In der globalisierten Welt wird auch die Liebe immer internationaler, sodass binationale Beziehungen heute längst keine Ausnahmeerscheinung mehr sind.
Der gemeinnützige Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf) ist eine bundesweite Interessenvertretung und setzt sich seit über 40 Jahren für das Recht aller Menschen auf ein selbstbestimmtes Familienleben ein, indem sie diesen Familien und Partnerschaften in der Öffentlichkeit und in der Politik Gehör verschafft. Barbro Krüger fing 1979 als Studentin an, sich für die iaf zu engagieren und konnte mir während unseres langen Gesprächs einen guten Einblick in die Arbeit des Verbandes geben.
Beratungsangebote und Projekte.
Für Menschen in binationalen und bikulturellen Familiensituationen gibt es bei der iaf verschiedene Beratungsangebote, wie die Weitergabe rechtlicher Informationen, eine allgemeine psychosoziale Beratung sowie eine anwaltliche Rechtsberatung. Fragen rund um Familiennachzug oder zum Aufenthaltsrecht können hier beantwortet werden. Darüber hinaus leitet die iaf verschiedene Projekte, zu denen auch Seminare zur mehrsprachigen Erziehung von Kindern gehören. Neben den Beratungsangeboten und Projekten ist für Barbro Krüger auch wichtig, einen Ort für den Austausch unter bikulturellen Familien und Partnerschaften zu schaffen. Deshalb wird jeden vierten Sonntag im Monat ein Brunch veranstaltet, bei dem Menschen aus bikulturellen Familiensituationen in lockerer Atmosphäre aufeinandertreffen können, um neue Kontakte zu knüpfen.
Gesetzliche Hürden, die binationale Familien lange voneinander trennen.
Momentan engagiert sich die iaf gegen den Nachweis der Grundkenntnisse in der deutschen Sprache vor dem Ehegattennachzug, weil der geforderte Sprachtest in vielen Fällen den Nachzug des Ehegatten erheblich verzögert und somit gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Familie und Ehe verstößt. Die iaf kritisiert dabei vor allem, dass deutsch nicht in Deutschland erlernt werden darf. Bereits im Herkunftsland muss ein deutscher Sprachtest bestanden werden. Das Gesetz zum Ehegattennachzug sieht vor, dass den nachzugswilligen Ehegatten aus einem nicht EU-Staat erst bei bestandener Prüfung ein Visum für Deutschland erteilt wird.
Benachteiligt oder privilegiert: Wonach entscheidet sich das?
Nicht alle Menschen haben in ihrem Herkunftsort Zugang zu einem Sprachkurs geschweige denn zu einem Sprachkurs in einem Goethe Institut, wo die Durchfallquote der Kursteilnehmer beim Sprachtest nachweislich geringer ausfällt. Diejenigen, die nicht in einer Hauptstadt leben und zum deutsch lernen in eine andere Stadt reisen müssen, haben meist nicht die finanziellen Möglichkeiten, um die Kosten für Reise, Unterkunft und für die teuren Sprachkurse zu tragen. Auch Analphabeten, Menschen die lateinische Buchstaben nicht kennen und Menschen die wenig Bildung genossen haben werden durch die gegenwärtige Lage erheblich benachteiligt und ausgegrenzt. Nachzugswillige Ehegatten aus den privilegierten Industriestaaten Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland und den USA müssen keine Grundkenntnisse in deutsch nachweisen. Dies lässt vermuten, dass es der Bundesregierung im Grunde nicht um die Sprachkenntnisse der Einreisenden geht, sondern darum, die Zuwanderung aus bestimmten Ländern nach Deutschland zu erschweren. Neben der Abschaffung des Sprachnachweises beim Ehegattennachzug fordert die iaf, dass es Familienangehörigen im Ausland leichter gemacht werden muss, ihre Verwandtschaft in Deutschland zu besuchen. Hier wird die oft willkürliche Vergabe des Visums für einen kurzen Besuch nach Deutschland kritisiert.
Warum nicht mal den Blick auf die Gemeinsamkeiten richten?
Die iaf engagiert sich nicht nur für ein selbstbestimmtes Familienleben, das sich aus dem gemeinsamen Lebensmittelpunkt ableitet und unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Partner ist, sondern auch dafür, dass bikulturelle Verbindungen als gesellschaftliche Normalität akzeptiert werden, damit ein gleichberechtigtes Miteinander auf Augenhöhe stattfinden kann. Zum Ende unseres Gesprächs sagte mir Barbro Krüger, dass sie sich eine Gesellschaft wünscht, die sich nicht nur auf die Probleme und Unterschiede bikultureller und binationaler Familien fixiert, sondern den Blick auf die Gemeinsamkeiten, die Normalität und die Bereicherung durch Ressourcen wie die Mehrsprachigkeit der Kinder wendet und selbstverständlich anerkennt, dass eine bikulturelle Familiensituation kein Zustand ist, für den sich die Menschen rechtfertigen müssen.
Pinar Kranda
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