Liebe Gebärende*,
du hast dir Gedanken gemacht, dass finde ich richtig toll. Du warst im Geburtsvorbereitungskurs, hast Ratgeber und Broschüren gelesen, alle Menschen erzählen dir gerade ihre einzigartige mehr oder weniger dramatische Geburtsgeschichte. Dein Kopf ist voller Informationen und du versuchst sie zu ordnen. Immer die Balance zwischen deinem Gefühl, deinem Wissen und den Vorstellungen von anderen zu behalten ist nicht leicht. Es wabert unter dir. Dein Baby turnt in deinem Bauch und die Geburt, das Leben danach, wird immer konkreter, je näher der Geburtszeitraum😉 rückt. Was ein Abenteuer, was ein Wagnis. Du hast einen für dich passenden Geburtsplan geschrieben oder einen aus dem Internet ausgedruckt. Alle deine Wünsche sind nun festgehalten, Schwarz auf Weiß. Der Plan liegt in deiner Kreißsaaltasche oder du bringst ihn mit zur Geburtenanmeldung im Krankenhaus.
Soll ich dir verraten, dass ich ebenfalls einen Geburtsplan für dich habe? Ich habe auch einen ganz eigenen für dich entwickelt. Er ist in meinem Kopf und beruht auf meinem gelernten Wissen, meinen Erfahrungen und meinem Gefühl.
Aus der Übergabe weiß ich einige wenige Eckdaten zu deiner Anamnese, Schwangerschaft, den aktuellen Befunden. Wir lernen uns kennen, sobald ich den Gebärraum betrete. Ein erster Eindruck: Wie geht es dir gerade, wo befindest du dich, in welcher Position bist du? Was macht dein Kind und bist du allein oder hast du Begleitung? Du scannst mich genauso ab. Beide hoffen wir eine für uns gute Basis zu finden, uns sympathisch zu sein und uns zu verstehen. In diesem Moment wabert es auch unter mir. Ein Abenteuer, ein Wagnis.
Zurück zu meinem Plan für dich😉. Ich mag dir erzählen was darin steht, was ich mir so ausgedacht habe. Zunächst einmal brauchen wir Sicherheit und Geborgenheit, fühl dich in deinem Gebärraum wohl. Mach es dir gemütlich, soweit es geht. Nimm ein Bad, hör Musik. Deckenstrahler, Neonlicht aus. Ich erkläre dir alles, was ich weiß und so viel du wissen willst. Die Kreißsaal-Routine, wie so ein Krankenhaus funktioniert, Mechanismen, die aufeinander aufbauen und ineinandergreifen. Einen Platz in diesem System musst du finden. Ich versuche es dir leicht zu machen. Was ist in den Schränken und wofür brauchen wir was daraus, unter welchen Umständen? Wie häufig und wann schreiben wir CTG, wie soll das aussehen und welche Auffälligkeiten müssen wir zusammen beobachten? Was können wir dann ändern? Positionen für dich, brauchen wir Aktivität oder Ruhepausen für dein Kind und dich? Mit welchen Medikamenten können, müssen oder sollten wir arbeiten? Was möchtest du? Ganz wichtig bei allem in meinem Kopf und das ist noch so viel mehr: Dein Plan ist genauso wichtig wie meiner. Während deines Gebärprozesses schauen wir, was sich davon deckt und wo wir abweichen müssen. Kompromisse finden. Zurück zum Ausgangspunkt rudern oder einen Teil überspringen. Gemeinsam, ich nehme dich mit.
Die Goldene Regel meines Geburtsplanes für dich lautet: „Was du nicht willst was man dir tut, das füg auch keinem andern zu.“ Mich stört daran genau eine Sache, die will ich dir nicht vorenthalten: Mein Plan ist kein Versprechen. Ich kann es nicht immer halten. Mein Plan ist eigentlich eher eine Wunschliste. Nicht immer werden alle Wünsche dieser Liste erfüllt und doch geben sich alle die größte Mühe, um deinem Wunschplan gerecht zu werden.
Lea Finster
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