Nach einer Woche auf der Wochenbettstation war klar: Ich bin beim Stillen völlig blank. Ich weiß darüber nichts. Ich kann dazu nichts sagen und ich kann nicht weiterhelfen.
Stillen ist das Thema nach der Geburt, für das sich alle frischen Mütter interessieren. Sie haben keinerlei Interesse an ihrem Wochenfluss, der Temperatur, ihrem Blutdruck oder gar daran, ob sie schnell genug genügend Wasser lassen können. Wichtig ist nur die Milch.
Theorie…
Darauf war ich nicht vorbereitet, denn im theoretischen Unterricht haben wir noch gar nicht über das Stillen gesprochen. Für mich bedeutete dies: Augen zu und durch. An den Krankenschwestern kleben. Alle Informationen in Stillberatungen oder bei Hilfestellung aufsaugen, Handgriffe abschauen und nur die Ruhe bewahren. Mir mein Lehrbuch unters Kopfkissen legen und wenigstens die Basics draufschaffen. Eine Mindmap erstellen und alles Wissen in Verbindung setzen.
Jetzt, nach drei Wochen auf der Wochenbettstation, fühle ich mich wesentlich sicherer, kann die ersten Standards aufsagen und erste Hilfestellungen geben. Puh, ein Glück. Doch ich merke: meine Mindmap ist noch sehr oberflächlich und es gibt noch so viel mehr zu lernen. Challenge accepted!
… und Praxis…
Was mir auffällt ist der große Druck bei den Frauen, richtig und gut zu stillen. Viele Frauen haben so viele Fragen. Viele Frauen sind sehr unsicher. Die wenigsten sind gelassen und entspannt. Erstgebärende sind so oft schon nach dem ersten Tag mit ihrem Baby verzweifelt und frustriert: „Bei mir kommt keine Milch. Wird mein Kind satt? Muss ich schon pumpen? Muss ich mein Kind wecken zum Stillen? Er/Sie/Es saugt nicht richtig. Was kann ich tun? Muss ich schon was tun? Ist das normal?“
Liebe Frauen, nur weil ihr gerade geboren habt müsst ihr nicht alles wissen und können. Ihr müsst keine Mutter sein, ihr dürft Mutter werden. Das braucht Zeit und das muss nicht sofort geschehen. In den ersten 24 Stunden macht euer Kind so viele krasse abgefahrene Entwicklungsschritte durch. Das ist einfach völliger Wahnsinn. Mal abgesehen davon, dass es sich fast von selbst durch den Geburtskanal gebohrt hat, atmet es selbstständig. Ich finde eigentlich, dass das an Leistung für einen Tag schon völlig ausreicht. Das richtige Saugen muss ebenfalls gelernt und nicht sofort beherrscht werden.
… und ein guter Rat…
Genießt den ersten Tag. Ihr habt alle Milch. Der Magen von einem Neugeborenen ist so groß wie eine Kirsche. Mehr passt da nicht rein. Mehr muss da nicht rein. Wenn ihr stillen wollt, dann klappt das auch. Wenn ihr stillen wollt und zufüttern, dann ist das doch okay. Wenn ihr aus bestimmten Gründen nicht stillen wollt, dann dürft ihr das.
Ich merke im Krankenhaus: es sind nicht alle so gelassen wie ich. Ab und zu bekomme auch ich diesen Still-Druck ab, von dem ich bisher nicht überzeugt bin. Ich sehe jedoch, dass dieser auch Erfolge erzielt. Wenn die Kollegin zum Beispiel einen Babykopf ganz beherzt an die Brust der Frau drückt, in dieser einen Millisekunde, in der der Mund ganz weit offensteht … Schwupps weiß das Baby, was es zu tun hat. Nicht immer beim ersten, aber dann beim zweiten oder dritten Mal. Die Väter gucken noch ganz irritiert, die Mutter verwundert und die Kollegin hört nicht auf den Stillreflex am Kinn heraus zu kitzeln. Trotz alledem und noch auf Grund so vieler erster Erfahrungen mehr lautet mein Plädoyer, als frische Hebammenschülerin bei ihrem ersten Einsatz auf der Wochenbettstation: Probiert’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit und schmeißt die ganzen Sorgen über Bord. Es wird!
Lea Finster
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