In erschreckendem Maße nimmt die Gewalt gegen Frauen zu. Fast jeden Tag findet in Deutschland ein Femizid statt. In den letzten Wochen verging kein Tag, ohne eine Meldung einer Gewalttat oder eines Femizids. Ein Femizid bezeichnet einen Mord aus Hass an einer Geschlechtsidentität.

Nicht nur die räumliche Nähe lässt die Tat grausamer Teil der eigenen Lebensrealität werden. Am 12. Mai 2025 gab es nicht weit von Bremen zwei Femizide. Einer in Varel, der zweite in Nienburg. In beiden Fällen wurden die Frauen von ihren Ex-Partnern getötet. Ein Tathergang, so grausam wie altbekannt. Die Systematik hinter geschlechtsspezifischer Gewalt ist nicht zu übersehen, schaut man sich auch nur einen Bruchteil von dem an, was Frauen auf der ganzen Welt jeden Tag erleben. Dass ein Mann zu einem solch schrecklichem Handeln fähig ist, ist erschreckend, aber nicht unerklärlich. Hinter einem Femizid steht oft das Erheben eines Besitzanspruchs, den ein Mann über „seine“ Frau meint zu haben. Entzieht sie sich seiner Kontrolle, z. B durch eine Trennung, scheint der Verlust des „Besitzes“, das Einbüßen der eigenen Macht ein schlimmeres Schicksal als sich selbst zum Mörder machen.
Doch kein Mann auf dieser Welt wird als das geboren – machthungrig, besitzergreifend, gewalttätig. Es sind Eigenschaften, die sich durch eine Jahrtausende alte Vorherrschaft sexistischen Denkens entwickelt und die sich tief in unserer Vorstellung von Geschlecht verankert haben. Wie hat ein Mann zu sein? Wie eine Frau? Die Antworten auf diese Fragen spiegeln wider, was die geschlechtsbezogenen Zuschreibungen sind, die einen Menschen letztendlich zu der Person formen, die er ist.
Stellen wir uns nun die Fragen: „Wie ist ein freier Mensch? Eine freie Frau? Ein freier Mann?“ sind die Antworten sicherlich so vielseitig, wie kontrastreich zu den vorherigen. Vielleicht mögen sie eher wie eine Utopie wirken, formlos, schwer vorstellbar bei all der Gewalt. Vielleicht sind sie auch mit der Erkenntnis verbunden, dass wir selbst immer noch viel tiefer in zugeschriebenen Geschlechterrollen stecken, als man denkt.
Dass sich Geschlechterverhältnisse nicht von heute auf morgen ändern werden, ist eine Tatsache. Genauso ist es Tatsache, dass sie nicht in Stein gemeißelt sind und sich mit jeder gesellschaftlichen Entwicklung verändern. Diese Veränderung ist in jeder Frau und in jedem Menschen, der dagegen ankämpft, zu spüren.
Doch wo fangen wir an?
Gewalt an Frauen, in unserem nächsten Umfeld löst zurecht Angst und Erschrecken aus. Es erweckt Zweifel daran, dass Veränderung überhaupt eine Möglichkeit ist. Doch wo diese Gedanken aufkommen wird klar – Veränderung ist sogar notwendig. Sich der Angst oder einem Zustand des Stillstands hinzugeben fechtet den Sexismus nicht an, intensiviert ihn viel eher noch. Solch niederschlagende Gedanken sind nichts, was einen freien Menschen ausmacht. Ein Schritt, hin zu einer geschlechterbefreiten Welt, den wir jetzt schon jeden Tag gehen können, ist freie Gedanken und einen freien Willen zu entwickeln, welche sich von dem unterscheiden, was stereotypisiernde Bilder von Geschlecht uns beibringen. Freie Gedanken und ein freier Wille sind der Ausgangspunkt für das Erkennen von Ungerechtigkeit, sowohl in unseren Beziehungen zu Freund*innen, Familie, Partner*in, als auch in der gesamten Gesellschaft.
Werden die Gedanken gebündelt und wird der Wille in Form von Organisation gebündelt, kann eine Bewegung entstehen, die ganz klar sagt: So will ich nicht leben! Oft merken wir erst im Austausch mit anderen, dass die Beziehungen, die wir führen von sexistischen Strukturen geprägt sind. Genauso entsteht im Austausch mit Anderen oftmals die Kraft, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Was für Auswirkungen eine Organisierung haben kann, die auf einem gemeinsamen Willen beruht, kann an Bewegungen wie „Ni una menos“ aus Mexiko oder der kurdischen Frauenbewegung, die weltweit, auch hier in Bremen, aktiv ist, leicht erkannt werden.
Die steigende Zahl der Femizide bleibt auch in Deutschland nicht unbeantwortet. In jeder Stadt gibt es Menschen, die erkennen, dass diese Gewalt einem Krieg gleicht, der sich nicht gegen einen Staat richtet, sondern gegen ein Geschlecht. Es ist an der Zeit laut zu werden, keinen einzigen Mord an einer Frau, Personen anderer unterdrückter Geschlechter, unbeantwortet zu lassen und eine Zukunft zu gestalten, die der Würde eines jeden Menschen gerecht wird!
Nur organisiert können wir dieser Bedrohung begegnen. Es muss eine Selbstorganisierung derjenigen geben, die vom Patriarchat betroffen sind! Auch hier in Bremen ist dies in zahlreichen Organisierungen möglich.
ein Gastbeitrag von der Junge Frauen Kommune Bremen
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