Bremer Hörkino „Das Ehebruchskind“ von Charly Kowalczyk im SWB-Kundencenter Anfang September.
Domenica, geboren 1964, lebt schon ihr Leben lang mit dem Stempel eines Ehebruchskindes. Die Beziehung zur Mutter ist schwierig und weder von ihrem leiblichen Vater, noch von ihrem Stiefvater wird sie als Tochter anerkannt. Sie fühlt sich alleingelassen und „weggeschmissen“. Nach dem Tod ihres leiblichen Vaters stellt sich heraus, dass er ein Millionenerbe hinterlässt. Doch das Schweizer Recht von 1977 verwehrt ihr jegliche Ansprüche.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf…
Domenica wächst als Kind einer Dolmetscherin aus Hamburg auf. Sie ist ein Wunschkind, jedoch aus der neun jährigen Liebesbeziehung ihrer Mutter mit einem Schweizer Fabrikanten entstanden. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wächst sie in Hamburg auf. Erst mit vier erfährt sie, dass der vermeintliche Onkel Heinrich ihr leiblicher Vater ist. Die Liebschaft fliegt auf und der Schweizer Fabrikant Adolf Heinrich Deucher möchte von seiner unehelichen Tochter nichts mehr wissen. Er will verhindern, dass Domenica einen Teil seines Vermögens erbt. Dennoch zahlt er Unterhalt. Zahlvaterschaft, nannte sich dieses Schweizer Gesetz von 1977. Es ermöglichte den Fortbestand einer Ehe nach einem Ehebruch des Mannes, verwehrte dem Kind jedoch jeglichen Anspruch auf das Erbe des Vaters.
Ein Jahr nachdem sich die Liebschaft trennt, geht auch die Ehe der Mutter in die Brüche. Zwar lebt diese noch weiterhin mit ihrem Mann und den aus dieser Ehe hervorgegangenen Kindern zusammen, jedoch will der Stiefvater nicht länger als Domenicas Vater eingetragen sein. Mit der Trennung hört Domenica auf, ein Kind zu sein. Die Mutter sieht sie als Ausdruck ihrer enttäuschten Liebe und gibt ihr die Schuld an der verlorenen Liebschaft. Sie schließt ihre Tochter nachts in ihr Zimmer ein, verweigert ihr ausreichend Nahrung und schlägt sie. Zurück bleibt eine Frau, die ihr ganzes Leben um Anerkennung kämpft und ihr Leben durch diese Geschichte leiten lässt.
Die Gesetzeslage – bis zur letzten Instanz
Jahre später, 2012, beantragt sie die Eintragung des Vaters in das Geburtsregister. Sie erfährt, dass ihr Vater seit acht Jahren tot ist. Sie klagt vor Gericht, doch die zurückgebliebenen Schweizer Kinder des Verkaufsdirektors Deucher setzen alles daran, Domenica aus der Familie auszuschließen. Die heute 49-jährige fordert die Gleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern im Erbrecht und einen Anteil an den Hinterlassenschaften ihres Vaters. Die Zahlvaterschaft wurde zwar 1978 abgeschafft, jedoch können vor 1967 geborene Kinder, keinen Ansprüche gegenüber dem leiblichen Vater mehr geltend machen. Domenica kann nicht begreifen, wie ein Mensch sich so verhalten kann und warum ihr Vater zwischen ihr und seinen anderen leiblichen Kindern unterschied.
Nach der Veröffentlichung des Features sind mehrere Anwält*innen auf den Fall aufmerksam geworden. Domenica selbst verfügt über kein Einkommen, keine Arbeit und nur wenige soziale Kontakte. Verschuldet bei Freunden ist sie auf die Hilfe von außen angewiesen. Sie ist entschlossen ihr Recht auf Erbe durchzusetzen und ihren Frieden in der Anerkennung zu finden. Wenn nötig geht sie bis zur letzten Instanz, dem Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
Das Bremer Hörkino
Der Radio-Journalist Charly Kowalczyk, Norddeutscher Rundfunk (2014), schreibt Features und Reportagen. Der Fokus liegt dabei auf sozialen und umweltpolitischen Themen. Zusammen mit Beate Hoffmann veranstaltet er das Bremer Hörkino.
Das nächste Hörkino findet am Mittwoch, 07. Oktober, 20 Uhr im swb Kundencenter (Sögestraße/ Am Wall) statt. Dort präsentiert Gaby Mayr vom Deutschlandfunk/Saarländischer Rundfunk das Radio-Feature: Ohne Gott in Deutschland – Die unsichtbare Konfession. Der Eintritt ist frei.
Laura Frey
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