In Filmen nehmen Frauen seltener als Männer zentrale Rollen ein. Auch werden sie oft sehr einseitig oder stereotypisch dargestellt. Das hängt mitunter damit zusammen, dass die meisten Filme von Männern gemacht werden. Wenn Frauen jedoch Drehbücher schreiben und Regie führen, entstehen oftmals authentische Geschichten, welche Frauen und Mädchen ins Zentrum stellen. Um ebendiese Geschichten hervorzuheben, sind hier ein paar Filmtipps für euch zusammengestellt.
Lady Bird von Greta Gerwig
Greta Gerwigs erfolgreiches Regiedebut Lady Bird erzählt mit Feingefühl die Erlebnisse eines 17-jährigen Mädchens auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden. Christine „Lady Bird“ McPherson lebt in Sacramento, Kalifornien. Sie geht auf eine katholische Schule, eckt dort wegen ihrer unangepassten Art jedoch immer wieder an. Auch mit ihren Eltern, vor allem ihrer Mutter Marion, gerät sie oft aneinander. Marion liebt ihre Tochter und will eigentlich nur das Beste für sie. Gleichzeitig hat sie wenig Verständnis für Christines Verhalten und kann nicht anders als sie immer wieder zu kritisieren. Genervt von ihrer Familie und der Einöde ihrer Heimat, versucht Christine sich abzukapseln und herauszufinden, wie sie ihr Leben gestalten möchte. Sie schließt neue Freundschaften, macht erste Liebeserfahrungen und verlässt am Ende ihre Familie, um in New York an die Uni zu gehen. Was diesen Film von vielen anderen Coming-Of-Age-Stories abhebt ist, wie lebensnah er das Erwachsenwerden eines Mädchens darstellt. Christines Leben ist keine klischeebehaftete Teenie-Geschichte mit definitivem Happy End. Ihr letztes Jahr an der High School verläuft wie bei vielen Jugendlichen: mit Höhen und Tiefen. Nicht alle Freundschaften halten und auch ihre ersten beiden Romanzen erweisen sich als Fehlschläge. Doch gerade deshalb ist ihre Geschichte vor allem nachempfindbar für alle, die einmal junge Frauen waren oder es gerade sind.
Die Verführten von Sofia Coppola
Sofia Coppolas achter Film Die Verführten ist ein Remake des Films Betrogen von 1971. Handlungsort ist eine Mädchenschule in Virginia zu Zeiten des Amerikanischen Bürgerkrieges. Kurz vor Kriegsende trifft eine der Schülerinnen im Wald auf John McBurney, einen verwundeten Soldaten der verfeindeten Nordstaaten. Er bittet um Hilfe und wird zunächst unter großer Skepsis von der Schulleiterin aufgenommen und versorgt. Mit der Zeit gelingt es McBurney, die Zuneigung der Frauen und Mädchen zu gewinnen. Diese wiederum konkurrieren immer mehr um seine Gunst. Der Lehrerin Miss Morrow gesteht der Soldat eines Tages seine vermeintliche Liebe. Jedoch zerstört ein Akt der Untreue gegenüber ihr das mühsam erkämpfte Vertrauen zwischen ihm und den Internatsbewohnerinnen. Nun wendet sich das Blatt und McBurney zeigt sich von einer anderen Seite. Er bedroht die Frauen und Mädchen. Diese schließen sich letzten Endes zusammen und erlösen sich gemeinsam von dem Tyrannen. Das gelungene Remake schildert die Geschichte aus der Sichtweise der Frauen, anders als im Original. Somit wird eine Erzählung über Geschlechterbeziehungen aus der weiblichen Perspektive beleuchtet, welche oftmals übergangen wird. Coppolas Film, für welchen sie auch das Drehbuch schrieb, ist ein spannendes, Frauen-zentriertes Update einer fesselnden Geschichte. Auf dem Cannes Filmfestival erhielt sie die Auszeichnung für die beste Regie.
Frida von Julie Taymor
Frida thematisiert das Leben und Schaffen der mexikanischen Malerin Frida Kahlo. Regie führte Julie Taymor. Salma Hayek war als Hauptdarstellerin und Co-Produzentin involviert. Der Film beginnt mit einem Busunfall, den Kahlo mit 18 Jahren erlitt und dessen Folgen ihr weiteres Leben in vielerlei Hinsicht prägen sollten. Zunächst gebunden an das Krankenbett, fängt sie mit der Malerei an, welche sie als Mittel benutzt, um ihre körperlichen und seelischen Schmerzen zu verarbeiten. Ihre Bilder bringen ihr später die Bewunderung des Wandmalers Diego Rivera ein. Die beiden Kunstschaffenden gehen eine dysfunktionale Ehe ein, welche sich durch mehrere Affären beiderseits auszeichnet, aber auch durch lebenslange Loyalität zueinander. Der Film behandelt mit Sensibilität das Leben einer realen Person, die heute weltweit bewundert wird. Anstatt Frida Kahlos Geschichte Hollywood-gerecht herzurichten, versucht Regisseurin Julie Taymor nahe an der Wirklichkeit zu bleiben. Auch werden Kahlos Kunstwerke unmittelbar in die Erzählung mit eingebunden. Szenen beginnen als Gemälde und gehen dann langsam in reale Bilder über. Dadurch wird Kahlos Kunst als erzählerisches Stilmittel zu einem wesentlichen Teil des filmischen Werkes.
Dass Filme nur eine Illusion der Wirklichkeit kreieren, zeigt dieser Film aber auch: Salma Hayek wurde während der Arbeit an Frida immer wieder von Hollywood-Produzent Harvey Weinstein sexuell belästigt und tyrannisiert, wie sie in einem offenen Brief in der New York Times schilderte. In diesem Artikel könnt ihr mehr dazu lesen. Das Schaffen eines gewalttätigen Mannes soll durch diesen Filmtipp auf keinen Fall hervorgehoben werden. Stattdessen möchten wir einen Film vorstellen, der vor allem von zwei Künstlerinnen in langjähriger Arbeit realisiert wurde und ihnen seinen Erfolg letztendlich verdankt. Salma Hayek und Julie Taymor schufen mit Frida eine beeindruckende, bildnerische Hommage an eine der bedeutendsten Künstlerinnen weltweit.
Katharina Marks
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