Uraufführung am Theater Bremen – mit Futuralgia präsentieren Choreografin Núria Guiu Sagarra und die Bremer Tanzkompanie Unusual Symptoms ein außerordentlich aktuelles Werk. Dabei holen sie Körper aus deren digitaler Repräsentation zurück auf die Bühne.
Körper im Digitalen
Im digitalen Zeitalter sehen wir ständig Körper anderer Menschen. Doch oft nicht in unmittelbarer Nähe, sondern auf dem Bildschirm. Choreografin Núria Guiu Sagarra fragt schon länger nach dem Einfluss des Internetzeitalters auf den Blick auf Körper.
„Wie werden Körper im Digitalen abgebildet? Welche Rolle spielt das für die Erzeugung persönlicher und kollektiver Identität?“ (Theater Bremen)
Gemeinsam verarbeiteten Sagarra und Unusual Symproms verschiedene Assoziationen dazu in Futuralgia. Die Choreografie zeigt „die Körper im Spiegel ihrer virtuellen Abbilder“ (Theater Bremen).
Zurück auf der Bühne
Neon-Farben, grelles Licht und futuristische Musik begleiten das tänzerische Wechselspiel aus Synchronität und Chaos, Gemeinsamkeit und Anonymität, Nähe und Ferne. Wiederkehrende Motive sind Konkurrenz und Nachahmung. Im Internet, genau wie hier auf der Bühne, betonen Männern besonders häufig Kraft und Ausdauer. Viele Frauen hingegen setzten ihre Körper besonders anhand vermeintlicher Schönheitsideale in Szene. Die perfekt ausgerichteten Körper lösen nicht nur beim Betrachten auf dem Bildschirm ambivalente Gefühle aus. Auch wir Zuschauer*innen blicken aus allen Richtungen wie durch den Bildschirm auf die Tänzer*innen. Denn wir sitzen um die Bühne verteilt – kein Verstecken, kein Detail der Bewegung entgeht. Wir ereben einerseits die Distanz und andererseits sind wir nah dran – wie im Internet. Diese Uneindeutigkeit von Nähe und Ferne ist in Futuralgia ungeschönt und bewusster als sonst zu erleben. So spiegelt die Inszenierung tägliche Erlebnisse. Und schärft unsere Sinne für die Wirkung digitaler Körper-Bilder.
Futuralgia – Thema als Methode
Die Tänzer*innen haben das Verhähltnis von Körper und Digitalität am eigenen Leib erlebt – verstärkt durch die Corona-Pandemie. Denn durch den Lockdown kurz nach Beginn der Proben verlagerte sich das Choreografieren selbst ins Netz.
„Während all dieser Zeit verwandelten sich der persönliche Kontakt und die physische Erfahrung anderer Körper im Raum langsam in ein nostalgisches Gefühl.“ (Tänzerin Jerenja Fekonja, Hospitantin bei Futuralgia, im Interview)
Dies bedeutete Belastung und ermöglichte zugleich neue Erfahrungen für die Tänzer*innen:
„Plötzlich wurde unser Thema zur Methode, der „digitale Körper“ wurde zu unserem wichtigsten Werkzeug.“ (Jerenja Fekonja im Interview)
Intensive Recherche über Sport- und Yoga-Apps waren Teil des Arbeitsprozesses. Nach drei Monaten Proben im Wohnzimmer und der zweimonatigen Sommerpause holte die Kompanie den pinkfarbenen Teppich wieder auf die Probenbühne. Nach zwei verschobenen Premieren ist es nun soweit – Futuralgia ist auf der Bühne zu erleben.
Besetzung
mit: Aaron Samuel Davis, Gabrio Gabrielli, Alexandra Llorens, Nora Ronge, Andor Rusu, Young-Won Song
Choreografie Núria Guiu Sagarra
Bühne und Kostüme Anna Lena Grote
Licht Ralf Scholz
Musik Nil Ciuró
Dramaturgie Gregor Runge
Choreografische Mitarbeit Andy Zondag
Futuralgia – Termine
Karten beim Theater Bremen können dort direkt abgerufen werden.
Hannah Lüdert
Schreibe einen Kommentar