Bis zum 7. Mai 2023 kann man im Bremer Gerhard-Marcks-Haus die Ausstellung „Records Of Gravity“ der jungen Leipziger Künstlerin Sarah Pschorn bestaunen.
Durch ihre spannenden Keramik- und Porzellaninstallationen erweckt sie neue Perspektiven im Umgang mit Farben und Material. Wir waren bei der Pressekonferenz dabei und geben euch einen kleinen Einblick in die Arbeit von Sarah Pschorn!
Sarah Pschorn arbeitet mit Keramik schon seit sie fünf Jahre alt ist und inzwischen auch mit Ton und Porzellan. Spielereien, das Ausprobieren von Herstellungsweisen im Zusammenspiel mit dem Material und Farben ziehen den*die Zuschauer*in in eine große Faszination.
Das Konzept für die aktuelle Ausstellung, die in vier Themen – „Balance“, „Schwere“, „Paradies“ und „Cloudy“ unterteilt ist – ist vor zwei Jahren entstanden und die Werke erinnern überwiegend an Gefäße, an Stoffe oder sogar an die Unterwasserwelt.
Gerhard-Marcks Haus und Sarah Pschorn bedeutet Antithese
Das Gebäude des Gerhard-Marcks-Haus lebt von seiner statischen Symmetrie in der Architektur. Sarah Pschorn hat in dem Gebäude den linken Teil abgetrennt und setzt mit ihren Installationen, die oft den Anschein erwecken, gleich symbiotisch miteinander zu verschmelzen, sich flüchtig zu verformen oder dynamisch den Raum einzunehmen, eine Antithese und durchbricht diese starre Symmetrie. Außerdem ergänzen verschiedene Arten des Lichts – ob es in den ersten Räumen das natürliche Licht ist, was die Farben der Glasuren immer verschieden erscheinen lässt, oder die künstliche Lichtinstallation im letzten Raum, die alle fünf Minuten wechselt – die Kunstwerke und gestalten einen aufregenden Besuch.
Ein Irritationsmoment für das Stoffliche
Dabei legt Sarah Pschorn Wert auf die Zeitlichkeit in der Darstellung ihrer Werke. So arbeitet sie beispielsweise mit Handtüchern, die sie in Keramik einbrannte. Keramik hat die große Stärke, die Flüchtigkeit von Momenten einzufangen und so andere Materialien zu imitieren. So ist auch der Raum „Paradies“ von einer Nachahmung an andere Materialien geprägt. Sarah Pschorn hat ihrem Wunsch aus der Kindheit, unter Wasser atmen und leben zu können, in dieser Installation Raum gegeben. In einem Zusammenspiel aus Keramik und menschengemachten Seifenschalen, gepaart mit farbigen Glasuren, die an Korallenriffe erinnern, realisiert die Künstlerin diesen Kindheitstraum.
Die Arbeit mit Keramik stellt im kunstgesellschaftlichen Verständnis eine eher weiblich gelesene Aktivität dar, weil die Kunstwerke oft als filigran und zerbrechlich wahrgenommen werden. Die Werke von Sarah Pschorn brechen jedoch mit diesem Klischee. Sie sind groß, raumeinnehmend, verschachtelt und so gar nicht das, was man sich normalerweise unter der Arbeit mit Keramik vorstellt. Sarah Pschorn bricht also mit dem generellen Verständnis über das Material und zeigt, dass dieses Kunsthandwerk viel mehr kann, als man denkt. Wir sagen: Hut ab!
„[Das Werk ist dann] wie ein Kind, um das man sich kümmert“
Der zeitliche Aufwand sei, so sagt die Künstlerin, ungefähr gleich groß auf beiden Seiten: einmal das Bauen der Kunst und dann das Trocknen. Eine Aufgabe, die der gleichkommt, ein Kind aufzuziehen, um es dann in die große weite Welt hinauszulassen; es auszustellen.
Die Keramikwerke entstehen wie in jeder anderen Kunst aus einer Idee, einer nebeligen Skizze, bis sie dann zu einer vorübergehenden Form werden, die im finalen Ergebnis oft anders als erwartet sind, aber „man muss dafür auch eine gewisse Offenheit mitbringen“, so Sarah Pschorn.
“Im Studium lernten wir nichts über die Keramikarbeit mit nachhaltigen Rohstoffen”
Die Frage nach der generellen Klimabilanz ihrer Kunst ist insofern berechtigt, als dass die Werke der Künstlerin mehrere Male in Gasöfen gebrannt werden müssen, bis man weiter mit ihnen arbeiten kann. Sarah Pschorn sieht den Einwand als durchaus berechtigt an und ist selber von sich überrascht, wie gut sie das Private und Berufliche diesbezüglich trennt, da das gute Brennen Grundvoraussetzung für ihre Kunst sei. Sie ist sich sicher, dass die Frage nach der Klimagerechtigkeit ihre Arbeit prägen wird, weiß aber noch nicht genau auf welche Art und Weise.
Alles in allem ist die Ausstellung einen Besuch wert und lädt ein, neue Faszination für Keramikkunst zu entdecken und in jedem Raum in eine neue Welt mitgenommen zu werden. Und das alles, ohne sich zu langweilen!
Jule Oeser
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