspolitik und der Frage nach der Identität der „neuen Deutschen“. Auf die Frage, was typisch deutsch sei, berichtete sie, dass ihr vor allem nach Auslandsaufenthalten immer wieder auffalle, wie sehr Überforderung und Stress hier als Lebensgefühl gelten. Sie wünscht sich, dass man mehr erkennen und anerkennen würde, wie hoch der Lebensstandard in diesem Land eigentlich ist. Sie sieht es nicht als ihre Pflicht als Autorin, sich politisch einzumischen, wohl aber als ihre Bürgerpflicht.
Manja Präkels
Manja Präkels ist hauptsächlich Musikerin und hat in diesem Jahr den Jugendliteraturpreis für ihren Roman Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß bekommen. Stark autobiographisch inspiriert erzählt sie darin von einer Jugend in der ostdeutschen Provinz und von dem doppelten Umbruch, den ihre Generation zu Beginn der 90er erlebt hat. Plötzliche waren sie nicht nur in einem anderen Land, sondern auch noch in der Pubertät. Mit Sorge betrachtet Präkels seit ihrer Jugend das Erstarken rechtsextremer Strukturen in den östlichen Bundesländern. Vor allem in der Jugendarbeit sieht sie einigen Aufholbedarf. Bei Besuchen und Lesungen in Ostdeutschland erlebt sie ein Schweigen zwischen den Generationen und eine Resignation vor rechten Strukturen, die als unveränderlich akzeptiert werden.
Feministische Fragen und Themen waren auf der diesjährigen Buchmesse erfreulich präsent. Neben den genannten Autorinnen konnte man auch noch viele andere Frauen in Diskussionen und Gesprächsrunden erleben. So gab es unter anderem Gespräche mit georgischen Verlegerinnen, lateinamerikanischen Autorinnen und Journalistinnen, die über den Gender Bias im Journalismus sprachen. Auch zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“ gab es eine kleine Ausstellung und verschiedene Veranstaltungen. Dass aber immer noch Handlungsbedarf besteht, zeigt nicht zuletzt die Absage von Anna Todd. Die US-amerikanische Autorin sagte ihre Teilnahme an der Messe ab, nachdem Männer sie in der Hotelbar belästigten und beschimpften. Sie geht davon aus, dass diese Männer ebenfalls Gäste der Buchmesse waren, wodurch sie sich auf der Veranstaltung extrem unsicher und unwohl fühlte. Weder die Hotelangestellten noch die verständigte Polizei waren bereit ihr wirklich zu helfen, woraufhin sie ihren Aufenthalt abbrach.
Marion Rave und Anna Barg
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