Erst vor ein paar Tagen boten uns die Fußballspielerinnen von Werder Bremen eine Rekordszenerie im Weserstadion: 20.417 Zuschauer*innen genossen ein spannendes Spiel zwischen den Spielerinnen des Vereins FC Freiburg und den Gastgeberinnen.
Vor ein paar Jahren angesichts der Geschichte des Fußballs der Frauen noch unvorstellbar. Wie kam es zu diesem Tag und wo befinden sich Lücken in Sachen Gleichstellung? Die Geschichte ab Anfang des 20. Jahrhunderts verschafft einen Überblick.
Die Zeit während des Erstes Weltkriegs erwies sich als kultureller Umschwung innerhalb der Sportart. Da viele der Männer in den Krieg eingewickelt waren, konnten Frauen Einblicke in andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens gewinnen und unter anderem an Sportarten teilnehmen, die bis davor für die männliche Fraktion vorgesehen waren. Während der Spiele lag der Fokus mehr auf dem Äußerlichen als auf der spielerischen Leistung der Spielerinnen. Im Zweiten Weltkrieg stürzten die neuen Aufschwünge ein. Frauen mussten in ihre gesellschaftlich-vorgeschriebenen Rollenmuster zurück. Bis 1970 verwies der Deutsche Fußballbund auf ein offizielles Verbot von Gründungen von Frauen-Fußballabteilungen. Trotz des Verbots gründeten Vereine weibliche Teams und widersetzten sich den Vorgaben des Deutsches Fußballbundes. Bei einem Spiel von deutschen Spielerinnen gegen die Niederlande im Jahr 1957 schauten 17.000 Menschen zu.
Neben den Widersetzungen in Zeiten des Verbots waren die Vorurteile gegenüber weiblichen Teams nicht wegzudenken. “Unästhetische Bewegungsabläufe”, “hohe Verletzungsgefahr” oder “Gefährdung des weiblichen Körpers” waren nur ein paar der vielen Argumente gegen fußballspielende Frauen, die Mitte des 20. Jahrhunderts verbreitet wurden. Des Weiteren lieferte der holländische Psychologe und Anthropologe Fred J. J. Buytendijk wissenschaftliche Studien, in der er Fußball als männlichen Sport manifestiert und von der Uneignung von weiblichen Spielerinnen berichtet.
Am 30. Oktober 1970 hob der Deutsche Fußballbund sein Verbot auf und ließ nach medizinischen Gutachten und nur unter Einhaltung von besonderen Bedingungen den Fußball der Frauen zu. “Nur bei guter Witterung”, “Nutzung von Jugendbällen” und “die Begrenzung der Spielzeit auf zweimal 30 Minuten” waren ein paar der Sonderregelungen für weibliche Spielerinnen. Nach der Aufhebung erlebte der Frauenfußball einen großen Andrang. Nach und nach schaffte der DFB die Sonderregelungen für weibliche Spielerinnen ab. Seit 1982 gibt es nun die deutsche Nationalmannschaft, die sieben Jahre nach Gründung die Europameisterschaft gewann. Bereits zweimal, in den Jahren 2003 und 2007, holten deutsche Nationalspielerinnen den Weltmeistertitel nach Hause. Mit der Europameisterschaft 2022, in der die Frauen bis in das Finale gegen England gekommen sind, wurde der Andrang größer und größer.
Trotz des steigenden Interesses und zunehmender Sichtbarkeit ist eine Gleichstellung zwischen Männer- und Frauen-Fußball lange nicht erreicht. Viele weibliche Spielerinnen in der ersten und zweiten Liga üben neben ihrer Leidenschaft einen anderen Beruf aus oder befinden sich im Studium oder Ausbildung. Somit gestaltet es sich schwierig, den Sport professionell auszuüben. Lina Magull, Nationalspielerin bei Bayern München, forderte daher eine bessere Bezahlung für Profi-Fußballerinnen. Somit wäre sichergestellt, dass alle Spielerinnen den Fokus auf das Spielen haben und nicht nebenbei einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen müssen.
Auch den vorherrschenden Sexismus gilt es, aus dem Weg zu räumen. Die stereotypischen Argumente, die vor einigen Jahrzehnten, in aller Munde waren, scheinen einen Nachdruck auf die heutige Situation von fußballspielenden Frauen zu haben. Erst im Spätsommer berichteten mehrere Medienhäuser über die Verletzung von Nationalspielerin Giulia Gwinn. In einigen Berichten legten die Autor*innen den Fokus auf ihr Aussehen, ihre Weiblichkeit und ihre Reichweite auf Social-Media-Portalen, indem sie in erster Linie als “unsere Hübscheste” oder “Influencerin” bezeichnet wird. Sie alles andere als “Profi-Fußballerin” zu betiteln, vermittelt den Eindruck, sie in ihrem Beruf nicht ernst zu nehmen.
Mit den Erfolgen des Frauenteams auf Bundes- und Länderebene wird die Entwicklung angekurbelt und zeigt eine andere Seite der sonst männlich-geprägten Sportart. Von Chancengleichheit innerhalb der Vereine und den Geschlechtern ist die heutige Situation dennoch fern von akzeptabel. Mit einem Blick auf die Geschichte des DFBs gegenüber Frauen, die Fußball spielen, ist dennoch eine Bewegung in Richtung Gleichberechtigung zu beobachten, die es gilt, weiter auszubauen.
Melisha Schuller
Jenny meint
Toll, das mal so kompakt nachlesen zu können! Interessant finde ich auch den FC Viktoria Berlin und deren Frauenmannschaft, die von einem Gründerinnenteam als Startup geführt. Dort wird den Spielerinnen (auch wenn momentan vorerst im Unfang einer Aufwandsentschädigung) Geld gezahlt, was außerhalb der Bundesliga für den Frauenfußball eine Neuheit ist soweit ich weiß.
Conny Schuller meint
Sehr guter informativer Kommentar.
Ein Thema, dass so lange aktuell bleiben sollte bis die Gleichberechtigung vollzogen wurde.