Dass das Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall B. Rosenberg nicht nur ein großer Erfolg wurde, sondern auch etlichen Seminaren und Workshops als Grundlage dient, machte mich neugierig. Als Hörbuch nahm ich die Worte und Erklärungen auf – mit gemischten Gefühlen und Gedanken.
GfK klingt gut, ja klar. Gewalt ist nie eine gute Strategie. Und wer will schon von sich sagen, gewalttätig zu reagieren und/oder zu kommunizieren?
Wie kann es gehen?
Ich bin allerdings skeptisch, dass GfK mittels Erklärungen und Beispielen erlernt werden kann. Zu erkennen, wo in der Kommunikation Gewalt ausgeübt wird, ist ein erster und wichtiger Schritt. Dann davon auszugehen, dass Gewalt in der Verständigung dadurch abgestellt, also dass die Wortwahl entsprechend den Vorschlägen bei Rosenberg angepasst wird, ist meiner Ansicht nach ein Trugschluss und zu optimistisch.
Und so erlebte ich es auch, dass Menschen, die begeistert von dem Buch dann bewusst auf ihre Worte achteten, mir vorkamen wie Wölfe im Schafspelz. Zudem empfand ich diese Menschen wenig authentisch und hatte das Gefühl, dass vor jeder Äußerung ein auswendig gelerntes Konzept abgearbeitet wurde, bevor sie etwas sagten: wenig spontan, distanziert, leblos. Und sobald sie von ihren Gefühlen übermannt wurden, schien auch jegliche GfK aus dem Kopf.
Innere Einstellung – Respekt
So gut der Ansatz in dem genannten Buch auch ist und so sehr ich es nötig finde, auf die Wortwahl zu achten, so steht für mich an oberster Stelle die innere Einstellung. Wenn diese nicht von Respekt geprägt ist, ändern auch gelernte Sätze wenig im zwischenmenschlichen Umgang. Zwar wird das auch bei Rosenberg erkennbar, für mein Verständnis aber zu wenig.
Nebenbei möchte ich noch sagen, dass mir die Beispiele im Buch für eine alltägliche Verständigung sehr gekünstelt schienen. Unter Respekt verstehe ich übrigens, mein Gegenüber als ebenbürtige, erwachsene Person wahrzunehmen (das gilt im Großen und Ganzen auch für Kinder), die ihr Leben so führt, wie es für sie am besten ist. Als einen Menschen, der Entscheidungen im Leben trifft, die ich vielleicht nicht nachvollziehbar finde. Nichtsdestotrotz steht es mir nicht zu, daran Kritik zu üben oder gar jemanden von etwas anderem überzeugen zu wollen. Das wäre nicht nur respektlos, sondern auch anmaßend zugleich. Es gibt ein indianisches Sprichwort, das ich sehr aussagekräftig finde:
„Gehe hundert Schritte in den Schuhen eines anderen, wenn Du ihn verstehen willst.“
Akzeptanz
Für mich drückt sich Respekt, und damit Gewaltfreiheit, in Akzeptanz aus; die innere Überzeugung, dass ich nichts besser weiß als meine Gegenüber. Und selbst dort, wo ein Mensch einen bedenklichen Weg betritt, einem offensichtlichen Irrtum oder einer Täuschung unterliegt, kann und sollte ich ihn nicht von anderem zu überzeugen suchen. Ich kann höchstens, wenn gewünscht und eine Offenheit vorhanden, sanft und bei mir bleibend meine Ansicht, meine Bedenken schildern; was mein Gegenüber davon aber nach innen nimmt, liegt nicht in meiner Macht und darum sollte es auch nicht gehen.
Wahrscheinlich kennt jede/r, wie unangenehm und gewalttätig es ist, wenn jemand uns von etwas abhalten will, unsere Entscheidung verurteilt, Alternativen ungebeten vorbringt; und zur Krönung dann auch noch nachfragt, ob man die aufgedrängten Hinweise umgesetzt hat.
Augenhöhe
Ich glaube, die eigene Kommunikation ändert sich vor allem dann, wenn ich bereit bin, anderen auf Augenhöhe zu begegnen, mir bewusst mache, was mir selber ge- und was mir missfällt in der Reaktion anderer auf mich, und versuche, das Gute und Vertrauen schaffende für andere zu verinnerlichen und weiterzugeben. Dann, aber auch erst dann entsteht meiner Meinung nach authentische gewaltfreie bzw. respektvolle Kommunikation – und das ganz ohne großes theoretisches Konzept. Leider sind die alten Sprichworte aus der Mode gekommen, denn das folgende drückt fast alles aus:
„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“
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