Im Herzen von Bremen, direkt gegenüber der großen Kaufhäuser, liegt in der Knochenhauerstraße die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau – die ZGF. Hier und an dem zweiten Standort in Bremerhaven, finden Frauen und Mädchen Informationen und Unterstützung, insbesondere aber einen Anlaufpunkt, um systematische Ungerechtigkeit zu melden.
Die Entstehung einer Zentralstelle für Gerechtigkeit
Im Zuge der zweiten Frauenbewegung wurde die ZGF 1980 gegründet. Eine Zeit, in der Frauen um mehr Mitspracherecht in der Politik ringen. In vielen Bundesländern und Städten werden Frauenbeauftragte ernannt. Heute sind diese in vielen Fällen zu Gleichstellungsbeauftragten geworden, um zu verdeutlichen, dass auch benachteiligte Männer die Möglichkeit zur Beschwerde haben. In Bremen ist das anders. Hier wird anerkannt, dass strukturelle Ungleichheiten noch immer verstärkt zu Lasten der Frauen gehen. Ein Beispiel von vielen: Gemeinsam mit anderen Akteur*innen betont die ZGF seit langer Zeit, dass die Armutsfrage in Bremen auch eine Frauenfrage ist. So hat Bremen, wie alle Stadtstaaten, eine hohe Zahl der Alleinerziehenden. Zu über 90 Prozent sind das Frauen. Aber anders als in Berlin oder Hamburg, gibt es hier besonders viele alleinerziehende Mütter ohne Berufsabschluss und eine sinkende Erwerbsquote.
Im Auftrag des Gesetzes
Die Grundlage für die Arbeit der ZGF ist der zweite Absatz im dritten Artikel des Grundgesetzes. Dieser lautet: “Männer und Frauen sind gleichberechtigt.” Das ZGF- Errichtungsgesetz definiert dies im konkreten Fall für die Zentralstelle in Bremen noch genauer. Demnach hat diese die Aufgabe: “darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, da[ß] das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung der Frau in Arbeitswelt, Bildung und Gesellschaft erfüllt wird”. Da die Umsetzung der Gleichberechtigung eine Querschnittsaufgabe ist, die sich durch viele Fachbereiche zieht, sind die Themenfelder weit gefächert. An der Spitze der unabhängigen ZGF steht die Landesfrauenbeauftragte. Aktuell ist das Bettina Wilhelm. Diese wurde im November 2017 vom Parlament, der Bremischen Bürgerschaft, für die Dauer von zwölf Jahren gewählt.
Vielseitige Frauenpolitik
17 Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter kümmern sich um die Anliegen von Frauen und Mädchen in Bezug auf Familie, Arbeit, Flucht, Gewalt, Gesundheit, Recht und Bildung. Die ZGF bringt sich in die Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ein, um die Gleichstellung voranzutreiben. Sie prüft Gesetzesvorlagen, Entwürfe für Maßnahmen und kann Anregungen einbringen. Weiter ist sie berechtigt, alle Informationen einzuholen, die für die Gleichstellung der Frauen relevant sein können.
Ein abwechslungsreicher Beruf mit immer neuen Herausforderungen
Bei Beschwerden, die auf strukturelle Missstände hinweisen, gehen die Mitarbeitenden diesen nach. Zum Beispiel, wenn es um ungleiche Bezahlung bei gleichwertiger Arbeit geht. Oder aber sie bringen Themen in die Medien und machen so Politik und Gesellschaft auf Probleme aufmerksam. Überdies unterstützen und organisieren die Mitarbeiter*innen selbst verschiedene Veranstaltungen, insbesondere Fachtage und Fortbildungen. Auch Gender Mainstreaming, auf das sich der Senat verpflichtet hat, ist ebenfalls bei der ZGF angesiedelt: Sie achtet darauf, dass bei allem Regierungshandeln die Folgen für Frauen und für Männer mitgedacht werden.
Keine Zentralstelle für begleitende Beratung
Allerdings ist die ZGF keine Beratungsstelle für Frauen in Not. Hilfesuchende Frauen werden aber nicht abgewiesen, sondern an die jeweils passende Fachberatungsstelle weitergeleitet. Für engere Individualbegleitung fehlen der ZGF die Kapazitäten – ihre Aufgabe ist vielmehr, strukturelle Probleme zu analysieren und auf politischer Ebene anzugehen.
Knotenpunkt in der Vernetzung
Netzwerkarbeit gehört zum Kern der Arbeit der ZGF. Sie sieht sich als Knotenpunkt und Lobbyorganisation der vielen Vereine, Einrichtungen und Initiativen für Frauen und Mädchen in Bremen. Der gemeinsame Geist, die Frau in der Gesellschaft zu stärken, ist sogar auf den Fluren vertreten. Denn hier werden in wechselnden Ausstellungen Werke von verschiedenen Künstlerinnen, wie Pia van Nuland, ausgestellt. Und, last but not least, stellt die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau auch die Räumlichkeiten für uns, die frauenseiten-Redaktion, zur Verfügung.
Nele Woehlert
Schreibe einen Kommentar