Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit sind ein wichtiger Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft. Spätestens seitdem Geschlechtergleichheit das fünfte der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 ist, rückte dieses Ziel in den Fokus der globalen Weltgemeinschaft und Politik. Umso wichtiger, dass auch weltbewegende Geschehnisse in Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit betrachtet und bewertet werden, um einer nachhaltigen und gerechten Welt für alle einen Schritt näher zu kommen.
Geschlechtergerechtigkeit beim Fußball
Ein solches Geschehnis ist auch die diesjährige FIFA-Weltmeisterschaft des Männer-Fußballs. Fußball zählt nicht nur zu den weltweit beliebtesten Sportarten, die Männer-Weltmeisterschaft lockt als internationale Sportveranstaltung alle vier Jahre auch über eine Milliarden Menschen vor den Fernseher.
Seitdem bekannt ist, dass die WM 2022 in Katar stattfinden wird, rücken auch Diskussionen über Menschenrechte und Diskriminierungen gegen Homosexuelle, Frauen und Arbeitskräfte aus dem Ausland in den öffentlichen Diskurs. Katar wird dabei unter anderem als Land kritisiert, in dem Frauen weniger Rechte als Männer haben.
Im Rahmen der Fußball-WM versprach Katar entsprechend der Forderung von FIFA auch den Frauen-Fußball zu fördern und rief kurz vor der Entscheidung von Katar als Spielort der Weltmeisterschaft 2022 im Jahr 2010 eine Frauen-Fußball-Nationalmannschaft ins Leben. Seit 2014 ist jedoch kein öffentliches Spiel dieser Mannschaft verzeichnet. Diese Tatsache lässt vermuten, dass die Förderung von Frauen-Fußball nur vorrübergehend suggeriert wurde.
Doch auch in Deutschland kann von einer Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern in der Fußballwelt nicht die Rede sein. Noch bis zu den 1970ern war es Frauen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verboten in seinen Vereinen zu spielen.
Das ist so 2000!
Strukturelle Diskriminierungen zwischen Frauen- und Männer-Mannschaften im Fußball sind auch als Stereotypen in der Filmwelt wiederzufinden. Besonders zwei Teenie-Filme aus den 2000ern spiegeln dieses Spannungsfeld wieder. Wer in den 90ern geboren wurde, erinnert sich vielleicht an sie: ‚Kick it like Beckham‘ (2002) und ‚She’s the man‘ (2006).
In den beiden Filmen wollen und müssen sich die weiblichen Protagonistinnen in der Männerwelt des Fußballs behaupten. Die Filme haben gemeinsam, dass sich talentierte Fußballspielerinnen der Kritik an ihrer Leidenschaft – dem Fußball – stellen müssen und durch ihr Umfeld daran gehindert werden, dieser Leidenschaft nachzugehen. Dabei wird Mädchen-Mannschaften gedroht aufgelöst zu werden und ihnen der Trainings-Platz genommen, nur damit die Jungen-Mannschaft diesen nutzen kann. Den weiblichen Hauptrollen der beiden Filme gelingt es nur durch Täuschung und Geheimhaltung ihrem Traum vom Fußballspielen weiter folgen zu können.
In ‚Kick it like Beckham‘ muss sich die Protagonistin Jess, ein Mädchen aus einer traditionsliebenden indischen Familie anhören, dass Frauen-Fußball nicht angesehen ist und sie so niemals heiraten wird. Ihrer Fußball-Freundin Jules ergeht es dabei nicht besser, denn ihre Mutter behauptet, dass nur Lesben und Männer Fußball spielen würden. Und auch die Protagonistin Viola in ‚She‘s the man‘ sieht sich solchen Vorurteilen und Verurteilungen ausgesetzt: Sie sei nicht damenhaft genug.
Jess kämpft für ihre Fußball-Leidenschaft, indem sie das Training und die Spiele vor ihrer Familie nach deren offenkundiger Ablehnung dem Fußball gegenüber geheim hält. Viola hingegen wählt einen anderen Weg. Angelehnt an Shakespeares Komödie ‚Was ihr wollt‘ gibt sie sich als ihren Zwillingsbruder Sebastian aus, um an seiner High School in der Jungen-Mannschaft spielen zu können.
Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Filme ist die Rolle der Männer. Auch wenn die weiblichen Hauptfiguren sich zu ihrem Traum des Fußballspielens durchkämpfen, so steht in beiden Filmen auch die romantische Beziehung zwischen ihnen und ‚echten‘ Fußball-Profis mit im Vordergrund. Bei ‚Kick it like Beckham‘ ist es die Liebe zwischen Jess und ihrem Fußball-Trainer Joe, während sich Viola in ‚She‘s the man‘ in der High School in ihren Mitbewohner und den beliebten Spieler der Jungen-Fußball-Mannschaft Duke verliebt. Nur unter Geheimhaltung ihres wahren Geschlechts gelingt es ihr, ihr Fußballtalent unter Beweis zu stellen. Zum Happy End gehört es jedoch scheinbar immer noch dazu, dass sie und Duke endlich ein Paar werden.
Im Finale gegen soziale Normen
Die beiden Teenie-Filme zeigen eine Welt, in der Frauen nichts im Fußballgeschehen verloren haben und bedienen damit Klischees gegenüber Frauen sowie romantischen Beziehungen. Es entsteht ein Bild, in dem Frauen den sozialen Normen zu folgen haben, indem sie damenhaft sein sollen und Heiraten als ein Zukunftsziel von Mädchen/Frauen vorgeschrieben wird. In der Fußballwelt geht der Erfolg der Männer-Mannschaften dem der Frauen vor und es gibt keine Strukturen für weibliche Fußball-Mannschaften, um zu trainieren und Spiele auszutragen.
Frauen erscheinen in diesen Filmen nur dann im Fußball erfolgreich zu sein und Anerkennung zu bekommen, wenn sie möglichst wenig oder nicht weiblich sind, sondern gar ‚männlich‘ wirken – wie im Extremfall: Viola, die sich als Junge ausgibt. Die jungen Frauen in den Filmen überzeugen von ihrem Talent nur dann, wenn sie Männer im Fußball schlagen. Dennoch haben die Filme auch etwas Ermutigendes. Junge Frauen stehen für ihre Leidenschaft ein und ignorieren oder umgehen die ihnen auferlegten sozialen Normen. Der Erfolg ihrer Mannschaften und ihr bewiesenes Talent überzeugen am Ende und alte Strukturen werden durch ihren Mut und ihre Leidenschaft durchbrochen. Beide Filme enden mit der Message an junge Menschen, dass es sich lohnt für seine Träume zu kämpfen und Vorurteile zu durchbrechen.
Es braucht gleichberechtigte Strukturen!
Und was auch in den Filmen sichtbar wird und auch heutzutage noch aktuell ist, ist die Forderung nach gleichberechtigenden Strukturen, in denen alle Menschen ihren Leidenschaften nachgehen können (insofern sie damit niemand anderem schaden). Wir brauchen Strukturen, die es Menschen ermöglichen, sie selbst sein zu können, ohne dass sie den Stereotypen entsprechen, ihre eigene Identität leugnen oder sich entscheiden müssen.
Diese Message kann auch an die FIFA-Weltmeisterschaft des Männer-Fußballs in Katar gerichtet werden, um gemeinsam einer nachhaltigen und gerechten Welt für alle näher zu kommen. Gerade dort zeigt sich deutlich ein Spannungsfeld zwischen Frauen und Fußball, das den beiden Teenie-Filmen nur allzu ähnlich zu sein scheint. Katar muss sich der offenen Kritik stellen, dass fehlende Strukturen und Akzeptanz das Problem seien: „Denn auch wenn der Staat Frauenfußball erlaubt, erlaubt er es Männern eben auch, Frauen den Sport zu verbieten.“
Sieht das nach Gleichstellung der Geschlechter aus? Wohl eher nicht.
Sophia
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