Die Frau, über die ich heute schreibe, wäre fast keine gewesen. Sondern ein Mann. Schuld daran ist Sexismus, der in Spielen und in der Spieleszene vorherrscht: Als Hauptfiguren werden oftmals lieber männliche als weibliche Charaktere vermarktet.
„Life is Strange”? Gaming is Strange!
Max(ine) Caulfield ist der Name der weiblichen Hauptfigur des Videospiels „Life is Strange“. Als die französischen Entwickler*innen von Dontnod Entertainment für dieses Spiel einen Publisher, also eine Firma, die das Spiel veröffentlicht, suchten, gab es zunächst keine Bereitschaft, das Spiel zu sponsern. Alle angefragten Firmen wollten das Geschlecht der weiblichen Hauptfigur umschreiben.
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In „Life is Strange“ schlüpfen Spieler*innen in Max Rolle. Das bedeutet, dass sich die spielenden Personen mit einer weiblichen Figur identifizieren und das komplette Spiel aus ihrer Sicht durchspielen. Nun scheint in unserer Gesellschaft aber die Vorstellung, dass Frauen sich zwar mit männlichen Figuren identifizieren können, Männer aber auf gar keinen Fall mit weiblichen, vorzuherrschen. Anders kann die ablehnende Haltung gegenüber weiblichen Figuren nicht erklärt werden.
Frauencharaktere in “Life is Strange”
In „Life is Strange“ trifft „Coming of age“ auf “Twin Peaks”. Die 18 jährige Max Caulfield kehrt nach Arcadia Bay, ihrem Heimatort aus Kindheitstagen, zurück. Dort will sie Fotografie studieren und trifft auf ihre ehemals beste Freundin Chloe Price. Spieler*innen können Max Geschichte in 5 Episoden durchspielen, wobei die Entscheidungen der Spieler*innen große Auswirkungen auf den Verlauf der Geschichte haben. Das Spiel basiert somit auf dem Mutiple-Choice-Prinzip. Kern des Spiels ist das Verschwinden von Rachel Amber, auf deren Suche sich Max und Chloe begeben. Hilfreich dabei ist Max Gabe, die Zeit zurück zu drehen. Neben dem Mysterium um Rachels Verschwinden müssen Max und Chloe auch das Mysterium des „Erwachsenwerdens“ bewältigen.
„Life is Strange“ ist ein Spiel, dass Spieler*innen endlich einmal die Möglichkeit zur Identifikation mit einer weiblichen Figur ermöglicht. Weibliche Charaktere sind in Spielen sonst oft nur im Hintergrund und klischeehaft vorzufinden. Oft werden Frauencharaktere in knappen Outfits und ohne Charakteristika dargestellt. Dabei werden sie objektifiziert und scheinen lediglich zum „Anschauen“ für eine männliche und heterosexuelle Zielgruppe gedacht zu sein.
Intersektionalität in Videospielen
Dieser Sexismus muss benannt und kritisiert werden. Hilfreich wäre es auch, wenn endlich mehr Spiele mit starken Frauencharakteren auf den Markt kommen würden. Doch leider steht „Life ist Stange“ hier allein auf weiter Flur. Als weiteres positives Beispiel ist jedoch auch das 2013 erschiene Spiel „Remember me“ zu nennen. Dieses wurde ebenfalls von Dontnod Entertainment veröffentlicht. In „Remember me“ ist die Hauptfigur nicht nur weiblich, sondern auch eine „person of color“.
Tell us what you think of it!!! "@xboxuk #RememberMe is out today – don't forget to pick it up! pic.twitter.com/ByBW2Et33R"
— Remember Me Game (@remembermegame) June 7, 2013
Dies ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, denn neben Sexismus ist auch Rassismus ein großes Problem in Videospielen. Häufig werden nicht-weiße Personen sehr klischeehaft dargestellt. Viele Beschwerden gab es beispielsweise zum Spiel „Grand Theft Auto”, in dem nicht-weiße Personen oft ein pathologisch kriminelles Verhalten zugeschrieben wird. Rassismus und Sexismus sind gleichermaßen zu kritisieren und gehen häufig miteinander einher. Die Spieleszene muss für diese Intersektionalität sensibler werden.
Sexismus als ein gesamtgesellschaftliches Problem
Nicht nur in Spielen fehlen starke Frauencharaktere, sondern auch auf der Kinoleinwand und im Bücherregal. Vor einigen Wochen veröffentlichten wir einen Text über den Bechdel Test, der Filme bezüglich der Darstellung von weiblichen Charaktere untersucht. Auch hier sind weibliche Figuren mehr als unterpräsentiert. Sexismus – ebenso wie Rassismus – sind strukturelle Probleme, die die gesamte Gesellschaft durchziehen. Sie müssen daher auch gesamtgesellschaftlich bekämpft werden. Videospiele, Filme und Bücher zu veröffentlichen, in denen die Hauptcharaktere weiblich und nicht mit Klischees behaftet sind, ist dabei ein wichtiger Schritt.
Happy #InternationalWomensDay to all women out there, each awesome in their own way! pic.twitter.com/hv4noMTBL7
— Life is Strange (@LifeIsStrange) March 8, 2017
„Life is Strange“ konnte trotz – oder gerade wegen – der weiblichen Protagonistin große Erfolge erzielen. Rund 3 Millionen Spieler*innen weltweit schlüpften in die Rolle der Max Caulfield. Am 18. Mai bestätigten die Entwickler*innen, dass es einen Nachfolger geben soll. Darauf können wir uns jetzt schon einmal freuen.
Laura Gerken
Lewis meint
Super guter Artikel und super gutes Spiel. Ich denke, das Thema ist jetzt 5 Jahre später immer noch hochaktuell.
TWs wären gut, weil das Spiel im Laufe der Episoden immer dramatischer wird und Leute, die das spielen wollen, das gerne vorher wissen sollten. Die TWs könnten zwar auch Spoiler sein, aber das Spiel beinhaltet Themen wie Suizid, Waffengewalt, und sexuellen Missbrauch.
Andere gute Spiele mit FLINTA Charakteren sind “Beyond: Two Souls”, wo man Elliot Pages Charakter Jodie spielt und mit dem Geist/Spirit Aiden, den Jodie kontrollieren kann verschiedene Episoden spielt, die sich mit den unterschiedlichsten Themen befassen (u.a. Wohnungslosigkeit, Mobbing, Pubertät, Familie). Außerdem Teil zwei und vier der “The Walking Dead” Spielreihe wo man die junge Clementine spielt und gegen Zombies kämpft.
Hannah Lena meint
Nicht nur hat Life Is Strange eine weibliche Hauptfigur, sondern eine frauenliebende Frau dazu! Ebenfalls eine Seltenheit in der Welt der Games. Momentan verändert sich da allerdings einiges, leider gibt es bei jeder weiblichen Figur immer Backlash. Ähnliches konnte man ja auch bei den letzten zwei “Star Wars”-Filmen beobachten oder jetzt, wo die Hauptrolle in “Doctor Who” weiblich besetzt wurde.