Überall wo man hinsieht, taucht derzeit Werbung für verschiedene Fitnessstudios, Yogazentren und Sportvereine auf. Der Körper muss schließlich fit gehalten werden, um gesund zu bleiben. Doch was ist mit der Psyche? Bräuchte die nicht auch manchmal ein Fitnessstudio, um gesund zu sein? In diesem Fall gibt es in Bremen bald Brynja. Der frisch gegründete Verein schafft sichere Räume für Psyche und Gesundheit. Der Name kommt aus dem skandinavischen Raum und bedeutet Schutz oder Rüstung. In naher Zukunft soll es Angebote, Workshops und Seminare geben, in die mensch reinschnuppern kann. Brynja ist ein Ort des Austausches, der Informationen und Aufklärung. Es werden zwar (zumindest jetzt noch) keine Therapiesitzungen oder Einzelberatung angeboten aber in verschiedenen Workshops von Fachpersonal kann jede*r individuell entscheiden, was einem hilft, und sich in verschiedenen Freizeitangeboten ausprobieren. Das Projekt sieht sich dabei als Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen.
Die Idee für Brynja
“Wenn man was für sich macht, dann hilft das auch anderen. Es öffnet Räume für andere, wenn man über Belastendes spricht.”
Gibt die Gründerin Janna Rohloff als Tipp, die lange im Gesundheitssystem gearbeitet hat. Als Ergotherapeutin war sie unter anderem im Klinikum Bremen-Ost und in einer Langzeitklinik tätig. Durch ihre langjährige Erfahrung mit suchtkranken Menschen, hat sie gemerkt, dass es für diese oft erste Anlaufstellen gibt. Für Menschen, die erste Anzeichen für mentale Probleme erkannt haben und einen Ausweg suchen, ist dies jedoch nicht der Fall. Dies ist ein Grund für die Gründung von Brynja, denn man kann Informationen zu mentaler Gesundheit erhalten. Gleichzeitig kann man in Austausch mit anderen treten, die in einer ähnlichen Situation sind.
Ein weiterer, viel persönlicherer Grund für die Idee zu Brynja liegt in Jannas Umfeld, denn sie musste selbst den Verlust ihrer Mutter verkraften. Auf ihrer Suche nach geeigneten Anlaufstellen musste sie trotz ihrer beruflichen Erfahrung merken, dass sie erstmal etwas finden musste, was zu ihr passt. Ihr half vor allem eine Körpertherapie, die sie aus eigener Tasche zahlte. Auch Informationen über Therapiemöglichkeiten sind nicht gebündelt zu finden. Die Brynja Gründerin selbst meint, dass es wichtig ist alle Möglichkeiten auszuschöpfen und auszuprobieren, was einem jenseits oder in Verbindung mit klassischer Psychotherapie hilft. Ziel des Vereins: psychische Gesundheit nachhaltig enttabuisieren und neue Perspektiven aufzeigen.
Psychische Belastungen sind längst überall in der deutschen Gesellschaft angekommen. Mindestens jeder/jede vierte deutsche Erwachsene leidet an einer psychischen Erkrankung. Viele Patient*innen müssen aufgrund mangelnder Therapieplätze sehr lange auf einen Termin warten. Laut Janna Rohloff liegt die Wartezeit auf ein Erstgespräch bei durchschnittlich 6,5 Wochen. Gründe dafür sind unter anderem eine geringe Zahl An Psychotherapeuten und ein Gefälle zwischen Stadt und Land. Auf dem Land müssen sich Patient*innen im Schnitt nämlich bis zu 15 Wochen gedulden.
Was kann mensch bei Brynja machen?
“brynja soll helfen – unbürokratisch, unkompliziert und ohne Wartezeiten! Bei brynja gibt es kein verrückt, kein krank und auch kein normal oder unnormal” (Janna Rohloff)
Die Idee liegt in Aufklärung, Information und Austausch. Es ist aber auch ein “Fitnessstudio für die Psyche”. Neben vielen spannenden Workshops in Gruppensettings und offenen Gruppen, kommen Fachangestellte aus unterschiedlichen Einrichtungen, die sich vorstellen wollen. Mit Hilfe von weiteren Podiumsdiskussionen, Schnupperworkshops und Infoveranstaltungen, kann mensch auch Kurse für mehrere Monate belegen. Geplant sind durchlaufende Kurse, wie zum Beispiel ein Kurs zur Selbstbehauptung von FLINTA*. Dabei gilt das Motto: Hilfe zur Selbsthilfe. Die Anmeldung zu den Kursen erfolgt also durch mensch selbst. Das Team von Brynja hat einen direkten Bezug zu psychischen Erkrankungen durch eigene Erfahrungen oder durch nahestehende Personen. Deswegen wählt das Team um Janna Rohloff auch ein Programm aus, dass Betroffenen wirklich helfen kann. Den ersten Schritt muss jeder*jede aber selbst dorthin machen.
Wie kann man Brynja helfen?
Brynja ist ein gemeinnütziger Verein, der auf Unterstützung angewiesen ist. Das Team freut sich deswegen auch auf Leute, die aktiv mitgestalten wollen. Möglich wäre dies in der kleinen Redaktion für regelmäßige Newsletter oder Social Media. Auch ein Podcast ist geplant, in dem Menschen von ihren Geschichten erzählen.
Es ist auch möglich finanzielle Unterstützung zu leisten. Derzeit läuft noch bis zum 15.06.2022 ein Crowdfunding unter folgendem Link: brynja. Raum für Psyche und Gesundheit | Fitnessstudio und Kulturzentrum für die Psyche (startnext.com). Ziel dieser Finanzierung ist es auf lange Sicht, dass Miete und Fixkosten eines zentralen Ortes bezahlt werden, an denen die Workshops stattfinden. Wiederkehrende Unterstützung ist auch sehr erwünscht.
Neben diesen beiden Möglichkeiten können Unterstützer*innen auch etwas ganz einfaches machen: Sichtbarkeit schaffen. Erzählt Freund*innen, Kolleg*innen Nachbar*innen und Familienangehörigen von diesem Projekt. Auch auf ihrem Social Media Kanal brynja könnt ihr euch über den neusten Stand informieren.
Wie würde Brynja in 10 Jahren aussehen?
Als ich das Janna Rohloff fragte, musste sie lächeln und wünschte sich, dass ihr Verein in Bremen etabliert ist. Ein großer und zentraler Ort ist das Herzstück und das Netzwerk in Bremen ist gut aufgebaut. Sie selber würde Brynja und wofür es steht, gerne als Bewegung sehen. In dieser Form gibt es dieses Angebot nämlich auch noch nicht in anderen Städten. Man bedenke an dieser Stelle, dass es oft ja auch keine Zwischenlösungen bis zur Therapie hin gibt. Brynja soll als “Vorzeigemodell” überall angeboten werden, damit jeder*jede die Chance auf einen sicheren Raum für Psyche und Gesundheit hat.
Warum ist dieses Projekt so wichtig für mentale Gesundheit?
Brynja ist das erste Projekt dieser Art hier in Bremen und in Deutschland. Als “Fitnessstudio für die Psyche” ist es für jeden da und bietet einen sicheren Raum ohne Stigmatisierung. Das ist vor allem wichtig, weil eine schlechte psychische Gesundheit jeden*jede treffen kann. Wenn man mit vertrauten Personen spricht, dann kann dies schon mal der erste Schritt zu einer Verbesserung sein. Dabei muss man laut Janna auch diesen Tipp beherzigen:
“Ich muss immer wieder schauen, was ich selber machen kann. Tut mir mein Job gut, tun mir die Menschen gut, mit denen ich zusammen bin. Tut mir aber auch mein Handy und soziale Medien gut. Und was sind die Anzeichen, wenn mit mir etwas nicht gut tut. Es ist wichtig eine Wahrnehmung dafür zu bekommen, was ich aktiv dagegen machen kann, wenn ich merke, dass es mir nicht mehr so gut geht”
Larissa
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